Bau Dir was!

Von Christoph Kersting · 13.04.2010
Fab Lab - das steht für Fabrication Laboratory. Die Idee: In Laboratorien für jedermann können Dinge ganz nach dem eigenen Geschmack am PC entworfen und dann mit spezieller Technik hergestellt werden.
Eine Maschine, die auf Zuspruch herstellt, wonach dem Weltraumreisenden gerade der Sinn steht – der Replikator ersetzt im Raumschiff Enterprise sogar den Board-Koch. Oder, wenn es sein muss, auch schon mal den Barkeeper. Martini mit zwei Oliven? Kein Problem!

Den Barmann ersetzen können die Rechner, Drucker und Maschinen im Bremer Fabrication Laboratory zwar nicht, sagt Axel Grischow, der das Fab Lab gemeinsam mit seinem Kollegen Karsten Joost gegründet hat. Doch so weit ist die Fab-Lab-Idee gar nicht entfernt vom Star-Trek-Replikator.

"Also das ist ein Ort, wo Produkte oder Dinge gemacht werden können, hergestellt werden können von jedermann, das ist das Wichtige. Die Technik gibt es im Prinzip seit zehn Jahren mehr oder weniger, ist aber bisher aufgrund der hohen Preise der Industrie vorbehalten und auch weil es andere Zugangsschranken gibt: Die Software ist nicht so einfach zu bedienen. Und die Idee des Fab Lab ist eben, mit Low-Cost-Maschinen sich der Allgemeinheit zu öffnen. Letztendlich kann jeder kommen, kann eine Schulung mitmachen und kann dort vor Ort seine eigenen Produkte entwickeln, herstellen, und, das ist ganz wichtig, in Kooperation mit anderen sein."

An einem der Rechner in Bremen sitzt Martin Stevens aus London. Auf seinem Bildschirm bearbeitet er das dreidimensionale Modell eines Elefanten, das er am Ende zum Druck auf einer sogenannten Rapid Prototyping Machine freigibt - einem Drucker also, der dreidimensionale Objekte herstellt. Jetzt muss er einige Stunden warten, dann kann Martin Stevens das Plastiktier mit nach Hause nehmen – klingt umständlich, ist aber ein erheblicher Fortschritt. Denn bislang war der Entwurf komplexer 3-D-Gebilde am Computer Maschinenbauern, Technikern oder Architekten vorbehalten. Die mussten sich laut Martin Stevens zunächst einmal in die Handhabung der komplizierten Design-Software einarbeiten. Seine Londoner Firma A1-Technologies hingegen stelle genau die günstige und einfach zu bedienende Technik her, die ein Fab Lab brauche.

"Erst einmal haben wir hier einen Laserscanner. Wenn wir ein reales Objekt haben, und wir wollen ein digitales Modell davon haben, müssen wir es scannen, so wie hier den Elefanten aus Holz, den wir jetzt auf dem Bildschirm sehen..."

Auf einem zweiten Bildschirm dreht sich gerade ein weiteres Gebilde: das Modell eines menschlichen Kopfes. Anders als beim Elefanten existiert hierzu jedoch keine reale Vorlage:

"Das ist die zweite Möglichkeit des 3-D-Designs für Leute, die nicht die bisherige komplizierte CAD-Software nutzen wollen. Wir nennen dieses Programm das 'Chameleon', weil wir hier Dateien oder Objekte herein laden und sie dann verändern können. Das ist ideal für Leute, die auf einfache Weise 3-D-Design lernen und damit arbeiten wollen."

Ideal also auch für Fab Labs - auch weil die neue Technik erschwinglich geworden ist. Laut Martin Stevens sind Laser-Scanner, Software und 3-D-Drucker zusammen für unter 2000 Euro zu haben.

Ein gutes Drittel des blauen Plastikkopfes ist schon fertig gedruckt - 3-D-Designer wie Fotograf und Künstler Karsten Joost sprechen auch von "Plotten":

"Wenn man sich vorstellt, wie ein zweidimensionaler Papierdrucker funktioniert, da fahren ja Druckköpfe hin und her über das Papier. Und beim Plotten muss man sich das so vorstellen, dass Partikel geschichtet werden, also dass beim Pulverplotter zum Beispiel die kleinen Partikel an den Stellen, wo was stehen bleiben soll, geklebt werden, und dann geht man anschließend wie ein Archäologe hin und saugt die überschüssigen Partikel weg. Dann haben wir dreidimensionale Modelle - es ist zuallererst Kunststoff, dann gibt es aber auch Gips-Plotter, inzwischen gibt es auch Plotter für Metalle und andere Materialien."

Rund 50 Fab Labs gibt es inzwischen weltweit, vier davon in den Niederlanden, in Deutschland wurde das erste Fab Lab im Dezember an der Technischen Universität Aachen gegründet. Ganz wichtig ist dabei der Open-Source-Gedanke: Alle Fab Labs sind untereinander vernetzt, organisieren Videokonferenzen und teilen ihr Wissen über neue Entwicklungen. Jeder hat Zugang zu PCs und Maschinen, seien es Künstler oder Ingenieure, die die Technik für Entwürfe nutzen, oder Lehrer mit Schulklassen, die Workshops im Fab Lab machen.

Letztlich, betonen die Bremer Fab-Lab-Gründer, gehe es um eine Art Demokratisierung von Produktionstechniken.

Auf dem Weg dorthin seien Fab Labs aber nur eine Etappe, sagt René Bohne, der das andere deutsche Fab Lab in Aachen betreut.

"Fab Labs sind die Vorreiter, und bald wird es so sein, dass jeder seinen 3-D-Drucker zu Hause stehen haben wird und dann selbst einfach seine Sachen ausdruckt, personal fabrication genannt. Zum Beispiel: Ein Gerät ist kaputt gegangen, es ist etwas herunter gefallen, der Kunststoff von der Hülle ist kaputt gegangen, von der Fernbedienung zum Beispiel. Jetzt kann man eine neue Fernbedienung kaufen, und das kann sehr aufwendig sein, oder man druckt sich innerhalb von Minuten eine neue Fernbedienungshülle mit dem ABS-Kunststoffdrucker."

Oder uns gefällt ein Lampenschirm nicht mehr, und wir entwerfen und drucken einfach einen Neuen. Fragt sich nur: Was sagen Ikea, Sony & Co. dazu, wenn wir alle irgendwann unsere eigenen Produkte im heimischen Wohnzimmer herstellen und quasi zu "Prosumenten" werden?

"Das ist natürlich eine spannende Frage, wo man abwarten muss, wie die Hersteller auf diesen Zug aufspringen oder eben auch nicht und das verschlafen wie die Musikindustrie seinerzeit. Copyright wird eine große Frage sein. Möchten Hersteller, dass ich es vervielfältige? Wo sind die Rechte der Privatpersonen? Darf ich zu Hause Sachen nachbauen, oder hat da jemand ein Patent oder einen ähnlichen Schutz drauf? Das werden spannende Fragen für die Zukunft - wir sind ja noch nicht weit genug."
René Bohne betreut das Fab Lab in Aachen.
René Bohne betreut das Fab Lab am Lehrstuhl Informatik der RWTH Aachen.© Technische Universität Aachen