Blauweiß-braun

Von Thilo Schmidt · 09.09.2008
Auch an Bayern geht die flächendeckende Offensive der NPD nicht vorbei. Am 28. September sind Landtagswahlen - und die NPD tritt an. Mit Chance auf Erfolg? Der CSU gelang es bisher, den rechten Rand in das demokratische Spektrum zu integrieren, aber die NPD greift massiv an - mit Demonstrationen, Kundgebungen und Aufmärschen.
Beck: "Unsere Botschaft steht und gilt: Die gilt für die Freunde in Gräfenberg, genauso in Warmensteinach, wir stehen an Eurer Seite! Wir helfen Euch, bei uns in Wunsiedel gibt es kein Sankt Florian! Wir stehen an der Seite all derer, die infiziert werden von dem braunen Schrecken."

Baier: "Manche Bürger haben die Meinung vertreten, die Nazis führen sich wenigstens ordentlich auf und die Antifa randaliert …"

Antifa Aktivist: "Die Leute schauen viel zu viel weg bei uns. Viele ältere Leute sagen: Wenn mer nix macht, dann gehen die von selber, keine Ahnung, aber … das ist das Gleiche, wie damals auch passiert ist. Die Leute ham wegschaut, auf einmal war die NSDAP da, und alles ist passiert so …"

Wunsiedel, an einem Samstag im August. Hier gedenken Neonazis seit Jahren Rudolf Heß an seinem Todestag. Der Hitler-Stellvertreter ist hier begraben, das machte die Fichtelgebirgs-Stadt zum Wallfahrtsort für Neonazis, tausende aus ganz Europa demonstrierten Jahr für Jahr in Wunsiedel. Seit 2005 sind die Aufmärsche verboten.
Die Stadt ist in die Offensive gegangen: Mit einem großen Fest für Toleranz und Demokratie.

Beck: "… Häuser anzuzünden, Menschen anzugreifen, Menschen zu töten oder den Hitlergruß zu zeigen, das sind keine Kavaliersdelikte. Wer so etwas tut, stellt sich außerhalb der Gemeinschaft, der ist ein Verbrecher und der muss auch so behandelt werden wie ein Verbrecher. …"

Drinnen im Rathaus eröffnet der Bürgermeister eine Ausstellung über die Opfer rechtsextremer Gewalt. Draußen auf dem Marktplatz wird das große Volksfest mit Bühne und Infoständen aufgebaut.

Beck: "Wir haben in der früheren Zeit die Strategie verfolgt des Wegschauens, wie es ja allgemein auch zum Teil üblich war in Deutschland, und seit 2002 gehen wir damit ganz offensiv um und haben uns für die Strategie des Hinschauens statt Wegschauens entschieden, und haben gesagt wir wollen nicht an diesem Tag die Stadt den Nazis überlassen, sondern wir wollen dafür kämpfen, dass diese Stadt frei wird. Das war im Anfang sicher schwierig und der Ausgang war auch ungewiss, aber der Kampf war, wie wir ja heute wissen, von Erfolg gekrönt."

Die Wunsiedler haben sich für eine Doppelstrategie entschieden: Vielfältiges zivilgesellschaftliches Engagement und konsequentes Vorgehen von Polizei und Verwaltung.

Beck: "Die Anfänge haben alle hier im Rathaus stattgefunden, und zwar hier in meinem Zimmer an meinem Tisch und da saßen alle politischen Kräfte dran und die kirchlichen Kräfte. Und die gesellschaftlichen Kräfte. Es ist hier vollkommen klar, dass alle Kräfte hier zusammenstanden ham und haben gesagt: Wir sind uns einig, wir wollen die Nazis aus Wunsiedel wegtragen.""

Das Fest läuft ungestört und friedfertig. Kein Rechtsextremer kommt rein nach Wunsiedel, die Polizei setzt das Verbot der Heß-Kundgebungen konsequent um. Es war der zivile Ungehorsam der bayerischen Kleinstadt, der den Weg dafür geschaffen hat, sagt Erika Baier von der Bürgerinitiative "Wunsiedel ist bunt". Das war 2004 …

Baier: "… wo auch der Pfarrer, der Bürgermeister, der Stadtrat sich vor die Demo, die damals noch genehmigte Demo der Nazis gesetzt haben. Mitten auf die Straße. Was in einer CSU-regierten Stadt ja nicht unbedingt üblich ist."

