Bildhauer der Abstraktion

Hans Arp waren Gattungsgrenzen fremd

Der deutsch-französische Maler, Bildhauer und Dichter Hans Arp am 18.3.1960 in Hamburg während der Eröffnung einer Ausstellung mit seinen Werken in der Hamburger Kunsthalle. Arp wurde am 16.9.1887 in Straßburg geboren und starb am 7.6.1966 in Basel. Er gehört zusammen mit Max Ernst zu den Mitbegründern und Hauptvertretern des Dadaismus.
Der deutsch-französische Maler, Bildhauer und Dichter Hans Arp im März 1960 © picture alliance / dpa
Von Carmela Thiele · 07.06.2016
Er gilt weltweit als einer der wichtigsten Bildhauer der Abstraktion. Doch der Künstler Hans Arp war mehr: Dichter, Dadaist und Surrealist, ein Experimentator auf allen Ebenen. Er galt als Formen-Erfinder, als Pionier der konkreten Poesie. Er starb am 7. Juni 1966 in Basel.
"Weh, unser guter kasper ist tot, wer verbirgt nun die brennende Fahne im wolkenzopf, und schlägt täglich ein schwarzes schnippchen, wer dreht nun die kaffeemühle im urfass, wer lockt nun das idyllische reh aus der versteinerten tüte, wer schnäuzt nun die schiffe und entgrätet die pyramiden ..."
"Kasper ist tot", ein Gedicht von Hans Arp aus dem Jahr 1912, vorgetragen von ihm selbst. Als der 26-Jährige es schrieb, hatte der Sohn eines Straßburger Zigarrenfabrikanten bereits an Kunstschulen in Weimar und Paris Malerei studiert. Doch nirgends erschienen ihm die Lehrmethoden zeitgemäß. Frühe abstrakte Werke vernichtete er. Erst 1916 stieß Arp in der Züricher Künstlerkneipe Cabaret Voltaire auf Gleichgesinnte. Er wurde zum Mitbegründer der Dada-Bewegung.
"ich bin in der natur geboren. ich bin in straßburg geboren. ich bin in einer wolke geboren. ich bin in einem rock geboren. ich habe vier naturen. ich habe zwei dinge. ich habe fünf sinne. sinn ist ein unding. natur ist unsinn. platz da für die natur da. die natur ist ein weißer adler. platz dada für die natur dada."

Dada-Reliefs

Dada und die Natur: Für Hans Arp war das kein Widerspruch. Er zertrümmerte sprachliche Sinngefüge genauso wie geläufige Bildformen und setzte die Fragmente zu etwas Neuem zusammen. Für seine Dada-Reliefs verwendete er Holzplatten, Fundstücke, die er bemalte und auf einer Grundfläche anordnete. In den 30er-Jahren begann er, mit Gips zu arbeiten, seine Skulpturen übertrug er in Bronze oder Marmor. Ihre Formen erinnerten an vom Wasser geschliffene Steine oder amöbenhafte Organismen. Er bemerkte einmal, dass seine Werke nicht auffallen sollten, wenn man sie im Wald aussetzte. Sie sollten anonym wirken.
"Ich habe schon als junger Mensch, also mit 16, 17 Jahren, habe ich Bildhauereien hergestellt und während der Jahre 1914, `15 bis dann `30 habe ich mich ausschließlich Experimenten gewidmet. Also Reliefe versucht, Malereien, Anwendung von neuen Materialien, Klebebilder und dergleichen hergestellt. Das war eine Art Synthese, die ich wollte. Und die fand ich doch eben wieder in einer Form-Darstellung."

Arps Werke galten in der NS-Zeit als entartet

Gemeinsam mit seiner Frau, der Schweizer Künstlerin Sophie Taeuber, schuf er "Duo-Collagen", bei mehreren Aufträgen arbeiteten sie zusammen. Seit der Züricher Dada-Zeit hatten sie in Verbindung gestanden und 1922 im Tessin geheiratet. Vier Jahre später zog das Paar nach Meudon-Clamart in die Nähe von Paris und nahm die französische Staatsangehörigkeit an. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht flohen sie nach Südfrankreich, später in die Schweiz. Arps Werke galten im NS-Staat als entartet. Als Sophie 1943 durch einen Unfall ums Leben kam, stürzte ihn der Verlust in eine schwere Krise. Erst nach vier Jahren war Hans Arp wieder in der Lage, sich seiner Arbeit zu widmen.
Für ihn war die Kunst eine Frucht, die aus dem Menschen herauswächst wie die Frucht aus einer Pflanze. Arp ging bei aller Verschmelzung von Mensch und Natur auch mit Witz und Selbstironie zu Werke. 1954 erhielt er den Großen Preis der Biennale von Venedig für Plastik. Bis zu seinem Tod am 7. Juni 1966 in Basel mehrte sich sein internationaler Ruhm als Bildhauer, um sein dichterisches Werk kümmerten sich hingegen nur wenige. Für die Kunsthistorikerin Katharina Schmidt sind die vielen Facetten seines Werks jedoch kaum voneinander zu trennen:
"Die Trennung Hans Arp in Jean und in Hans, in Literat, in Poet oder in bildender Künstler ist ebenso unmöglich wie eine Trennung in den Bildhauer, den Reliefmacher, den Hersteller von Collagen. Es ist eine insgesamt sehr vielseitig begabte Persönlichkeit."

Melancholischer Ton in den Gedichten

Hans Arp widmete sich seiner Kunst bis ins hohe Alter. Trotz seines Erfolgs als Bildhauer schlagen seine Gedichte "Sinnende Flammen" einen melancholischen Ton an. Für den Fortschrittskritiker waren die Menschen "menschenleer" geworden. Wo sind die Engel, fragte er. Ohne sie verfaule das Menschenkorn.
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