Balbina Tourauftakt

Sperriger Pop zum Anfassen

Die Musikerin Balbina bei ihrem Tour-Auftakt zu ihrem Album "Fragen über Fragen" in Leipzig.
Die Musikerin Balbina bei ihrem Tour-Auftakt zu ihrem Album "Fragen über Fragen" in Leipzig. © Deutschlandradio - Sandro Schroeder
Von Sandro Schroeder · 29.03.2017
Auf ihrem neuen Album "Fragen über Fragen" kommt Balbina ohne die gängigen Pop-Klischees aus. Für ihre eigenwilligen Texte wird sie deswegen als mutigste Künstlerin des deutschen Pop gehandelt. Ein Besuch beim Tourauftakt in Leipzig.
Nicht erst seit ihrem neuen Album "Fragen über Fragen" ist Balbina ein Liebling der Feuilletons. Für ihre eigenwilligen, teils sperrigen Sprachbilder, ihre schrillen Outfits und ihre gesamte Inszenierung erntet die 34-Jährige mit der Alt-Stimme viel Lob - aber kassiert genau dafür auch Kritik.
Auf dem aktuellen Album wird die 34-Jährige von einem Orchester begleitet, was stellenweise nach kitschiger Film-Musik von Disney klingt. Deutlich bodenständiger - musikalisch wie optisch - ist der Tour-Auftakt auf der kleinen Theater-Bühne des "Neuen Schauspiel" in Leipzig. Quasi Pop zum Anfassen.

Aktuelle und alte Songs, neu gedacht

Begleitet von einer Band-Besetzung aus Gitarre/Bass, Synthesizer und Schlagzeug klingen die opulenten Balbina-Songs live im direkten Vergleich beinahe minimalistisch und deswegen zugänglicher als auf dem Album. Die Musikerin trägt ein für ihre Verhältnisse unauffälliges Outfit, ganz ohne die gewohnten bunten Farben und Tellerröcke.
Balbina beim Tour-Auftakt in Leipzig: Zum Anfassen nah und bodenständiger als die Album-Version mit Orchesterbegleitung.
Balbina beim Tour-Auftakt in Leipzig: Zum Anfassen nah und bodenständiger als die Album-Version mit Orchesterbegleitung.© Deutschlandradio - Sandro Schroeder
Zur Eröffnung spielt das Quartett auf der Bühne einige Stücken vom aktuellen Album, darunter das beim Publikum beliebte "Der gute Tag" sowie "Das Mittelmaß" - ihr eigener Lieblingssong, wie die Künstlerin auf der Bühne gesteht.
Mal ganz davon abgesehen, ob eigenwillige Sprachbilder wie "Ich bin so weich, wie Drei-Minuten-Ei, Kartoffelbrei" gefallen, muss man Balbina lassen: Sie ist eine Pop-Musikerin, die live alle Töne treffen und halten kann, die auf ihrem Album zu hören sind.
Der gesamte Auftritt ist zweigeteilt, die Künstlerin kündigt ein "Konzert im Konzert" an, mit alten Liedern in neuen Arrangements. Ein guter Kompromiss zwischen dem aktuellen Album und älteren Titeln wie "Seife" und "Nichtstun", bei denen Publikum und Künsterlin dann langsam auftauen.

Inszeniert, aber nahbar

So wechselt auch die Künstlerin zwischen zwei Versionen von Balbina: Zwischen der frostigen, starr inszenierten Künstlerin, die mit überdeutlicher Aussprache wie einstudierter Gestik singt und dabei besonders in den Passagen mit tiefer Alt-Stimme an eine Opernsängerin erinnert.
Neben dieser Kunstfigur taucht im Laufe des Konzert die zweite Balbina immer häufiger auf: die lockere, nahbare Musikerin. Die zu zwei Kindern in der ersten Reihe sagt: "Wenn ihr wollt, könnt ihr auch hier auf der Bühne tanzen. Da ist mehr Platz."
Die gegen Ende des Konzerts lauter, mit mehr Emotion und weniger Inszenierung singt. Die sich am Ende ausführlich bei jedem Band-Mitglied bedankt, bis zum Mann am Mischpult. Die das Publikum einlädt, "nach der Show vorbeizukommen" - für Selfies und ein persönliches Hallo. Sperriger Pop zum Anfassen halt.
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