In den Jahren darauf hat das Landratsamt die Kundgebungen verboten, auch dieses Jahr. Ebenso wurden Ersatzveranstaltungen in der Umgebung, angemeldet vom Hamburger Neonazi Jürgen Rieger, verboten.
Es scheint, als ob die NPD in Bayern ohne Chance ist - bei einer starken CSU, die schon immer gut darin war, die rechten Ränder in das demokratische Lager zu integrieren. Marius Köstner mahnt dennoch zur Wachsamkeit. Er betreut den Stand des Bündnisses für Toleranz und Demokratie, das aus Berlin angereist ist.

Köstner: "Ja, also gerade der mittel- und oberfränkische Raum ist eigentlich exemplarisch, so wie das in Westdeutschland im Augenblick laufen kann, die versuchen erstmal so die ländlichen Regionen an Land zu ziehen, und dann später in die Städte zu kommen …"

Das Frankenland als Versuchslabor? Zwar blieben nennenswerte Wahlerfolge für die Rechtsextremen bisher selten, dennoch haben sich in verschiedenen Dörfern Neonazi-Kameradschaften festgesetzt. Doch zumindest hier in Wunsiedel scheint es, als ob ein starker bayerischer Bürgersinn dagegensteht.

Köstner: "Das ist schon oft so. Also gerade wenn es dann akut wird, also: Oh Gott, jetzt kommt die NPD oder Rechtsextremisten, dann gibt’s diesen Zusammenschluss, und jetzt müssen wir auf alle Fälle alle zusammen gegen die Rechtsextremisten machen, aber so lange noch nichts konkretes droht, wird vieles lieber so ein bisschen untern Teppich gekehrt. Solange es einen auch nicht selber betrifft, ist man auch manchmal etwas dazu geneigt, es lieber in ner anderen Region zu lassen und sich nicht selbst drum zu kümmern, bis man dann wirklich aktiv wird, dauert es ein bisschen, ja."

In Wunsiedel aber, sagen sie, gibt es kein Sankt-Floriansprinzip. Vom Marktplatz sollen Hunderte Ballons in den Himmel steigen – in Richtung Warmensteinach, zwanzig Kilometer entfernt. Auch dort ist an diesem Tag das ganze Dorf auf den Beinen.

Redner auf dem Fest: "Wenn jetzt alle bereit sind, und nach oben freie Sicht aufs Mittelmeer ist, dann geb ich das Zeichen: Ballons ab! Ab nach Warmensteinach!"

In dem kleinen Luftkurort hat die NPD angekündigt, ein traditionelles Gasthaus zu kaufen. Wunsiedels Bürgermeister Karl-Willi Beck zeigt sich kämpferisch. Am späten Nachmittag verlässt er sein eigenes Bürgerfest und spricht auf der Warmensteinacher Bühne.

Beck: "Und man muss natürlich auch, auch wenn das vielleicht ein bisschen schmerzlich ist, an die Eigentümer herantreten, und beispielsweise auch die vier alten Damen, die ja noch in dem Anwesen wohnen, fragen, ob das wirklich die Vorstellung von der Ernte ihres Lebens ist, dass dieses Anwesen, in dem sie ihr Leben lang gearbeitet haben, jetzt den Nazis in die Hände fällt. Und zumal diese Damen die Zeit der Nazis noch kennen aus ihrer Kindheit. Diese Frage werde ich heute schon stellen in Warmensteinach."

Seit über 100 Jahren ist der Gasthof im Familienbesitz. Nun verhandelt der Sohn einer der vier alten Damen mit Jürgen Rieger über das Objekt: Peter Stiedl, Gymnasiallehrer in München. Er ist Lehrer für Wirtschaft und Recht. Jetzt überlässt er eine Wirtschaft den Rechten …

Kielmann: "Ja, ich war fassungslos. Ich hab das letzten Samstag früh in der Zeitung lesen müssen …"

… sagt Birgit Kielmann, die den Bürgerprotest in Warmensteinach mit organisiert …

Kielmann: "… mir ist quasi das Frühstücks brödle aus der Hand g’falln und das war für mich vom ersten Moment an klar, dass wir uns das hier net g’falln lassen könn."

Und so steht das ganze Dorf auf den Beinen. Bei Bratwurst und Bier und die Feuerwehr macht auch mit. Und auch hier: Einfahrtskontrollen der Polizei, die Neonazis haben keine Chance. Für die ist Warmensteinach ein interessanter Standort …

Kielmann: "… weil’s in der Nähe ist zu Wunsiedel, und natürlich dieser Gasthof Puchtler hier sich angeboten hat, anscheinend gab es da auch Absprachen mit dem Eigentümer, dass er für diese Veranstaltung hätte genutzt werden können."

