Banane: In der Pfeife geraucht

22.03.2009
Beim Obsteinkauf steht die Banane in Deutschland an zweiter Stelle, nach den allenthalben umworbenen Äpfeln. Die Verfügbarkeit von Bananen war jahrzehntelang das Symbol der Systemunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Denn im Westen ist sie gleichermaßen beliebt wie im Osten. Nicht umsonst steht sie auch in Japan auf Platz eins. Da liegt die Frage auf der Zunge:
Warum ist das so? Die Banane ist aus biologischer Sicht eine säugerverbreitete Frucht. Viele Pflanzen bieten den Tieren ihr Saatgut zum Fressen an. Die Tiere fungieren als Spediteure der geschützten Samen und erhalten als Lohn das Fruchtfleisch. Nun müssen sich die Pflanzen entscheiden, wem sie ihr Saatgut andienen wollen. Es macht einen großen Unterschied, ob sie Vögeln oder Säugetieren dargeboten werden. Die einen haben einen kleinen spitzen Schnabel, die anderen ein viel größeres Maul mit Zähnen. Vögel können Farben bis in den UV-Bereich sehen, Säuger sind vielfach nachtaktiv und sehen die Welt nur schwarz-weiß - der Mensch ist hier eine Ausnahme.

Unsere ganzen bunten heimischen Beeren sind vogelverbreitet und an den Verdauungstrakt des Federviehs angepasst. Deshalb sind manche Beeren wie vom Seidelbast oder der Tollkirsche für uns Menschen giftig. Säugerverbreitetes Obst ist groß, hat eine feste Schale und ist in farblicher Hinsicht völlig unauffällig: meist grün bis bräunlich. Beispiele sind Avocados oder Ananas.

Was man von den Bananen nicht gerade behaupten kann: Die grün-braunen Bananen sind für unsere Sehgewohnheiten umgezüchtet worden, weil es in Ländern mit Winter vor allem buntes, vogelverbreitetes Obst gibt. Überall dort, wo es einen Winter gibt, dienen vor allem Zugvögel als Verbreiter. Wenn es kalt wird, hauen die ab. In den Tropen ist das anders. Deshalb gibt es dort reichlich säugerverbreitetes Obst wie zum Beispiel die Banane. Die ist für das Säugetier Mensch "designed".

Aber warum hat sich gerade die Banane unter den vielen tropischen Früchten durchgesetzt? Das hängt mit ihren Inhaltsstoffen zusammen - nicht den "wertvollen" Vitaminen oder sonst was, sondern einer ganz speziellen Art von Wirkstoffen: Substanzen, die die Stimmung des Menschen beeinflussen. Vielleicht erinnern sich unsere Hörer noch an die 70er-Jahre, als die Hippies Bananenschalen rauchten. Country-Sänger Joe McDonald hat das 1966 in Berkeley popularisiert, nach dem Konzert waren die Bananen ausverkauft. Kurz darauf erschien Mellow Yellow von Donovan. Der Song wurde ebenfalls als Lied über die psychedelischen Effekte der Bananenschale gewertet. Der Musiker erklärte später, es ginge darin um einen Vibrator.

Was ist dran an diesen Parolen? Die können Sie getrost in der Pfeife rauchen. Einfach deshalb, weil nur der Verzehr der Frucht wirkt, aber nicht das Schalen-Pfeifchen. Die Banane weist beachtliche Gehalte an Serotonin, Dopamin und Noradrenalin auf. Das sind Neurotransmitter - also Botenstoffe im Gehirn. Allerdings werden die im Normalfall bereits im Verdauungstrakt unschädlich gemacht. Im Falle der Banane ist das anders: Denn sie enthält mindestens eine Substanz, das sogenannte Salsolinol, das die Verstoffwechselung bremst. Wer Bananen verzehrt, hat danach einen erhöhten Serotoninspiegel im Blut. Dadurch entfaltet die Banane einen antidepressiven Effekt. Nicht umsonst zieht der Abverkauf von Bananen bei schlechtem Wetter deutlich an.

Was ist Salsolinol? Das ist ein Alkaloid, das seinerseits Effekte auf die Psyche entfaltet. Es entsteht durch die Reaktion von Dopamin mit dem Aromastoff Acetaldehyd in der Banane - genau da, wo die dunklen Flecken sind. Der Acetaldehyd reagiert auch noch mit anderen Botenstoffen. Es entstehen Verbindungen, die letztlich den Drogen zugerechnet werden, namentlich den Harmanen. Der Acetaldehyd ist unter anderem ein Abbauprodukt von Alkohol, der in reifen Bananen in einer Dosis von fast einem Prozent enthalten sein kann.

Das klingt so, als ob Bananen süchtig machen könnten? Es ist sicher kein Zufall, dass Suchtpatienten gerne Bananen essen. Aber der springende Punkt ist, dass für Abhängigkeit wenig Spielraum besteht: Denn die Verzehrsmengen, die an Bananen erforderlich wären, um einen richtigen Kick zu verspüren, sind für den Magen eines Menschen viel zu groß. Dank dieser Wirkstoffe wurden Bananen zu einem Welterfolg, damit vermochten sie sich an die Spitze des Obstkonsums zu setzen. Aber sie machen eben so wenig "süchtig" wie Kaffee oder Bratwürste.


Literatur:
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Kanazawa K, Sakakibara H: High content of dopamine, a strong antioxidant, in Cavendish banana. Journal of Agricultural and Food Chemistry 2000; 48: 844-848
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Pollmer U et al: Prost Mahlzeit! Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002