Beethovens Violinsonaten A-Dur und c-moll op. 30

Empfindliches Gleichgewicht

Das Foto zeigt eine von Giuseppe Guarneri im Jahr 1706 gebaute Geige in Nürnberg (Bayern).
Das Foto zeigt eine von Giuseppe Guarneri im Jahr 1706 gebaute Geige in Nürnberg © picture-alliance / dpa / Elke Richter
Moderation: Ulrike Timm · 14.02.2016
Um 1800 erlebt Ludwig van Beethoven eine Zeit der Krise und der Gärung, die Suche nach einem neuen, völlig eigenständigen Weg. Zugleich realisiert er, dass sein Gehör irreversibel nachlässt, bereits um 1797 hat das Leiden angefangen, und es wird in völliger Taubheit enden.
Die Verzweiflung des damals gerade 30-Jährigen kann man sich wohl kaum vorstellen. Er kämpft, mit jedem Wässerchen, das er finden kann, mit jedem Hörrohr, das jemand für ihn konstruiert – aber wenige Jahre später wird er sich nur noch schriftlich, mithilfe der Konversationshefte, verständigen können. Der Trotz, der Kampf in seiner Musik – es ist auch ein Kampf mit und ein Kampf um sich selbst. Ob die Musik das tatsächlich spiegelt? Das zu behaupten wäre so einseitig wie zu bestreiten es kaum möglich ist.
Die Violinsonaten op. 30 setzen Beethovens Auseinandersetzung mit der Komposition für zwei sehr unterschiedliche Partner fort, eben das Streich- und das Tasteninstrument. Im Konzertsaal ist häufiger die c-moll Sonate zu hören, komponiert in Beethovens Leib- und Magentonart fürs Dramatische. Das Dunkle, Düstere, Nervöse wird hier Klang.
Ganz anders, lyrischer, ungleich verhaltener auch ist das erste Werk der Trias op. 30, die Sonate in A-Dur, die von der zeitgenössischen Kritik gar als "alltäglich" abgetan wurde. Sie fordert weniger Virtuosität von den Interpreten, ist aber von der Komposition her virtuos - Beethoven experimentiert etwa mit Polyphonie auf kleinstem Raum, legt Themen gleich mehrstimmig an, verteilt also einen prägenden Gedanken von vornherein auf beide Instrumente. Er verändert nachträglich Tonarten, um die Musik dem Spieler wie dem Hörer "unbequemer" zu machen, tauscht Sätze aus, erweitert die Form – kurzum, mit den Sonaten op. 30 bereichert Beethoven nicht nur das Repertoire, sondern vor allem die musikalische Sprache.
Zu hören sind Aufnahmen in verschiedensten Interpretenpaarungen, so etwa von Isabelle Faust – Alexander Melnikov, Leonidas Kavakos – Enrico Pace, Yehudi Menuhin – Louis Kentner, Daniel Sepec – Andreas Staier, Pinchas Zukerman – Daniel Barenboim, Fritz Kreisler – Franz Rupp, Arthur Grumiaux – Clara Haskil, Gidon Kremer – Martha Argerich, Itzhak Perlman – Vladimir Ashkenazy, Renaud Capucon – Frank Braley.
Die Sendung ist Teil einer Reihe, die sich allen zehn Violinsonaten Ludwig van Beethovens widmet.