Belgien

Klare Botschaft an die Terroristen

Im Brüsseler Stadtteil Anderlecht ist den Fahndern unter anderem Mohamed Abrini ins Netz gegangen
Im Brüsseler Stadtteil Anderlecht ist den Fahndern unter anderem Mohamed Abrini ins Netz gegangen © picture alliance/dpa/Stephanie Lecocq
Von Jörg Münchenberg · 10.04.2016
Die Hartnäckigkeit der Behörden zahle sich aus, kommentiert Jörg Münchenberg. Die jüngsten Verhaftungen von Terrorverdächtigen sendeten auch ein Signal an die Bürger von Paris und Brüssel aus, wo die Anschläge stattfanden. Doch die Bekämpfung des Terrors werde Jahre dauern.
Die belgischen Sicherheitsbehörden kommen bei der Aufklärung der Terroranschläge von Brüssel und Paris langsam voran. Das ist eine gute Nachricht. Auch wenn noch nicht genau klar ist, welche Rolle genau die am Freitag verhafteten Männer bei den beiden Terrorakten gespielt haben. Bislang hält sich die Polizei mit konkreten Informationen zurück – wohl auch aus der Sorge, am Ende einen vermeintlichen Fahndungserfolg im Nachhinein korrigieren zu müssen.
Und doch zeichnet sich ab: es gibt Fortschritte. Dies ist aus zwei Gründen wichtig. Zum einen senden damit die Sicherheitsbehörden eine klare Botschaft an die Terroristen und ihre Netzwerke aus: Wir sind euch auf der Spur und werden solange nicht lockerlassen, bis alle Verdächtigen gefasst sind. Der Fahndungsdruck bleibt also enorm hoch. Auch am Samstag Nachmittag gab es in Brüssel erneut Razzien von Polizei und Sicherheitskräften.
Daneben senden die Verhaftungen gerade auch für die Bürger von Brüssel und Paris ein wichtiges Signal aus. Zwar gab es Ermittlungspannen gerade auf belgischer Seite, waren etwa wichtige Datennetze von Polizei, Sicherheitsbehörden und Staatsanwaltschaft nicht miteinander vernetzt; konnte einer der Hauptverdächtigen Salah Abdeslam monatelang ausgerechnet in Molenbeek untertauchen, seinem alten Wohnviertel.
Komplizierte Staatsstrukturen
Und doch zahlt sich die Hartnäckigkeit der Behörden aus. Und all jene, die schon nach den Anschlägen von Paris mit einer direkten Querverbindung nach Belgien vor einem gescheiterten Staat gewarnt haben, sollten künftig zurückhaltender auftreten. Ja, in Belgien gab es Pannen und Ermittlungsfehler; ja; die komplizierten Staatsstrukturen, die wiederum auf den Sprachenstreit zurückzuführen sind, begünstigen mögliche Fehler. Das heißt aber nicht automatisch, dass Polizei und Sicherheitskräfte letztlich heillos überfordert sind, wie das zeitweise behauptet worden ist.
Doch auffällig ist in diesen Tagen auch: im Gegensatz zur Verhaftung von Salah Abdeslam, die noch von Premierminister Charles Michel und dem französischen Präsidenten François Hollande persönlich in einer gemeinsamen Pressekonferenz gewürdigt worden ist, tritt die belgische Regierung inzwischen viel zurückhaltender nach außen auf. Das mag daran liegen, dass die Zuordnung der Verhafteten zu den Terrorakten noch nicht abgeschlossen ist.
Das liegt aber auch daran, dass auf die Behörden weiter eine Herkulesaufgabe wartet. Die Netzwerke hinter den Terroristen sind noch lange nicht aufgedeckt; Belgien hat im europäischen Vergleich eine der höchsten Zahlen von ehemaligen Kämpfern aus Syrien im Land; die Gefahr eines neuen Anschlages – gerade wegen der möglichen Fahndungserfolge - ist eher weiter gestiegen. Für Entwarnung besteht also keinerlei Anlass.
Keine Rückkehr zum Schlendrian
Schließlich wird es auch darum gehen, in den Problemvierteln wie Molenbeek, Schaerbeek oder auch Städten wie Verviers die Ursachen und den Nährboden für die Radikalisierung nachhaltig zu bekämpfen. Diese Aufgabe wird Jahre dauern und viel Geld, Personal und Geduld kosten.
Und diese Aufgabe darf nicht wieder den politischen Grabenkämpfen zum Opfer fallen, die gerade auch in Belgien mit Hingabe gepflegt werden. Es gilt: die Attentate müssen restlos aufgeklärt werden, aber die Fahndungserfolge sind letztlich wenig wert, wenn es danach wieder eine Rückkehr zum politischen Schlendrian geben sollte.
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