Bahnstreik

Jedes Recht bringt auch Pflichten mit sich

Streikende Lokführer - viele Gewerkschaften sehen die Pläne zur Tarifeinheit kritisch
Streikende Lokführer - viele Gewerkschaften sehen die Pläne zur Tarifeinheit kritisch © dpa / picture-alliance / Peter Endig
Von Michael Braun · 05.11.2014
Die Franzosen haben letztes Jahr 150 Arbeitstage gestreikt, die Dänen 106. Und die Deutschen? 16. Michael Braun findet die Aufregung hierzulande unverhältnismäßig. Schließlich solle nicht der Staat diktieren, wer Verhandlungen führen darf.
Du meine Güte: Pro tausend Beschäftigten sind in den letzten Jahren hier jährlich 16 Arbeitstage durch Streik ausgefallen. In Frankreich waren es 150, in Dänemark 106. Hier also 16. Und wenn es nun doch mal härter wird, dann sollen die Gerichte Streiks verbieten und die Arbeitsministerin will gewerkschaftliche Verhandlungsmandate einschränken. Ist das verhältnismäßig?
Ein Betrieb, ein Tarifvertrag, das will die Ministerin. Das wollen die Arbeitgeber. Aber Arbeitgeber haben es in der Hand, sich die Betriebe zurechtzuschneiden. Bei der Bahn gibt es mehr als 300 Betriebe. Gut möglich, dass es noch viel mehr würden, wenn die Chance bestünde, damit gewerkschaftsfreie Räume herzustellen.
Wer darf für sein Unternehmen verhandeln?
Mit Ausgründungen, Auslagerungen und anderen Formen der Tarifflucht haben Arbeitgeber angefangen. Soll jetzt der Staat per Gesetz festlegen, wer in seinem Unternehmen, der Bahn, für wen Tarifverhandlungen führen darf? Was ist, wenn andere Großaktionäre das für ihr Unternehmen auch verlangen?
Das geht an den Kern der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit. Da muss man kein Freund der GDL sein, um ihr beizustehen.
Aber natürlich bringt jedes Recht auch Pflichten mit sich. Die Lokführer haben sogar eine besondere Verantwortung. Denn sie bestreiken die Infrastruktur eines ganzen Landes. Am Ende muss ein Tarifvertrag für die Zugbegleiter her, unter dem drei Unterschriften stehen: neben der des Arbeitgebers die der beiden konkurrierenden Gewerkschaften, geleistet unter immensem Einigungsdruck, aber aus freien Stücken.
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