Bildband

Pyramiden, Schiffsbau, Dampfmaschinen

Von Susanne Billig · 08.02.2014
Der imposante Bildband aus dem Dorling Kindersley Verlag bietet seinem Publikum Beachtliches: In fünf großen Abschnitten geht es von der frühen Vergangenheit bis in die Gegenwart der Ingenieurskunst. Mehr als 800 Abbildungen, Fotos, Zeichnungen und alte Handschriften verwandeln die Zeitreise in ein optisches Erlebnis.
Den Auftakt bilden die Erfinder der Antike. Riesige Pyramiden und Töpferscheiben für den Hausgebrauch gehen auf sie zurück. Danach defilieren die Universalgelehrten der Aufklärung vorbei. Ihnen sind neue Techniken im Schiffsbau und die ersten Dampfmaschinen zu verdanken. Während der industriellen Revolution erobern Techniker die Elektrizität, treiben den Brückenbau voran und schicken erste Ballons gen Himmel. Das Maschinenzeitalter, Thema des vierten Abschnitts, revolutioniert den Verkehr und bringt Radiowellen zum Sprechen. Die Moderne vollendet den Bogen - Autos und Luftverkehr, bewegte Bilder, Stahlskelettbau, Computer- und Weltraumtechnik.
Jeder Teil der Chronik beginnt mit einer großen Zeitleiste, die das technische Schaffen der Epoche im Überblick darstellt. Danach widmen sich auf jeder Doppelseite sachkundige Texte und ein Strom an Bildern den Lebensgeschichten und Leistungen berühmter Ingenieure. Auch einige Frauen tauchen auf: Die Mathematikerin und Erfinderin Hertha Ayrton lebte von 1854 bis 1923 in England. Sie erfand den "Anti-Gas-Fächer" für die Soldaten in den Gräben des Ersten Weltkriegs. Beherrschte man die besondere Fächel-Technik, so erzeugte das Gerät Luftverwirbelungen, die das dichtere Giftgas verdrängten.
Sachkundig und differenziert
Immer wieder fällt angenehm auf, wie differenziert sich das Buch seinem Gegenstand nähert. Der Mangel an Frauen im Ingenieurswesen, der Krieg als fragwürdiger Vater von Innovationen, das ignorierte technische Schaffen in entfernten Kulturkreisen kommen zur Sprache. Viel Platz erhalten zum Beispiel die islamischen Ingenieure der Renaissance. Der berühmteste unter ihnen, Al-Djasari, schuf mithilfe von Wasserkraft die erstaunlichsten Maschinen, darunter eine Flötenuhr mit automatischen Spielern. Rotierende Wellen mit Zapfen steuerten über ein Hebelsystem die Bewegungen der Spieler und sogar ihren Gesichtsausdruck.
Ein Jahrhundert später, von 1231 bis 1316, wirkte der Astronom und Ingenieur Guo Shoujing im Reich der Mitte. Neben phänomenalen Stauseen und Wasserkanälen entwickelte er überaus präzise astronomische Instrumente. Guo Shoujing berechnete die Länge eines Jahres mit 365,2425 Tagen - und lag damit nur um 26 Sekunden neben dem heutigen Wert.
Im Register dieser anspruchsvollen und wunderschön anzuschauenden Hommage an die technische Raffinesse und Intelligenz der Ingenieure kann man das alles nachschlagen - von A wie Abwasserkanäle über E wie Thomas Edison, K wie Kolbenmaschinen, I wie Internationale Raumstation, R wie Revolver, T wie Theatertechnik bis Z wie Zweiter Weltkrieg. Mehr Vielfalt lässt sich zwischen zwei Sachbuchdeckeln kaum versammeln.

Adam Hart-Davis (Hrsg.): Ingenieure - Auf den Spuren großer Erfinder und Konstrukteure
Dorling Kindersley Verlag, München 2013
gebunden, 360 Seiten, über 800 Fotografien, Illustrationen & Karten, 34,95 Euro

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