BAP-Sänger Wolfgang Niedecken

"Ich bin entschlossener geworden"

Wolfgang Niedecken
Der Musiker Wolfgang Niedecken © Foto: Tina Niedecken
Wolfgang Niedecken im Gespräch mit Ulrike Timm · 14.07.2016
Mit seiner Band BAP ist Wolfgang Niedecken bekannt geworden. Der Sänger und Songwriter ist ein Musiker mit Haltung. Schon Mitte der 1970er-Jahre rebellierte er gegen autoritäre Strukturen. Und auch heute engagiert er sich - trotz Schlaganfalls vor fünf Jahren.
"Ohne Bob Dylan wäre ich nie auf die Idee gekommen, ein Lied zu schreiben", sagt Wolfgang Niedecken. Der Sänger und Songwriter ist ein Musiker mit Haltung. Schon Mitte der 1970er-Jahre rebellierte er gegen autoritäre Strukturen, einen alles Fremde ausschließenden Patriotismus und den Kalten Krieg. In Titeln wie "Kristallnaach" oder "Verdamp lang her" erzählt er Geschichten - politische und persönliche.
Es sind die Geschichten mehrerer Generationen. Und das, obwohl er seine Texte in Kölscher Umgangssprache verfasst. Oder gerade deshalb, denn sein spezifisches Gemisch aus Hochdeutsch, Kölschem Platt und Eifler Mundart wurde nicht als Hürde, sondern als sprachliches Authentizitäts-Siegel wahrgenommen. Auch außerhalb des Rheinlandes.
In diesem Jahr feiert BAP 40 Jahre Bandgeschichte und tourt derzeit durch Deutschland.
Wolfgang Niedecken ist 1951 in der Kölner Südstadt als Sohn eines katholischen Lebensmittelhändlers geboren und aufgewachsen. Er hat ohne Abitur Kunst studiert und wurde eher zufällig Berufsmusiker.
Obwohl er inzwischen aus der Kirche ausgetreten ist, steckt der Katholizismus tief in ihm drin. Er bezeichnet sich selbst als "rest-katholisch" – zur Orientierung reichten diese Werte:
"Ich muss mir keine Designer-Religion zulegen."

Das große Vorbild Heinrich Böll

Einer seiner großen Vorbilder ist Heinrich Böll, dessen politisch aufrechte Haltung er zutiefst bewundert:
"Er ist mir sehr, sehr heilig."
Es sei immer noch so, dass er sich frage, "was würde wohl Heinrich Böll darüber denken?" Dem Schriftsteller und Nobelpreisträger ist es auch zu verdanken, dass BAP – als erste deutsche Rockgruppe – 1987 in China gastierte. Einer der großen Zufälle in der Band-Geschichte, erinnert sich Niedecken im Gespräch mit Ulrike Timm:
"Heinrich Böll war gestorben; wir haben auf der Hommage gespielt, in Gürzenich; und dann kam Heinrich Bölls chinesische Übersetzerin und meinte, das wär ja so schön gewesen, was wir da gemacht hätten. Das müsste die Jugend Chinas doch auch mal erleben. Wir haben das für After-Show-Geschwätz gehalten, ehrlich gesagt, und wir haben gesagt: ja, mach mal alles klar, wir kommen dann. Und dann kam tatsächlich irgendwann die Frage, unser Manager sollte mal mit dem technischen Leiter vorbeikommen und mal gucken, welche Halle wir bespielen würden. Hallo, welche Hallen?
Ja gut, dann sind die da vorbei, und dann haben die Chinesen denen die größten Hallen vorgeführt, in Shanghai und Kanton; das waren 18.000er-Hallen! Das war 1987, China war komplett dicht, und es war großartig, das zu erleben, diesen Urknall, wie das ist, wenn Leute völlig unvoreingenommen mit einer Rockband konfrontiert werden. Wenn das passiert, das ist schon irre."

Niedecken verweigert sich dem Formatradio

Heute ist BAP eine echte Marke, auch weil Frontmann Niedecken sich treu geblieben ist: Er hat allen Diskussionen getrotzt, doch besser auf Englisch zu singen. Er verweigert sich den Vorgaben der Radiostationen, seine Songs nach bestimmten Formaten zu komponieren.
Und er erhebt seine Stimme immer noch gegen Rechts, auch gegen den aktuell wachsenden Populismus. Darin konnte ihn auch der Schlaganfall, der ihn vor fünf Jahren ereilte, nicht stoppen. Im Gegenteil:
"Ich bin entschlossener geworden."
40 Jahre BAP: Wolfgang Niedecken ist zu Gast bei Ulrike Timm. Beide lassen nicht nur eine faszinierende Band-Geschichte Revue passieren. Niedecken erzählt auch von seiner Jugendzeit in Köln, von der Bedeutung des Fußballs für die Band – und warum er seine Frau und seine Töchter beim Komponieren braucht.
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