Belletristik

Die bösen Spekulanten und die guten Hacker

Demonstranten feiern in London am 13.04.2013 am Trafalgar Square den Tod von Margaret Thatcher. Sie winken und blasen auf Spielzeugtröten.
Der Roman beginnt am Tag des Todes von Margaret Thatcher, der von Demonstranten gefeiert wird. © dpa / Tal Cohen
Von Vera Linß · 12.12.2013
Zoë Beck benutzt in "Brixton Hill" die sozialen Unterschiede in London als Folie für einen Krimi über Gentrifizierung, Korruption und Computernerds.
London im Frühjahr dieses Jahres. Am 8. April stirbt die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher. Die Nachricht teilt die Stadt: Es gibt Trauer, natürlich, aber auch Freude. "The bitch is dead" haben junge Leute auf ein Laken gepinselt. Mit billigem Sekt stoßen sie auf den Tod der "Eisernen Lady" an, deren Politik des Sozialabbaus ihnen verhasst ist.
Diese Szene aus "Brixton Hill" könnte sich tatsächlich vor wenigen Monaten genau so abgespielt haben. Das ist typisch für dieses Buch, denn in ihrem neuen Thriller, der in den Tagen um Margaret Thatchers Tod spielt, ist Zoë Beck ziemlich nah dran an ganz realen Ereignissen. Diesmal hat sie sich London als Stadt in Aufruhr vorgenommen: Gentrifizierung, Korruption und eine aktive Hackerszene – das sind die aktuellen Phänomene, die in der Geschichte thematisiert werden.
Banker auf der einen, Underdogs auf der anderen Seite
Die gutsituierte Bankerfamilie Everett (glühende Thatcher-Anhänger) und die Underdogs aus dem runtergekommenen Londoner Stadtteil Brixton – Opfer eines neoliberalen Wirtschaftskurses – sind die Gegenspieler dieses Krimis. Auf den ersten Blick gibt es zwischen beiden keine direkte Verbindung, man kennt sich nicht einmal.
Doch bald wird sichtbar, dass der Reichtum der Everetts und die Armut der Underdogs zusammengehören. Denn die korrupte Immobilienfirma Braidlux – auch so ein Finanzhai – will die finanzschwachen Bewohner aus Brixton rausekeln, um Luxuswohnungen zu bauen und das große Geld zu machen. Mit Wohnungsbesetzungen und illegalen Partys wehren sich die Alteingesessenen gegen ihre Vertreibung aus dem Kiez.
Von all dem weiß die junge Veranstaltungsmanagerin Emma Vine noch nichts, als in einem Luxushochhaus im Osten Londons die Sicherheitssysteme lahm gelegt werden, Rauch ausströmt und vor Emmas Augen ihre Geschäftspartnerin Kimmy zu Tode kommt. Emma gerät in den Fokus der Polizei.
Als ein zweiter Mord passiert, ist sie wieder in der Nähe. Erneut wurde die Sicherheitstechnik eines Hauses gehackt. Emmas Flucht vor der Polizei und die Suche nach dem Mörder führt sie in die Hackerszene von Brixton – direkt dorthin, wo der Widerstand gegen Braidlux organisiert wird.
Mehr als pure Unterhaltung
"Brixton Hill" ist ein gut geschriebener Krimi, der – zumindest bis zum zweiten Mord – Thrillerqualitäten hat und den Leser geradezu fesselt. Auch danach bleibt die Aufklärung des Falls spannend, nicht nur, weil bis zum Schluss nie sicher erscheint, wer nun eigentlich Freund und Feind ist.
Dass Zoë Beck die Verbrechen bei Immobilienspekulanten ansiedelt und von investigativen Hackern a la Wikileaks aufklären lässt, macht aus dem Krimi mehr als pure Unterhaltung. Den Debatten über die Rolle von Hackern in der Gesellschaft und den Schattenseiten der Gentrifizierung fügt sie eine vorstellbare Geschichte hinzu. Und liefert noch ein bisschen Aufklärung die für all jene Neuigkeitswert haben dürften, die bisher wenig über Wikileaks, die Occupy-Bewegung und Anonymous gehört haben.

Zoe Beck: Brixton Hill
Heyne, München 2013
384 Seiten, 8,99 EUR