Die Rudolf-Heß-Gedenkfeier, für die der Münchener Lehrer offenbar das Gasthaus Puchtler zur Verfügung gestellt hat, wurde verboten, ebenso wie andere Ersatzveranstaltungen für die verbotene Wunsiedel-Kundgebung.
Ziehen sie da alle an einem Strang in Bayern, die Justiz, die Polizei, die Bürger, die - Antifa? Die ist nämlich auch dabei. Aus dem benachbarten Landkreis angereist. Und passt schon optisch nicht ganz ins Bild.

Jugendliche von der Antifa: "Da gibt’s eigentlich genügend Bauern, Faschos, kann ma sog’n, aber mir sind eigentlich die einzigen, die wir da was machen, so, bei uns im Landkreis."
"Sollten halt noch a paar dazoakomma, ist ein Aufruf an alle im Landkreis Tirschenreuth, kommts zu uns!"
"S is halt das Problem, es gibt halt bei uns, im Landkreis Tirschenreuth, viele so Bauern. So a Möchtegern-Gehabe. Die kenne halt nix anders, die wohne aufm Dorf, und ham nichts anderes zu tun sich mit Bier zu zu saufen und Sieg Heil rumzuschreien und keine Ahnung. Mit solchen Leuten ham mer halt Probleme auf Festen, und so weiter …"

Baier: "Und die Bürger von Wunsiedel, manche Bürger ham die Meinung vertreten, die Nazis führen sich wenigstens ordentlich auf, und die Antifa randaliert …"

Iñigo Schmitt-Reinholtz ist Rechtsanwalt in Nürnberg. Zu seinen Klienten zählen auch Antifa-Aktivisten.

Schmitt-Reinholtz: "In Bayern ist grundsätzlich nach wie vor eher die Devise polizeilichen und justiziellen Handelns, dass der Feind doch eher auf der linken Seite steht und nicht auf der rechten Seite, es ist auch praktisch so, dass - aus meiner Sicht jedenfalls – wenn von rechts irgendwas vorfällt, eher mal ein Auge zugedrückt wird, als wenn auf der linken Seite irgendwas passiert."

So wurde von der Polizei nicht geahndet, dass Neonazis auf einer Demo Transparente einer Bürgerinitiative klauten, erzählt er, obwohl der Vorfall von der Polizei gefilmt wurde. Auf der anderen Seite gibt es …

Schmitt-Reinholtz: "… beispielsweise ein Fall eines Schülers, der gegen einen NPD-Informationsstand demonstriert hat, der einen etwa fünf Zentimeter großen Aufkleber auf ein Plakat geheftet hat, der dann auch leicht wieder abgezogen werden konnte, das Plakat wurde weiterverwendet von der NPD, und letztlich vor Ort hat auch der Funktionär der NPD, der das veranstaltet hat, keine Lust gehabt, Strafantrag zu stellen, er hat gesagt, ja, der Schaden ist maximal 50 Cent. Und da lässt sich aus den Akten nachverfolgen, dass die Polizei über Wochen diesem Herrn hinterhergelaufen ist und ihn quasi gedrängt hat, einen Strafantrag gegen diesen Jugendlichen zu stellen, dann, nachdem ihm ein komplett ausgefülltes Formular, wo er nur noch die Unterschrift hat drunterfügen müssen für diesen Strafantrag, von der Polizei zugesandt worden ist, mit der Bitte, das unbedingt doch wieder zurückzusenden, ist es dann zu diesem Strafverfahren gegen diesen Jugendlichen gekommen."

Schmitt-Reinholtz ist selbst im Bürgerforum Gräfenberg aktiv. Eine Initiative, die seit zwei Jahren den Widerstand gegen Neonazi-Aufmärsche in der Kleinstadt nördlich von Nürnberg organisiert. 1999 fand der erste Aufmarsch statt, seit 2006 demonstriert die NPD monatlich. Michael Helmbrecht ist Sprecher des Bürgerforums.

Helmbrecht: "Gräfenberg hat nen mittelalterlich geprägten Stadtkern mit engen Gassen, es sind Szenarien, insbesondere wenn die Rechten dann mit Landsmanntrommeln und mit Fackeln dann dadurch marschieren, die fatal erinnern an die Bilder, die man kennt, dass die SA-Truppen aufmarschiert sind, und viele ältere Menschen haben immer wieder Tränen in den Augen, wenn sie diese Bilder sehen müssen, weil sie sich wirklich schmerzhaft an ihre eigene Kindheit erinnert fühlen und eigentlich nicht verstehen können, warum solche Szenarien erlaubt sind."

