Barres Sturz vor 25 Jahren

Das Ende des Diktators von Somalia

Der somalische Präsident Siad Barre während der Islamischen Weltkonferenz im Januar 1981 in Riad
Der somalische Präsident Siad Barre während der Islamischen Weltkonferenz im Januar 1981 im saudi-arabischen Riad. © picture alliance / dpa / Biber
Von Bettina Rühl · 27.01.2016
Über 20 Jahre lang hatte Somalia keine Regierung. Die jetzige kontrolliert immer noch nicht das ganze Staatsgebiet. Am Anfang von Bürgerkrieg und Chaos in dem ostafrikanischen Land stand im Januar 1991 der Sturz des Diktators Siad Barre.
"Guten Abend, meine Damen und Herren, sicherlich haben Sie es bereits in den Nachrichten gehört: Der somalische Präsident Barre ist heute nach Abu Dhabi geflohen. Offiziell bestätigt wurde diese Meldung bislang noch nicht. Wenn sie zutrifft, dann dürfte das Ende eines gnadenlosen Bürgerkrieges abzusehen sein."
Ein Trugschluss, der Bürgerkrieg in Somalia hält bis heute an. Aber am Morgen des
27. Januar 1991 stand fest: Die Herrschaft des langjährigen Diktators war beendet.
Am Vortag war Siad Barre aus der Hauptstadt Mogadischu geflohen.
"Ich bin einer von denen, die das totalitäre Regime Siad Barres gestürzt haben. Er hat uns mit seinem Geheimdienst und seiner Polizei unterdrückt, es gab weder Freiheit noch Demokratie. Siad Barre interessierte sich nur dafür, wie er sich und seinen Clan bereichern konnte."
Der kürzlich verstorbene Omar Olad leitete damals ein italienisch-somalisches Fischereiunternehmen. So bekam er den wirtschaftlichen Niedergang des Landes an einer Schaltstelle mit. Als Siad Barre geboren wurde - nach unterschiedlichen Angaben zwischen 1912 und 1921 - war der Süden Somalias mit der Hauptstadt Mogadischu italienische Kolonie.
1969 putschte sich Barre an die Macht
Barre ging zunächst zur Polizei, war im Rahmen seiner Ausbildung auch Carabiniere in Florenz. Später wechselte er zur Armee und putschte sich am 21. Oktober 1969 im inzwischen unabhängigen Somalia an die Macht. Um seine Herrschaft zu sichern, setzte er zunächst auf den Sozialismus, ließ sich von der UdSSR und China mit Waffen beliefern. 1977 wechselte er ins westliche Lager, wurde wiederum mit Waffen und mit Entwicklungshilfe belohnt. Zu bieten hatte der Diktator seine strategisch wichtige Lage am Golf von Aden - ein Trumpf im damals tobenden Kalten Krieg. Somalia blieb trotz aller Hilfe arm. Im Oktober 1980 erklärte Siad Barre das so:
"Somalia ist ein unglückliches Land. Kaum ein anderes Land ist so unvorteilhaft ausgestattet wie unser Land und unsere Nation."
Trotz des allgegenwärtigen Mangels in der Bevölkerung investierte der Diktator 70 Prozent aller Einnahmen ins Militär. Ende der 80er Jahre organisierten die Clans ihren Widerstand. Diese historischen Großfamilien waren die einzige Organisationsform, die Siad Barre zwar bekämpft hatte, aber nicht zerschlagen konnte.
Omar Olad gehörte zum USC, dem sogenannten "United Somali Congress", der Miliz des Hawiye-Clans. Der USC war vor allem in Mogadischu mächtig. Die übrigen Clans kämpften im Norden und Süden.
Nachrichten: "Die Rebellen im ostafrikanischen Staat Somalia haben die Kämpfe in der Hauptstadt Mogadischu nach der Flucht des Präsidenten Barre für beendet erklärt."
Clans zerfleischten einander
Doch das Schlimmste stand noch bevor: Der Diktator war kaum aus Mogadischu geflohen, da begannen die Clans, einander zu zerfleischen. Nach wenigen Monaten zerfiel auch der USC. Der Krieg zwischen Ali Mahdi und General Farah Aideed machte Mogadischu zu einem Trümmerfeld. Omar Olad kämpfte damals ohne Waffe, aber im politischen Flügel der Aideed-Fraktion:
"Siad Barre war ein Diktator, mein Traum war es, gegen sein Regime zu kämpfen. Ich halte das bis heute für legitim. Aber wir sind gescheitert. Das Regime war repressiv, aber was ist nach Barres Sturz passiert? Wir haben einen Hai getötet und damit 1000 Haie auf die politische Bühne gelassen."
Über 20 Jahre lang hatte Somalia keine Regierung. Und die jetzige unter Präsident Hassan Sheikh Mohamud hat immer noch nicht das ganze Staatsgebiet unter Kontrolle. Zwar ist die Zeit der Clan-gestützten Kriegsfürsten mittlerweile vorbei, aber dafür kämpft heute die islamistische Schabaab-Miliz gegen die weiterhin schwache Regierung. Die Milizionäre gehören zum Terrornetzwerk Al-Kaida, morden auch im benachbarten Kenia. Omar Olad war lange Leiter einer somalischen Hilfsorganisation. Er hatte das Gefühl, dem somalischen Volk etwas schuldig zu sein. Wegen des Krieges, der mit dem Sturz Siad Barres begann, obwohl die Aufständischen von Demokratie geträumt hatten.
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