Berliner Schloss

Auf der Baustelle lässt die Aufregung alle kalt

Kräne stehen auf der Baustelle des Berliner Schlosses - Humboldtforum in Berlin. Im Hintergrund ist der Berliner Dom zusehen.
Noch mindestens fünf Jahre wird weitergebaut, erst 2019 soll das Schloss fertig sein. © picture alliance / dpa / Foto: Rainer Jensen
Von Verena Kemna · 24.11.2014
Das Stadtschloss ist umstritten, auch die Politik deutet bereits einen Rückzug aus dem Mammutprojekt an. Auf der Baustelle gibt man sich betont entspannt - und lässt lieber die Phantasie ein wenig spielen.
Es klopft und hämmert, ab und zu trägt der Wind die Klänge eines Dudelsackspielers auf die Baustelle. Der Straßenmusiker hat sich vor dem Alten Museum am Lustgarten postiert. Mit dem Dudelsack unter dem Arm steht er direkt in der Sichtachse der Passanten, die später einmal durch die Passage des Berliner Humboldt-Forums flanieren werden. Manfred Rettig, Vorstandsmitglied der Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum steht zwischen LKWs und Planierraupen.
Hinter ihm, eine Wand aus dicht aneinandergestellten Gerüststangen und 30 Meter hohen Betonwänden. Rettig schlängelt sich zwischen den Gerüsten durch, dort entsteht die Eingangspassage, die sich durch das gesamte Humboldtforum zieht:
"Die Achse geht quer durch das Gebäude durch und endet hinten sozusagen auf der Museumsinsel. Das wird sicher später einmal einer der stark frequentierten Bereiche Berlins sein. Tag und Nacht geöffnet, man wird also in dieses Humboldtforum Tag und Nacht reingehen können und es erleben können."
Es riecht nach feuchtem Beton
In der Passage sollen später Open-Air-Veranstaltungen stattfinden. Es ist die Kombination aus alt und neu, geschlossen und offen, die einmal das Humboldtforum ausmachen soll. Bislang sind die Geschosse zu erkennen, überall stehen Gerüste, auf dem glatten Estrich haben sich Pfützen gebildet, es riecht nach feuchtem Beton. Manfred Rettig, Chefmanager der Mammutbaustelle, legt den Kopf in den Nacken. Allein der quadratische Innenhof misst einige tausend Quadratmeter.
"Da hat man schon mal einen Eindruck, welche Dimension das bekommt und wenn sie sehen, dass wir diese Fassaden innen wieder historisch machen während die Seitenteile komplett zeitgenössisch sind, dann wird das hier ein einmaliger Charakter sein, den man hier erleben wird."
Detailgetreu nachgebildet
Die Bauarbeiter auf den obersten Gerüstbrettern sind von unten gesehen gerade mal so groß wie Streichhölzer. Über ihren Köpfen der graue Novemberhimmel, Kräne und ein Stück des markanten Berliner Fernsehturms sind zu sehen. Wo jetzt noch Rohbau steht, soll moderner Neubau mit drei barocken Außenfassaden sowie barock gestalteten Innenportalen kombiniert werden. Eines der Portale ist im Original an der Fassade des ehemaligen DDR-Staatsratsgebäudes zu besichtigen. Das Original steht unter Denkmalschutz und so werden Säulen, Bögen, Ornamente für die Kopie im Humboldtforum detailgetreu nachgebildet.
"Also es ist so, dass wir das gesamte Portal gescannt haben, dann ist das gesamte Portal in der vollen Größe bereits bei uns als 3-D Druck entstanden, das liegt bei uns in der Schlossbauhütte in Spandau und das ist die Grundlage nachher für die Steinmetze, dieses in Stein zu schlagen. Sodass wir dann im Humboldtforum ein komplett neues Portal haben, das komplett in Anlehnung an das historische Portal entsteht."
Die vier von außen sichtbaren Geschosse, angelehnt an die historische Schlossarchitektur sind an den hohen Fensteröffnungen schon gut erkennbar. In den oberen beiden Geschossen werden Sammlungen des ethnologischen Museums und des Museums für asiatische Kunst ausgestellt. Die Zwischengeschosse liegen versteckt.
"In dem künftigen Bereich der Bibliothek für die ethnologische Sammlung, dort ist schon so ein Zwischengeschoss eingefügt, dort haben wir dann nachher auch Bücher und da drunter Bücher, sodass wir dort schon so ein Zwischengeschoss haben."
Nutzer im Humboldtforum
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Berliner Humboldt Universität und die Berliner Zentral- und Landesbibliothek sind als Nutzer im Humboldtforum fest eingeplant. Es sind Nutzer mit ganz speziellen Bedürfnissen. So sind im Rohbau Ausbuchtungen für Klimatechnik und Elektronik zu erkennen, von denen später nichts zu sehen sein wird, erklärt Manfred Rettig. Er ist froh, dass von Änderungsvorschlägen keine Rede mehr ist. Erst vor Kurzem hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit angekündigt, dass die Flächen der Landesbibliothek, anders als geplant, für weitere Museumssammlungen genutzt werden könnten.
"Ich höre da auch nichts mehr, wir haben keinen Stopp bekommen, dass wir hier mit unseren Planungen aufhören oder mit unseren Bauarbeiten aufhören. Insofern gehe ich davon aus, dass wir ganz normal unser Programm hier durchziehen, dann werden wir das auch sehr erfolgreich durchziehen."
Statt Richtfest am Rohbau in den kalten Wintermonaten, plant Manfred Rettig eine erste öffentliche Baustellenbesichtigung im nächsten Frühjahr. Viele Schlossskeptiker würden dann ihre Meinung ändern, meint er und zeigt auf eine großartige Kulisse. Der Blick aus den oberen Geschossen auf die Spree, auf den Lustgarten, die Museumsinsel, den Berliner Dom, ist beeindruckend. Manfred Rettig ist auch vom Konzept überzeugt. Das Humboldtforum als Treffpunkt der Kulturen.
"Das ergibt eine Wahnsinnschance für das Projekt, insofern wird es auch international eine kolossale Außenwirkung haben."
An der Baustelleneinfahrt deutet er auf ein Schild. Da steht: Diese Baustelle ist seit 230 Tagen unfallfrei! Alles ist im Zeitplan, meint der oberste Baustellenleiter und nickt zufrieden.
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