Björk-Retrospektive

Zerbrechlich und wild-euphorisch

Björk singt am 31. März 2012 beim Festival of Alternative Music Lollapalooza in Santiago de Chile.
Björk singt am 31. März 2012 beim Festival of Alternative Music Lollapalooza in Santiago de Chile. © dpa / picture alliance / EFE / Felipe Trueba
Von Andreas Robertz · 04.03.2015
Die isländische Sängerin und Komponistin Björk ist der Inbegriff der Cross-Over-Idee der 90er-Jahre. Deshalb zeigt das New Yorker MoMA in einer aufwändigen Retrospektive Kunst an der Wegscheide von Musik, Video, Performance, Experimentalfilm, Fashion, Design und Skulptur.
"This exhibition I think is a completely transformative exhibition for this museum, but it will definitely transform how museums will deal with music."
Diese Ausstellung sei bahnbrechend für das MoMA und die Art und Weise wie Museen in der Zukunft mit Musik umgehen werden. Mit diesen Worten eröffnete gestern Klaus Biesenbach die Ausstellung "Björk" und die Premiere ihres Musikvideos "Black Lake". Buchstäblich hunderte von Technikern, Designern und Computerspezialisten seien nötig gewesen, um Björks Vision ihrer eigenen Retrospektive umzusetzen.
Die Harfe erklingt zur vollen Stunde
Bereits im Eingangsbereich des Museums sind verschiedene Instrumente aus ihrem Album "Biophilia" aus dem Jahre 2011 ausgestellt, darunter eine "Gravity Harp", eine große Holzkonstruktion mit schwingenden Pendeln, die mit sich drehenden Spannwerken aus Saiten ausgestattet sind, die beim Schwingen die Töne erzeugen. Gesteuert durch eine Software mit speziellen Algorithmen erklingt die Harfe jede volle Stunde und ist mit den anderen Instrumenten so synchronisiert, dass eine durchgehende Tonkulisse entsteht. Im zentralen Atrium des Museums wurde ein zweistöckiger Kubus gebaut, der im unteren Teil aus zwei schalldichten "Soundrooms" besteht, in denen Videos und Filme aus Björks reichem Oeuvre zu sehen sind und im oberen Teil dann die eigentliche Retrospektive. Sie wurde nach den Mythen der australischen Aborigines "Songlines" genannt.
Jeder Besucher wird mit Smartphone und Kopfhörer ausgestattet und erfährt in einem Parcours aus acht Räumen Björks Reise in die Welt, mit Originalbildern und Notizen, wunderschönen Mannequins mit ikonischen Kostümen wie dem Glockenkleid, Masken und Schuhe und den weißen Robotern aus "All is full of Love". Ein eigens vom Hauptsponsor VW für die Ausstellung entwickeltes GPS-System erfasst die Position der Besucher und spielt dementsprechend die musikalischen Themen ab. Ab und zu, wenn man zu schnell geht, ermahnt einen eine Stimme, sich zu konzentrieren oder das Herz zu spüren. Diese sehr intime und persönliche Reise durch Björks künstlerisches Werk zeigt, wie hoch symbolisch ihr Ansatz ist und wie oft sie mit widersprüchlichen Elementen arbeitet: die Natur und die Stadt, Organisches und Mechanisches, das Zerbrechlich-Melancholische und das Wild-Euphorische.
Das eigentliche Herzstück der Ausstellung ist "Black Lake", die Premiere des Videos aus ihrer letzten Platte "Vulnicura". Mit Hilfe von akustischem Schaum ist einer der "Soundrooms" in eine Grotte verwandelt worden. Auf großen Leinwänden kann man in dem Video von Regisseur Andrew Thomas Huang Björk in einem schwarzen Lederkleid verwundet und zerstört aus einer Felsgrotte klettern und durch eine schwarze Aschelandschaft stolpern sehen, durch die sich am Ende blaue Lava bricht. Ausgestattet mit unzähligen kleinen Lautsprechern erlebt man in diesem perfekten akustischen Raum buchstäblich die Vibration ihrer Musik.
Die Videos gibt es auch bei Youtube
Ob die Ausstellung, wie Klaus Biesenbach behauptet, allerdings wirklich bahnbrechend sein wird, ist zweifelhaft. Denn das scheint weit weniger an der Künstlerin zu liegen als an der für die Ausstellung sehr aufwändig entwickelten Technologie. Ohne diese Technologie gäbe es die Ausstellung nicht und man würde sich Björks Musik besser zu Hause und die Videos besser auf Youtube ansehen. Letztlich wird man das Gefühl nicht los, dass hier ein Personenkult aus der Musikbranche ins Museum überführt werden soll. Das hat mit Kunst dann doch wenig zu tun.
Zur Premiere ihres Videos betrat Björk dann doch selbst den Raum, der allerdings zu der Zeit stockdunkel war, sprach ein paar Worte des Dankes und verschwand wieder – ungesehen, aber gehört.
Informationen des MoMA zur Retrospektive Björk
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