Biografie in Episoden

30.01.2008
Unspektakuläre, aber witzige Geschichten bilden den Stoff des Kurzgeschichten-Bands "Bad dates". Sarah Schmidts Alltagsgeschichten, gespeist aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz, bieten einen frischen und sehr humorvollen Blick auf alles, was Menschen so im Leben begegnen kann.
Gerade mal sechs, sieben Seiten kurz sind die 32 Geschichten im Erzählungsband "Bad dates" von Sarah Schmidt. Kurzweilig und pointiert beschreibt sie mehr oder minder misslungene, lächerliche oder peinliche Begegnungen, die dem Band den roten Faden und seinen englischsprachigen Titel gegeben haben. Dahinter verbergen sich kuriose Alltagsgeschichten, die nah am Leben dran sind und viel Situationskomik und Heiterkeit bieten, aber auch Sinn fürs Detail und große Beobachtungsgabe verraten.

Sarah Schmidts sprachlich einfachen Texte sind bühnentauglich und wie für den mündlichen Vortrag prädestiniert. Kein Zufall - denn es handelt sich bei der Autorin um die langjährige Stammleserin diverser Berliner Lesebühnen. 2004 erschien bereits ein gut besprochener Roman von Sarah Schmidt: "Dann machen wir's uns eben selbst".

Die Helden und Heldinnen von "Bad dates" sind die sogenannten kleinen Leute - vor allem die Sorte, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat: Arbeitslose, Dauerkneipengänger, Kleinkriminelle, aber auch "Normalmenschen", übereifrige Kita-Eltern, fanatische Elvis-Fans oder die zwölfjährige kleine Schwester mit ihren pubertären Nöten.

In der prototypischen Geschichte "Ich habe Hausstaub" beschreibt die Ich-Erzählerin (wie in allen Texten des Bandes eindeutig als Autorin selbst zu erkennen) ihre verzweifelten Winkelzüge, um die Dauerpräsenz mehrerer Handwerker in ihrer Wohnung zu verhindern. Der Grund:

"Nach zwei Stunden werden auch die freundlichsten Handwerker wie Fisch, der stinkt und raus muss aus der Wohnung."

Als im ganzen Haus die Fenster und Balkone gestrichen werden sollen, erfindet die Erzählerin eine Hausstaub-Allergie, die sie meint, vor den Handwerkern permanent glaubhaft machen zu müssen: Sie putzt die Wohnung, sie versteckt ihre frisch gekauften Zigaretten in der Brötchentüte, vermutet noch in der harmlosesten Frage Zweifel von Seiten der Handwerker. Und schließlich erfahren die - immer neugieriger geworden - auch von ihrer Profession.

"Die fünf Männer sprechen mich seitdem immer aufs Schreiben an und ich muss nun nicht nur husten und heimlich rauchen, sondern zumindest wenn sie in meiner Nähe arbeiten, laute Tippgeräusche machen, um glaubwürdig als Künstlerin zu sein. Seitenweise sinnlose Buchstabenkombinationen habe ich seitdem getippt".

Unspektakuläre, aber witzige Geschichten wie diese bilden den Stoff des Kurzgeschichten-Bands. Begegnungen, die Sarah Schmidt (Jahrgang 1965) in den letzten 25 Jahren selbst erlebt hat und die, in Gänze gelesen, eine Art Biografie in Episoden darstellen - von der jungen Göre, die als 11-Jährige nach Westberlin kommt, über die junge Mutter, die aus Panik vor Tschernobyl mit dem VW-Bus nach Portugal flüchtet, bis hin zur bekannten Berliner Autorin, die in einer merkwürdigen Kneipe in Neukölln lesen muss.

Der schnoddrige, freche Erzählton und die die an Pointen und Lachern reiche Sprache sind nicht die einzigen Vorzüge dieses Buchs. Es besticht auch durch den intelligenten, frischen und sehr humorvollen Blick auf alles, was Menschen so im Leben begegnen kann.

Rezensiert von Olga Hochweis

Sarah Schmidt: Bad dates
Erzählungen. Verbrecher Verlag Berlin 2007
178 S., 13 Euro