Bibelsprüche im Imbiss

Weil Gottes Liebe durch den Magen geht

Ein koreanisches Gericht.
Ein koreanisches Gericht. © picture alliance / dpa / ANN
Von Peter Kaiser · 21.12.2014
Hier werden die Worte des Apostel Johannes mit scharfer Chilisauce aufgenommen: In dem koreanischen Imbiss "Ixthys" gibt es neben köstlichem Essen auch Bibelsprüche an den Wänden. Nicht allen Gästen gefällt das.
- "Haben Sie was getrunken?"
- "Nein!" (Kassenklingeln)
- "Schmeckte gut."
- "Danke schön."
Ein Imbiss im Berliner Stadtteil Schöneberg. Der erste Blick auf den Namen "Ixthys" lässt eher auf etwas Südländisches schließen, einen Gyrosimbiss etwa. Doch weit gefehlt.
"Warum diesen Laden so heißen lassen? Warum es 'Ixthys' heißt? - Weil Jesus Christus der Sohn Gottes ist und unser Heiland. Er ist gekommen, um die Menschen von Satans Macht zu befreien. Und dieses Ich und Ixthys und K und Gott und Sohn und Heiland. Und jeder Buchstabe bedeutet das. Ixthys heißt das."
Die Anfangsbuchstaben des griechischen "Ixthys", zu deutsch "Fisch", so die Koreanerin Park, mit Vornamen Yung-he, beziehen sich auf Jesus, Gottes Sohn. Die alte Wortfolge "Ichthys", I-Jesus, Ch-Christus, Th-Gott ..., geht bis ins Urchristentum zurück.
Mit diesem Begriff wird auf die wundersame Vermehrung der fünf Brote und zwei Fische bei der Speisung der 5000 im Buch Johannes angespielt, bei der Jesus seinen Leib verhieß. Und auch wenn bei den Schöneberger Koreanerinnen im Imbiss "Ixthys" keine wundersame Vermehrung stattfindet, so geht es auch hier um die Verbindung von Essen und dem Wort Gottes.
Bibelzitate an der Wand
"Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern vom Wort Gottes, das aus dem Mund von Gott kommt. Das ist so notwendig. Wenn wir auf Gottes Wort hören, das Wort arbeitet in uns, und Messer und so kann unsere Seele nicht schneiden. Aber Gottes Wort schneidet unsere Seele, und unsere Gedanken liest er."
Und wir seine. Denn während die Gäste im "Ixthys" – der 2001 eröffnete Imbiss fasst nicht mehr als 15 Plätze – auf ihr "Kimchi" oder das "Bibimbap" warten, lesen sie das, was an den Imbiss-Wänden hängt. Die Imbissbesitzerin Park und ihre Kollegen Meifat kochen, damit Menschen kommen, um über die Botschaften an der Wand zu Gott zu finden. Darum hat sie die Lebensgeschichte Jesu in Bibelzitaten mit rotem und grünem Filzstift auf weiße Leinwand geschrieben und angehängt.
"Weil sie nicht die Bibel lesen und gehen nicht in die Kirche, hoffe ich, dass sie bei Gelegenheit hier essen und Heiliger Geist sie besucht, und dann dass sie Gottes Macht und Kraft erfährt."
Autor: "Haben Sie das selber geschrieben?"
Park: "Ja! Ich habe selber geschrieben."
Autor: "Wie lange hat das gedauert?"
Park: "Ungefähr sechs Monate. Ich habe nicht jeden Tag gearbeitet. Aber ich habe vorher in einem anderen Restaurant gearbeitet und da hatten wir weniger Gäste, und ich hatte Gelegenheit zu schreiben."
Und so sitzen die Gäste dann bei der kräftigen Hühnerbrühe "Kal-Guk-Su" genannt, oder dem scharfen Schweinefleisch "Doesi Bulgogi", und nehmen die Worte des Apostel Johannes mit den Speisen und der scharfen Chilisauce auf.
Bekehrt haben sie noch niemanden
"Das Wort Gottes ist so mächtig, und jemand, wenn er ein Herz hat, das Wort Gottes liest, und in diesem Moment arbeitet Gottes Wort und dann wird Glauben schenken."
Die zwei Koreanerinnen gehören einer evangelische Freikirche hier in Berlin an. Bekehrt haben sie noch niemanden, sagt Frau Park, doch sie werden häufig nach den Bibeltexten an den Wänden gefragt.
"Ja, viele, warum das hier so ist, wer hat geschrieben? Warum haben Sie geschrieben? Viele fragen das."
Alkohol gibt es nicht, nur Scharfes aus Fernost und Gottes Wort frontal. Das gefällt nicht jedem.
"Damit habe ich nichts am Hut."
"Na, ich will den Damen nicht auf den Schlips treten. Ich finde es etwas befremdlich, ich habe Schwierigkeiten, Freunde von mir hierher zu bekommen, weil viele halt Schwierigkeiten mit der Kirche haben. Ich blende das aus, ich kenne den Laden schon ganz lange, und hier wird sehr sehr gut gekocht."
Irgendwie klappt es dann doch mit Gottes Wort
Viele Gäste mögen die persönliche, herzliche Atmosphäre, mit der Frau Park und ihre Mitarbeiterin Frau Meifat die Gäste bekochen. Manchmal sprechen die zwei mit ihren Gästen über Gott, doch meistens müssen sie kochen, die Gäste kommen zahlreich. Und irgendwie klappt es dann doch mit Gottes Wort, denn Liebe geht bekanntlich durch den Magen...
"Ich mag total gerne koreanisches Essen, und die Ixthys kochen einfach total leckeres koreanisches Essen. Und ja, die Bibelsprüche, eigentlich stören die mich nicht. Mir macht das überhaupt nichts aus, dass die Wände vollgeschrieben sind. Also erstens ist das ein hübsches Design, ich finde das auch ganz ästhetisch auf den Bettlaken, die abgeschriebenen, handgeschriebenen Sprüche, und ehrlich gesagt, auch die Rechtschreibfehler finde ich eigentlich total charmant, und naja, ich bin ja christlich aufgewachsen, christlich erzogen, und viele kenne ich einfach, die gehören auch zu meiner Kultur. Und es ist ja auch nicht wirklich verkehrt, mal über die Sprüche nachzudenken. Das ist ja in Ordnung."