Berlinale 2016

    Goldener Bär geht an Lampedusa-Doku "Fuocoammare"

    Preisträger Gianfranco Rosi freut sich über den Goldenen Bär für seinen Film "Fuocoammare"
    Preisträger Gianfranco Rosi freut sich über den Goldenen Bär für seinen Film "Fuocoammare" © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
    20.02.2016
    Es ist entschieden: Der italienische Regisseur Gianfranco Rosi erhält für "Fuocoammare" den Goldenen Bären bei der Berlinale 2016. Sein Dokumentarfilm thematisiert das Flüchtlingssterben im Mittelmeer.
    Der italienische Regisseur Gianfranco Rosi hat bei der 66. Berlinale für "Fuocoammare" den Goldenen Bären 2016 erhalten. Jury-Chefin Meryl Streep würdigte seinen Dokumentarfilm als besonders "mutig". Rosi betonte in seiner Dankesrede: "Es ist nicht akzeptabel, dass Menschen sterben, während sie versuchen, über das Meer zu uns zu kommen."
    Der Film ist nicht unumstritten: Kritikerin Katja Nicodemus hatte etwa die ethische Haltung des Regisseurs kritisiert, wenn er sterbende Menschen filme, die einer Veröffentlichung nicht zugestimmt haben. Gleichzeitig lobte sie explizit die politische Entscheidung, den Film in den Wettbewerb zu nehmen. Rosi selbst hatte im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur gesagt: "Die härteste Phase war der Schnitt. Ich musste entscheiden, ob ich den Tod zeige. Der Tod kam ja zu mir. Ich wollte bei der Rettung einiger Flüchtlinge dabei sein. Und nicht alle haben das überlebt."
    Der bosnische Regisseur Danis Tanovic wurde mit dem Silbernen Bär "Großer Preis der Jury" für "Death in Sarajevo" gewürdigt. Im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur hatte der Filmemacher gesagt, er wolle mit seinem Film dazu beitragen, dass Bosnien, wo in den 90er-Jahren Krieg herrschte, ein glückliches Land wird: "Ich will, dass die Menschen in der Gegenwart leben und ein wenig über die Zukunft reden."
    Danis Tanovic: Preisträger Silberner Bär "Großer Preis der Jury"
    Danis Tanovic: Preisträger Silberner Bär "Großer Preis der Jury"© picture alliance / dpa / Jens Kalaene
    Bereits zu Beginn der Verleihung im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz hatte der Kameramann Mark Lee Ping-Bing für den Film "Crosscurrent" einen Silbernen Bär für Herausragende Künstlerische Leistung erhalten.
    Für das Beste Drehbuch wurde der Pole Tomasz Wasilewski geehrt, dessen Film "United States of Love" erst gestern Premiere gefeiert hatte - und unsere Kritikerin Hannelore Heider ins Schwärmen brachte: "Das sind ganz sensible, ganz starke Geschichten und ich wundere mich wirklich, dass dieser erst 35-jährige junge polnische Regisseur so einen starken Film macht."
    Schauspielerin Trine Dyrholm verteilt Küsse
    Auch Schauspieler Majd Mastoura konnte für seine Rolle in dem tunesischen Film "Inhebbek Hedi" einen der begehrten Silbernen Bären ergattern: Er widmete seinen Preis an "alle Märtyrer und Märtyrerinnen der Revolution". Für ihre Rolle in Thomas Vinterbergs Film "Die Kommune" wurde die Schauspielerin Trine Dyrholm ausgezeichnet. "Ich möchte gerne alle umarmen und küssen", rief sie entzückt aus - und zumindest jedes Jurymitglied bekam dann auch ein Küsschen. Mia Hansen-Løve wurde für ihren Film "L'Avenir" für die Beste Regie geehrt.
    Festivaldirektor Dieter Kosslick auf dem roten Teppich.
    Festivaldirektor Dieter Kosslick auf dem roten Teppich.© picture alliance / dpa / Jens Kalaene
    Ein Film, der neue Perspektiven eröffnet, ist der 482 Minuten lange Film "A Lullaby to the Sorrowful Mystery" von Lav Diaz. Er wurde mit dem Alfred-Bauer-Preis ausgezeichnet.
    Bei der diesjährigen Berlinale konkurrierten insgesamt 18 internationale Produktionen um die begehrten Bären. Auf dem gesamten Festival liefen in allen Reihen mehr als 400 Filme.

    Preis der unabhängigen Jury

    Bereits am Nachmittag hatte die Preisverleihung der unabhängigen Jurys stattgefunden: Anne Zohra Berracheds Wettbewerbsfilm "24 Wochen" gewann hier den "Preis der Gilde Deutscher Filmkunsttheater". Doris Dörries Spielfilm "Grüße aus Fukushima" wurde zudem mit dem "Preis des Internationalen Verbands der Filmkunsttheater (CICAE)" geehrt.
    Auch "Fuocoammare" hatte hier bereits mehrere Preise erhalten - darunter den "Preis der ökumenischen Jury" und den "Filmpreis von Amnesty International". Alle Preisträger sind hier nachzulesen.
    Am Vorabend war der österreichische Film "Kater" von Regisseur Händl Klaus mit dem Teddy Award als bester Spielfilm ausgezeichnet worden. Der Film erzählt die Geschichte von Andreas (gespielt von Philipp Hochmair) und Stefan (Lukas Turtur), deren Beziehung sich nach einem unerwarteten Gewaltausbruch radikal verändert.
    Berlinale-Chef Dieter Kosslick bilanzierte zum Abschluss, das Festival sei seiner Tradition als politisches Festival treugeblieben: "Filmemacher setzen sich mit den Geschehnissen und Problematiken unserer Welt auf künstlerische Weise auseinander, eben anders als die Medien."
    Wie ist der Preisvergabe einzuordnen? Wie war die 66. Berlinale insgesamt? Ab 23:05 Uhr senden wir live eine Sondersendung "Fazit".
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