Betreuungsgeld

Neue Studie sorgt für Ärger in der Koalition

Ein kleiner Junge spielt in einer Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Hannover (Niedersachsen).
Ein kleiner Junge spielt in einer Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Hannover (Niedersachsen). © picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte
28.07.2014
Eine neue Studie sorgt für handfesten Ärger in der Koalition. Kritiker des Betreuungsgeldes fühlen sich bestätigt. Dennoch will die SPD die 2013 eingeführte Leistung nicht wieder streichen. Seit Montagabend kann man die Studienergebnisse online nachlesen.
Riesenärger in der Großen Koalition: Im Frühjahr 2013 hatten das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und die Uni Dortmund Eltern von 290.000 Kindern unter drei Jahren angeschrieben und sie nach ihren Betreuungswünschen befragt. Knapp 119.000 von ihnen beantworteten dabei einen umfangreichen Fragenkatalog - jeweils differenziert nach den ersten drei Lebensjahren ihres Kindes.

Die Ergebnisse zeigen: Das Betreuungsgeld, das zurzeit bei 100 Euro liegt und im August auf 150 Euro angehoben werden soll, ist gerade für bildungsferne Eltern und für Zuwanderer-Familien ein materieller Anreiz, für ihr Kleinkind kein Angebot frühkindlicher Bildung in einer Kita oder bei einer Tagesmutter zu nutzen.
Nach Auswertung aller Ergebnisse hatte das DJI im Mai 2014 den Abschlussbericht zur Studie dem Bundesfamilienministerium überreicht. Am Montagabend veröffentlichte das Institut Auszüge daraus auch im Internet.
"Befürchtete Effekte haben sich leider bestätigt"
Von den knapp 120.000 befragten Eltern nannte mehr als die Hälfte derjenigen, die keine Berufsausbildung oder nur einen Hauptschulabschluss haben, "das Betreuungsgeld als Grund dafür, dass sie ihre Kleinkinder nicht in eine Kita schicken, berichtet Deutschlandradio-Korrespondent Stefan Maas. "Wir müssen feststellen, dass sich die befürchteten negativen Effekte leider bestätigt haben", sagt der Staatssekretär im SPD-geführten Familienministerium, Ralf Kleindiek.
Auch die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, ist erbost: "Das Betreuungsgeld ist absoluter Unsinn", sagte sie am Montag dem 'Kölner Stadt-Anzeiger'. Es setze falsche Anreize und verhindere die frühkindliche Förderung. Es zeige sich nun erneut, dass die Union "Familienpolitik ohne Sinn, ohne Verstand, nur mit Blick auf das eigene Klientel" mache. Die Bundesregierung müsse das Betreuungsgeld unverzüglich abschaffen und "das Geld stattdessen sinnvoll in ausreichend gute Kita-Plätze investieren", sagte Göring-Eckardt.
"Fragwürdiges Menschenbild"
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wies die Kritik am Betreuungsgeld zurück. Die unsachliche Kritik sei "ein Schlag gegen die Familien in unserem Land. Es ist ein fragwürdiges Menschenbild, generell Eltern zu unterstellen, sie könnten ihre Kinder nicht richtig erziehen."
Das umstrittene Betreuungsgeldgesetz war vom Bundestag Anfang November 2012 verabschiedet worden. Zum 1. August 2013 wurde erstmals Betreuungsgeld ausbezahlt. Ursprünglich sollte die erste Auszahlung schon im Januar 2013 erfolgen, doch in der Endphase des turbulenten Gesetzgebungsverfahrens war der Termin auf Druck der FDP auf den 1. August verschoben worden.
Ein Mitglied der Studiengruppe wies am Montag die Kritik zurück, wonachz sich die Studie auf inzwischen veraltete Daten stütze. Das ganze Jahr 2012 wie auch noch 2013 sei intensiv in der Öffentlichkeit über das Betreuungsgeld diskutiert worden. Mit dem Erhebungsdatum Frühjahr 2013 ließen sich die detaillierten Aussagen von über 100.000 Eltern jetzt nicht relativieren.
Mehr zum Thema