Barocke Wiederentdeckung

Von Vincent Neumann · 08.07.2013
Haydn, Schumann, Dvorak, Schostakowitsch – beim Blick auf das Konzert-Repertoire eines Solo-Cellisten entsteht der Eindruck, es gebe nur eine Handvoll anständiger Werke für dieses Instrument. Dabei entdecken Wissenschaftler noch heute immer wieder "neue" alte Werke. Gleich 12 davon hat nun der Österreicher Martin Rummel gemeinsam mit der "Kölner Akademie" aufgenommen: die kompletten Cellokonzerte des Vivaldi-Zeitgenossen Andrea Zani.
Wiederentdeckt wurden die insgesamt zwölf Cellokonzerte von einer Musikwissenschaftlerin in Neuseeland, die – und das ist wohl einer der erstaunlichsten Nebeneffekte des Internet-Zeitalters – für ihre Nachforschungen das Land nicht einmal verlassen musste. Klanglich umgesetzt wurde die Entdeckung dann vom österreichischen Cellisten Martin Rummel, der diese Art der Pionier-Arbeit im Beiheft der Doppel-CD sehr blumig mit "dem beglückenden Gefühl" vergleicht, "das man beim Betreten eines sonnenbeschienenen Neuschneefeldes in den Bergen hat".

Innerhalb weniger Tage hat Rummel nach verhältnismäßig kurzer Vorbereitungszeit alle 36 Sätze der Zani-Konzerte eingespielt. Gemeinsam mit der Kölner Akademie verleiht er der - wahrscheinlich - seit Jahrhunderten nicht mehr gespielten Musik des Vivaldi-Zeitgenossen eine ungeahnte Frische und Spontanität, die ihr gut tut. Den Spaß und die Neugier an solch einer Weltersteinspielung hört man den Aufnahmen auf jeden Fall an. Auch wenn der Weg zum Standardwerk der Cello-Literatur ein weiter, vielleicht zu weiter sein dürfte – Martin Rummel ist mit dieser Einspielung der zwölf Konzerte von Andrea Zani eine willkommene Alternative zum üblichen Repertoire gelungen, das über rein akademisches Interesse weit hinausgeht.