Berliner Erklärung von CDU/CSU-Innenpolitikern

Stimmungsmache im platten Pegida-Stil

In einem Wasserglas stecken zwei kleine Deutschland- und zwei kleine CDU-Flaggen
Die CDU ist zerstritten über die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Merkel. © dpa / Marius Becker
Von Frank Capellan · 27.11.2015
Die "Berliner Erklärung" von Innenpolitikern aus CDU und CSU zur Flüchtlingspolitik wirke wie ein hilfloser Versuch, die eigenen Anhänger bei der Stange zu halten, kommentiert Frank Capellan. Berechtigt sei allein die Kritik Richtung Europa.
Achtung, dies vorweg: Hier spricht ein Vertreter des Willkommens-Rundfunks! Zumindest wird AfD-Vize Alexander Gauland so empfinden, der Mann, der uns pauschal vorwirft, Sorgen der Bürger zu unterschlagen und Probleme der Zuwanderung schönzureden. Er ist zugleich der Mann, der sich zwar für die körperliche Attacke auf eine ZDF-Kollegin während einer AfD-Kundgebung entschuldigt, zugleich aber suggeriert, sie habe die Wut der Teilnehmer durch ihre Berichterstattung doch selbst provoziert.
Wer die sogenannte "Berliner Erklärung" konservativer Innenpolitiker aus Bund und Ländern liest, könnte zu dem Schluss kommen, dass viele Christsoziale und Christdemokraten ähnlich denken. "Es ist das gute Recht unserer Bürgerinnen und Bürger, ihre Sorgen, Ängste und Nöte offen aussprechen zu dürfen und Fehlentwicklungen zu benennen", heißt es darin wörtlich. Ja, was denn sonst? Plattitüden und Selbstverständlichkeiten hat dieses Papier reichlich zu bieten, es könnte auch aus der Feder der AfD-Spitze stammen, allein die Angriffe auf die Kanzlerin wären dann deutlicher ausgefallen.
Ursprünglich sollten sie es auch hier sein: "Die Zustimmung zur Asyl und Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin ist in den zurückliegenden Wochen erheblich gesunken", heißt es im ersten Entwurf. "Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ist das Vertrauen in die staatliche Handlungsfähigkeit erschüttert." Soviel Kritik wollte man der gerade auf dem CSU-Parteitag öffentlich vorgeführten CDU-Chefin dann offenbar doch nicht mehr zumuten. Merkel steht hinreichend unter Druck, zwei Wochen vor dem eigenen Parteitag wird das auch durch diese - entschärfte - Erklärung noch einmal deutlich.
Und doch wirkt sie wie der hilflose Versuch, auf vermeintliche Stimmungen in der eigenen Wählerschaft einzugehen. Und sie macht Stimmung, im platten Pegida-Stil. Warum werden Terrorbekämpfung und Zuwanderung in einem Beschluss wieder vermengt? Warum muss nach Söder-Manier wieder suggeriert werden, die Menschen, die vor dem IS-Terror fliehen, würden uns die Terroristen ins Land holen? Mehr Polizei, bessere Ausrüstung im Kampf gegen den Terror, ja! Dass in Deutschland nicht die Scharia, sondern das Grundgesetz gilt, geschenkt, was sonst! Konsequente Abschiebungen, Leistungskürzungen für Asylbewerber - längst beschlossen! Es mangelt nicht an Maßnahmen zur Begrenzung der Zuwanderung, sie müssen nur endlich umgesetzt werden. Stattdessen aber war es die Union, die sich in einem hanebüchenen Streit um sinnlose "Transitzonen" verzettelte.
Berechtigt sind allein die Forderungen Richtung Europa. Ja, die Europäische Union braucht Kontingente, Quoten, eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge. Allen Verweigerern muss klar gemacht werden, dass Solidarität nicht am Brüsseler Finanztopf endet. Für diesen Kampf in Brüssel bräuchte Angela Merkel Unterstützung und nicht Druck aus eigenen Reihen. Am Vorabend des AfD-Parteitages wirkt deren Veröffentlichung wie der billige und hilflose Versuch, die eigenen Anhänger bei der Stange zu halten. Die Willkommens-Kultur kaputtzureden – das sollten CDU und CSU lieber der AfD überlassen.
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