Bankenskandal

    Harte Strafen im Libor-Skandal

    04.12.2013
    Die EU-Kommission hat gegen sechs große Banken, darunter auch die Deutsche Bank, eine Strafe von 1,7 Milliarden Euro verhängt. Jahrelang sollen sie Referenzzinssätze wie Libor und Euribor manipuliert haben.
    Wegen der Manipulation von internationalen Referenz-Zinssätzen hat die EU-Kommission am Mittwoch mehrere europäische und US-Großbanken mit einer Rekordbuße von insgesamt 1,7 Milliarden Euro bestraft.

    Allein auf die Deutsche Bank entfalle eine Buße von rund 725 Millionen Euro, teilte die Kommission am Mittwoch in Brüssel mit. Die französische Société Générale muss knapp 446 Millionen Euro nach Brüssel überweisen, auf die Royal Bank of Scotland entfallen 391 Millionen Euro. JP Morgan, Citigroup und RP Martin erhielten etwas niedrigere Strafen. Die britische Großbank Barclays und die Schweizer UBS gingen als Kronzeugen straffrei aus, weil sie die Zinsmanipulationen aufdeckten.

    Den Banken und ihren Händlern wird vorgeworfen, die Zinssätze zu ihren Gunsten manipuliert zu haben. Bei Libor und Euribor handelt es sich um Referenz-Zinssätze, die täglich ermittelt werden und als Grundlage für Finanzgeschäfte dienen. Sie beruhen auf Angaben der Banken über ihre Refinanzierungskosten.

    Ein Fähnchen mit dem Logo der Deutschen Bank ist an der Börse in Frankfurt am Main zu sehen.
    Logo und Fahne der Deutschen Bank an der Börse in Frankfurt (Main)© AP
    Negative Auswirkungen auch für Verbraucher
    Die Manipulationen dürften zu Lasten anderer Banken, von Unternehmen und Privatverbrauchern gegangen sein. Von der Entwicklung der Zinssätze ist eine Vielzahl von Finanzprodukten abhängig. So können sich etwa die Höhe der Zinsen für Festgeld daran orientieren oder die Renditen von Investment-Papieren wie Geldmarktfonds. Auch sind in verschiedenen Ländern Haus- oder Verbraucherkredite an die Referenzmarken gekoppelt.

    Wie Deutschlandradio-Korrespondent Jörg Münchenberg berichtet, muss die Deutsche Bank den größten Teil der Strafe hinnehmen, weil sie sowohl beim Libor wie auch beim Euribor an der Manipulation der Zinssätze beteiligt war. Die Strafe hätte sogar noch höher ausfallen können, jedoch habe sich die Deutsche Bank mit Wettbewerbskommissar Almunia auf einen Vergleich eingelassen. Dennoch sei es die höchste Kartellstrafe, die die Kommission jemals verhängt habe, so Münchenberg in seinem Bericht.

    Libor und EuriborBei den beiden geheimnisvoll klingenden Begriffen handelt es sich um die Bezeichnung für internationale Referenzzinssätze, nach denen die Banken ihre Zinsen für Kreditgeschäfte, also auch für Konsumentenkredite, berechnen.Der Libor ("London InterBank Offered Rate") ist ein Interbanken-Kredit, der seit 1980 immer vormittags in der britischen Hauptstadt festgelegt wird und vor allem für Dollar-Kredite sehr wichtig ist. Er entspricht dem durchschnittlichen Zinssatz, den Banken erheben, wenn sie sich untereinander Geld borgen. Grundlage der Berechnung sind die Angaben der 18 größten Banken. Um Manipulationen zu vermeiden, werden bei der Berechnung der höchste und der niedrigste Wert gestrichen. Aus den übrigen Angaben wird ein Mittelwert gebildet.Der Euribor ("Euro InterBank Offered Rate") wird ganz ähnlich gemittelt und ist für Euro-Geschäfte relevant. Er wurde 1999 mit dem Euro eingeführt und wird täglich in Brüssel festgesetzt. Die Zahl der befragten Banken liegt mit 31 deutlich höher als beim Libor. Dennoch soll es auch hier Manipulationen gegeben haben.
    Der Europa-Abgeordnete Sven Giegold (Bündnis90/Die Grünen) warf der Deutschen Bank kriminelle Machenschaften vor. Eine Mitschuld am Zins-Skandal gab der Mitbegründer der deutschen Attac-Sektion aber auch der Bundesregierung. Sie habe sich geweigert, auf europäischer Ebene gegen Marktmanipulationen vorzugehen. Zudem setze sie sich nicht entschieden genug für die geplante Bankenregulierung ein, sagte Giegold am Mittwoch im Deutschlandfunk.
    Manipulierte Währungskurse
    Kurz vor Bekanntwerden der von der EU verhängten Strafe hatte die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch über einen neuen Verdacht gegen verschiedene Geldhäuser berichtet. Demnach sollen große Banken versucht haben, den Kurs von Währungen zu manipulieren. Die Finanzbehörden in Europa, den USA und Asien würden ermitteln.

    Dem Bericht zufolge sollen die Banken den Kurs von Währungen zu einer bestimmten Uhrzeit beeinflusst und mit Hilfe von Kurswetten entsprechende Gewinne verbucht haben. Erhärte sich der Verdacht, könne der Skandal größere Ausmaße annehmen als der Libor-Skandal, bei dem Banken die Referenzzinsen manipuliert hatten.

    Erste Anhaltspunkte in Sachen Währungsmanipulation hätten sich bereits im Oktober ergeben, als die Schweizer Finanzaufsicht mitgeteilt hatte, gegen mehrere Schweizer Institute zu ermitteln. Allerdings war nicht klar, welchen Umfang die Manipulationen haben könnten.

    Anders als beim Libor- und Euribor-Skandal, bei dem bis zu zehn Banken jahrelang internationale Zinssätze wie Libor und Euribor manipuliert haben sollen, sind deutsche Banken bislang offenbar nicht betroffen. Wie der Chef der deutschen Bankenaufsicht Bafin, Raimund Röseler, sagte, gebe es dafür bislang "keine Anhaltspunkte". Die Untersuchungen seien aber noch nicht beendet.

    Die Deutsche Bank hat laut Informationen der Zeitung umfangreiche interne Ermittlung aufgenommen. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte der "Süddeutschen": "Sollten sich die ersten Vermutungen bestätigen", könne es nötig werden, die Regeln für den Devisenmarkt zu ändern.
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