Das Bürgerforum hat für seine engagierte Arbeit den Bundespreis für Demokratie und Toleranz erhalten, ebenso den Würzburger Friedenspreis. Den wollte es mit einem Demokratiefest in Gräfenberg feiern. Daraufhin meldete die NPD zeitgleich einen Aufmarsch an …

Helmbrecht: "… und das Landratsamt hat eine salomonische Lösung gefunden, dass nämlich diese Veranstaltungen nebeneinander stattfinden können, das heißt, ne halbe Stunde später darf die NPD losmarschieren und an unserem Friedenspreisfest vorbei defililieren. Und da hat sich jetzt das Landratsamt versucht, aus der Klemme zu bringen, in dem sie sagen, also wir haben nicht nach sittlichen Kriterien zu bewerten, und da geht mir ehrlich gesagt der Kamm hoch!"

Die Gräfenberger handelten daraufhin nach sittlichen Kriterien und blieben spontan auf der Marschroute sitzen – und blockierten den nachfolgenden NPD-Aufmarsch.
Jetzt sitzen einige Aktivisten in der Kneipe und verdauen ein Gespräch, das sie gerade geführt haben – mit Polizeiführung und Landrat. Michael Helmbrecht hat den Eindruck, den engagierten Bürgern sollten die Leviten gelesen werden …

Helmbrecht: "Das ist insgesamt etwas frustrierend, wenn man da so insgesamt in ner konzertierten Aktion so in den Geruch des Straftäters gerät. Es wurde angedroht, dass es noch mehr Hausbesuche durch die Polizei gäbe, wer da infrage kommt, keine Ahnung – ich hoffe, sie gehen auch zu den strammen CSU-Mitgliedern, die gute Kontakte zum Ministerpräsident haben …. Ganz klar war das ne Missbilligung unserer Aktion, obwohl es ja hochgradig friedfertig passiert ist, wo also entrüstete stramm CSU-Mitglieder stehen geblieben sind, die also gesagt haben: Diese Entscheidung des Landratsamts war also sittlich nicht vertretbar, und dafür gibt’s jetzt auf deren Seite überhaupt kein Verständnis, sondern es wird eigentlich skandalisiert als Rechtsbruch, und wir ham schon versucht, deutlich zu machen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Legalitätsprinzip und Legitimitätsprinzip, und dass man da ein bisschen differenzieren müsste. Aber ich weiß nicht, ob das in manche Köpfe da hineingeht."

Schmitt-Reinholtz: "Da gibt’s zwischenzeitlich Ermittlungsverfahren gegen die Sitzblockierer, die also mit Strafverfahren wegen Nötigung überzogen worden sind, ja …"

… sagt Rechtsanwalt Schmitt-Reinholtz, der das Bürgerforum auch juristisch unterstützt. Ziviler Ungehorsam ist eben so eine Sache in Bayern.
Die Gräfenberger wehren sich mit allen Mitteln. So konnten sie es nicht ertragen, ihr Kriegerdenkmal als Kulisse für die Aufmärsche der Neonazis herzugeben …

Ollert: "… bis uns eben der Bürgermeister in Gräfenberg und der Stadtrat eben den Weg versperrt haben, und das Kriegerdenkmal privatisiert haben, zum Ziel, dass wir nicht mehr dort hin können, um der Toten unseres Volkes zu gedenken, wie man es eigentlich ja normal auch tut …"

… findet zumindest Ralf Ollert, der NPD-Landeschef. Das Denkmal wurde zur Privat-Pacht einem Verein übertragen, der selbst entscheiden kann, wer hin darf und wer nicht. Die Neonazis müssen jetzt vor dem Denkmal kehrt machen. Aber um das geht es ohnehin nur vordergründig.

Helmbrecht: "Es ist ein Ort, der hier eben in der fränkischen Schweiz ist, und traditionell hat die fränkische Schweiz auch in manchen Orten ein bemerkenswertes braunes Wählerpotential, wir sind eben momentan in der Zeit, in den letzten zwei Jahren, der Kommunal- und der Landtagswahlen, und da ist Gräfenberg eben ein interessantes Aufmarschgelände, das Kriegerdenkmal ist nur die Vorderbühne, im Hintergrund spielen sich andere Dinge ab."

Juni 2008, in Weißenohe, dem Nachbarort von Gräfenberg. Die NPD lädt zum "Frankentag", über 300 Neonazis versammeln sich, gut abgeschirmt von einem Polizeiaufgebot.. Ein zwielichtiger Immobilienfonds hat den Rechtsextremisten den Hof des alten Klosters für ein paar Tage vermietet.
Und das ganze Dorf ist auf den Beinen.
Die Bürger sind ermutigt von ihrer Zivilcourage – und ernüchtert von den Behörden.

