Beratungen über Exzellenzinitiative

Haben kleine Unis das Nachsehen?

Studenten in der Universitätsbibliothek
Studenten in der Universitätsbibliothek © dpa / picture alliance / Maja Hitij
Von Christiane Habermalz · 05.04.2016
Es geht um Milliarden für die Spitzenforschung: Am 22. April wollen Wissenschaftsminister von Bund und Ländern neue Regelungen zur Exzellenzinitiative vorstellen. Vor allem kleine Unis befürchten, dabei benachteiligt zu werden.
"Top secret" lautet das Motto für die Verhandlungen der Staatssekretäre von Bund und Ländern, die am heutigen Dienstag hinter verschlossenen Türen über die letzten Weichenstellungen für die neue Runde der Exzellenzinitiative beraten. Offiziell weiß also niemand etwas über die Ergebnisse des Pokers um die künftige Verteilung der Milliarden für die Spitzenforschung – und doch werden sie in der Wissenschaftscommunity beim heutigen Tag des Deutschen Hochschulverbandes schon munter kommentiert.
Zum Beispiel die Nachricht, dass künftig offenbar zwei erfolgreich eingeworbene Exzellenzcluster Voraussetzung sein sollen für die Bewerbung um den Titel "Exzellenzuniversität".
"Wir brauchen ein paar Leuchttürme"
Diese Hürde sei für kleine Hochschulen zu hoch, kritisiert Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes.
"Die Vorstellung, dass sogenannte kleine Fächer der Geisteswissenschaften unter der Wahrnehmungsschwelle der Exzellenzinitiative bleiben könnten, ist unerträglich."
Der frühere Berliner Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hält dagegen: Es gehe ja gerade darum, den wenigen deutschen Hochschulen, die überhaupt eine Chance auf internationale Sichtbarkeit hätten, zusätzliche Freiräume zu ermöglichen.
"Wir brauchen ein paar Leuchttürme, meine Damen und Herren. Wir brauchen sie für die deutsche Wissenschaft. Dann ist es überhaupt nicht ehrenrührig, dass es Universitäten gibt, die dann zwei oder drei Cluster haben, die dann eine größere Chance haben, eben noch mal ein Zubrot zu bekommen, um letzten Endes die gesamte Universität weiterzuentwickeln."
Exzellenzinitiative als "Wettbewerb im Anträgeschreiben"?
Heftig wiedersprach dem Dieter Imboden. Der Schweizer Umweltphysiker war Vorsitzender der Expertenkommission, die im Januar die bisherige Exzellenzinitiative im Auftrag von Bund und Ländern evaluiert hatte.
"Sie müssen nicht vergessen: Stanford – na, Stanford ist ein bisschen größer; aber zum Beispiel Caltech ist eine kleine Uni. Und wenn Sie 200 Professoren haben und zwei Cluster machen müssen, und die andere Uni hat 1000 Professoren für zwei Cluster, da sind die Chancen einfach nicht gleich. Also die Größe, mein lieber Herr Zöllner, hat nichts mit Qualität zu tun."

Zuvor hatte Kempen die Politik gemahnt, sich nicht über die Empfehlungen der Imboden-Kommission hinwegzusetzen. Vor allem das von ihr vorgeschlagene sogenannte "Past-Merit-Prinzip", nachdem nicht mehr Zukunftskonzepte, sondern erbrachte Forschungsleistungen prämiert werden, gefällt den Hochschulen.
Damit würden die extrem aufwändigen Antragsverfahren entfallen und mehr Kapazitäten für die Forschung übrig bleiben. Die Exzellenzinitiative würde vielfach zu einem "Wettbewerb im Anträgeschreiben" mutieren, so der Soziologe Stefan Kühl.
"Gelder werden nicht deswegen akquiriert, weil man sie unbedingt braucht, um Forschung zu machen, sondern das Einwerben von Geldern wird zum Zweck an sich. Man erkennt das in jeder Mikro-Studie die wir im Moment über die Forschungslandschaft haben, dass das Einwerben von Geldern häufig vor dem Erkenntnisinteresse steht."
Doch in diesem Punkt will die Politik Imboden nicht folgen. Nur wenige hundert Meter entfernt tagen im Bundesbildungsministerium die Staatssekretäre von Bund und Ländern. Die Grundlinien der Pläne der Wissenschaftsminister sind im Prinzip klar.
Künftig soll es nur noch zwei statt drei Förderlinien geben. Das heißt, die Graduiertenschulen fallen weg: Exzellente Doktorandenbetreuung müsse die Hochschule künftig selber leisten können, so das Argument. Bleiben werden die Exzellenzcluster und die Exzellenzuniversitäten. Ihre Zahl war noch strittig – der Bund hatte drei bis fünf gefordert, die Länder 15, am Ende werden es wohl acht bis elf sein.
Künftig Exzellenz-Unis dauerhaft durch Bund fördern
Die künftigen Exzellenzuniversitäten sollen – und das ist neu – nicht wie die Exzellenzcluster für fünf bis sieben Jahre, sondern dauerhaft durch den Bund gefördert werden. Die Voraussetzung dafür wurde im letzten Jahr durch das Ende des Kooperationsverbotes geschaffen, das es dem Bund erlaubt, im Wissenschaftsbereich langfristig zu investieren. Ein heißes Eisen für die Länder, die zwar das Geld dringend benötigen, aber befürchten, der Bund könne damit in Hochschulangelegenheiten einen Fuß in der Tür haben. Dies dürfe keine Einmischung in Landesangelegenheiten durch die Hintertür der Exzellenzinitiative sein, mahnte denn auch Theresia Bauer, Wissenschaftsministerin von Baden-Württemberg.

"Um diese Dinge wird noch verhandelt, es ist nicht alles fertig, sondern wir ringen darum, und ich werde meinen Einfluss da auch entsprechend geltend machen, dass wir dieses mit offenem Visier tun und im Bewusstsein der Konsequenzen, die eine vorschnelle Verdauerung und Verstetigung von Einflussnahmen auf nur ganz wenige Universitäten hätte."
Etwas Zeit fürs Feintuning bleibt noch. Am 22. April werden die Wissenschaftsminister die Verhandlungsergebnisse zwischen Bund und Ländern offiziell verkünden.
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