Bayerisches Selbstbewusstsein

Von Christoph Leibold · 16.02.2009
Sie sind mindestens so unverwechselbar bayerisch wie die CSU, nur nicht im Mindesten so schwarz, dafür aber mit einem ähnlich ausgeprägtem Selbstbewusstsein gesegnet: Gerhard Polt und die Biermösl Blosn. Heute feiern die Kabarettisten ihr 30. Bühnenjubiläum im Münchner Residenztheater.
Eigentlich ist seit dem vergangenen Herbst ja alles anders in Bayern, weil es nämlich nicht mehr anders ist als anderswo auch: Bayern wird jetzt von einer Koalition regiert - als wär’s ein x-beliebiges Bundesland.

Aber zum Glück gibt es ja immer noch Gerhard Polt und die Biermösl Blosn - die sind mindestens so unverwechselbar bayerisch wie die CSU, nur nicht im Mindesten so schwarz, dafür aber mit einem ähnlich ausgeprägtem Selbstbewusstsein gesegnet. Der tiefe Fall der Christsozialen in der Wählergunst? Klarer Fall, wem der zu verdanken ist:

"Es ist unser Erfolg, dass diese CSU nach 47 Jahren die absolute Mehrheit verloren hat. Wer sonst hätte das geschafft, außer wir?"

sagt Hans Well von der Biermösl Blosn und grinst recht unverschämt dazu. Seit 33 Jahren singen er und seine beiden Brüder Michael und Christoph nun schon ihre rotzfrechen Lieder, die eine Ahnung von einem anderen Bayern jenseits der CSU geben. Und vor 30 Jahren traten sie zum ersten Mal gemeinsam mit Gerhard Polt auf. Ein Grund zum Feiern?

"Wer sagt denn eana, dass a Jubiläum mit a Feier verbunden is? Es is in dem Sinn koa Feier, wir genga danach ins Hofbräuhaus und dringa a Bier wia sonst aa!"

raunzt Gerhard Polt vor dem Jubiläumsauftritt beim Interview ins Mikrofon. Mehr hat er dazu nicht sagen. Denn, wie man in Bayern sagt: "Wenn a net mag, mag a net!"

Und der Polt mag oft nicht, ist gern maulfaul, im Interview zumindest. Auf der Bühne dagegen, da packt ihn der Rederausch. Ein Bühnentier, ein entfesselter Tanzbär im Trachtenjanker. Polt selbst freilich fällt ein anderer Vergleich ein:

"Wenn sie an Lipizaner g’seng ham, und de Musi spuilt, na geht der i d’Höh! Und so is des bei uns aa. Zirkusluft!"

Gerhard Polt spielt die Kleinkarierten ebenso hinreißend wie die Gernegroßen. Die Schickimickis, die zum "Gastronomic Adventure Trip" nach Australien jetten, um sich dort aussterbende Tierarten servieren zu lassen. Und auch die Biergartenhocker, die ihr Bockbier saufen, denn so ein Bockbier, da weiß man, was man hat: Acht Prozent nämlich, da kann keine Bank mithalten.

Überhaupt, die Banken und die Finanzkrise, insbesondere das Bayerische Landesbankdesaster - dem widmet die Biermösl Blos’n eines ihr hinterfotzigsten Lieder.

Messerscharfer Witz mischt sich bei der Biermösl Blos’n mit stupendem musikantischen Vermögen - egal ob acapella oder vielsaitig instrumentiert. Sie könnens einfach. Gitarre, Harfe, Dudelsack und Drehleier. Flöte, Tuba und Trompete, Alphorn und Akkordeon. Und wenn dann noch Gerhard Polt volltönend mit einstimmt, gibt’s kein Halten mehr, dann ist das Vergnügen schier grenzenlos:

Bleibt die Frage, wie lange das nach 30 gemeinsamen Jahren noch so weiter gehen kann:

"Mir ham uns denkt, zum 40-jährigen mach ma a Fahnenweihe. Und verdiente Mitglieder werden dann mit einer silbernen Nadel geehrt. Des is dann der nächste Schritt, as 40-jährige."

"I woaß net, i konn ma vorstellen, dass des a Beruf is, wo’s as höchste is, auf der Bühne zu sterben, dass ma umfoit, vielleicht no an Tod spuilt."

Unwahrscheinlich, dass sich das Erfolgsmodell "Polt/Biermösl Blosn" schon vorher tot gelaufen hat. Wirklich Großartiges hat in Bayern eben doch Bestand.