Anwohnerin Gräfenberg: "Es wurden ja viele Auflagen gemacht, die dann alle wieder umgeschmissen worden sind – Alkoholverbot wurde ausgesprochen, uns wurde es untersagt, die Nazis dürfen Alkohol trinken, also da frag ich mich, wo ist hier die Gerechtigkeit, also es sind so Sachen, die einem ziemlich übel aufstoßen und man kanns einfach nicht ändern …"

Redner in der Klosterkirche Weißenohe: "Ich war gerade da drüben am Zaun. Dann kam einer her und sagte: Ich zähl jetzt bis drei und dann verschwinden Sie. Eins – zwei - Abmarsch. Das ist der Ton, der uns erwarten wird, wenn die Leute an die Macht kommen. Ich hab nur über einen Zaun geschaut, der nicht einmal denen gehört."

Auf dem abgesperrten Klosterhof parken Autos aus der ganzen Republik. Am Eingang stehen Wachen.

NPD-Redner: "Liebe Kameraden, liebe Kameradinnen, die nationale Idee ist am kommen! …"

Neonazi: "Gehen Sie bitte auf die Straße runter? Ist Privatgrundstück, auf die Straße bitte!"

Ein Polizist klärt die Situation.

Polizist: "Ihr geht’s bitte in Euren Veranstaltungsraum!"
Neonazi:" Des is aber …"
Polizist: "Also, wiederschaun!"

Weißenohe wehrt sich, mit Musik und Kirchenglocken und vielen Ideen. Michael Helmbrecht, der Sprecher des Bürgerforums Gräfenberg, wohnt direkt am Klosterhof. Den Ort hat die NPD-Gruppierung "Bund Frankenland" nicht zufällig gewählt.

Helmbrecht: "… auf der anderen Seite dieses Bedrohungsszenario, dieses wie ich finde menschenrechtsfeindliche Verhalten dieses Bund Frankenlands, die ja nun 20 Meter von meinem Garten 300 Neonazis der schlimmsten Couleur aufmarschieren lassen und über die Presse hämisch vermitteln, dass sie sich über die gute Nachbarschaft sehr freuen."

August 2008. Versammlung des Bürgerforums:

"Wir ham jetz 500 Euro für die PA, richtig? Und wir haben noch kein Geld eingeplant für die Musiker. Is wenigstens a Spritgelt und die Brotzeit drin?"
Der nächste NPD-Aufmarsch durch Gräfenberg steht bevor. Die Gräfenberger planen ihre Gegenveranstaltung.

"… also A und B … jetzt war der Vorschlag ne kurze Zigarettenpause, und in 10 Minuten geht’s weiter?"

Helmbrecht: "Zunächst einmal überraschend, dass überhaupt so ne bunte Truppe zusammengekommen ist, also das war für uns alle erstaunlich, was da an Potenzial auch so im ländlichen Raum schlummert. Also da gibt’s den Schriftsteller, da gibt’s den Filmemacher, da gibt’s den Handwerker, der engagiert ist, diese Verschiedenheit ist ein erhebliches Potential, das wir bisher tatsächlich auch fruchtbar machen konnten, also da gibt’s Leute, die können einfach super gut grillen, die andern können halt auf der Bühne gut reden, und die dritten, die haben Kontakte in die politischen Parteien, und dieses Potential fließt hier zusammen zu einer wirklich erstaunlichen Wirkung."

21. August 2008. Grünen-Chefin Claudia Roth und der Europaabgeordnete Cem Özdemir besuchen Gräfenberg anlässlich ihres Wahlkampfauftaktes. Ende September ist Landtagswahl, und die NPD tritt flächendeckend an. Roth redet auf keiner großen Bühne, sondern in kleiner Runde. Mit dem Bürgerforum.

Roth: "… so zu tun, als hätten wir hier in Bayern kein Problem, mit Ausnahme von den jährlichen Erscheinungsformen von Wunsiedel oder jetzt Gräfenberg, das ist falsch, und das ist gefährlich falsch, und da werf ich auch der Landesregierung vor, dass sie immer und immer wieder mit populistischen Sprüchen rechtsextremistisches Gedankengut immer mehr in die Mitte der Bevölkerung befördert."

Rechts von der CSU dürfe es keine Partei geben, sagte Franz-Josef Strauß einmal. Das kann man so oder so interpretieren.

23. August. Die NPD marschiert wieder durch Gräfenberg. Das achte Mal in diesem Jahr.