Bahnchef: Das umweltfreundlichste Verkehrsmittel

04.07.2010
Die Bahn werde in Deutschland durch Steuern und Abgaben gegenüber anderen Verkehrsträgern benachteiligt, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Bahn AG bei der ZEIT-Matinée in Hamburg, einer gemeinsamen Veranstaltung der Wochenzeitung ZEIT und Deutschlandradio Kultur.
Die Bahn müsse als einziger Verkehrsträger eine CO-2-Emmissionssteuer zahlen und werde ab 2013 durch die dritte Periode des Emissionshandels zusätzlich belastet. Zudem zahle sie Stromsteuer und Mehrwertsteuer. "Die ganzen Fensterreden, dass mehr Verkehr auf die Schiene muss, glaube ich nicht mehr, solange die Politik nicht endlich Fakten schafft. Hier wird das transporteffizienteste und gleichzeitig umweltfreundlichste Verkehrsmittel, das wir haben, wirklich schlechter behandelt", sagte Grube. Auf der Bahnstrecke Frankfurt – Berlin betrage diese Benachteiligung immerhin 23 Euro. Er wolle andere Verkehrsträger nicht schlechterstellen als jetzt, sondern gleiche und damit faire Bedingungen für alle, so der Bahnchef.

Auch im europäischen Personenschienenverkehr sieht Grube sein Unternehmen im Nachteil. Andere Länder wie beispielsweise Frankreich hätten die EU-Gesetze zur Öffnung des Personenschienenverkehrs für ihr eigenes Land nicht umgesetzt. Das habe zur Folge, dass Frankreich auf dem liberalisierten deutschen Markt im Regionalverkehr immer mehr an Boden gewinne – und zwar durch schlechte Bezahlung des Personals, die zum Teil 30 bis 40 Prozent unter deutschem Standard liege. "Ein Lokführer von diesen Firmen verdient teilweise weniger als ein Hartz-IV-Empfänger", sagte Grube. Es kann doch nicht sein, dass Frankreich Wettbewerb bis zum Umfallen macht, obwohl es europäische Gesetze gibt." Hingegen seien deutsche Bahnunternehmen im ausländischen Personenverkehr in viel geringerem Maße vertreten.

In naher Zukunft werde die Bahn die "schnittstellenlose Mobilität" weiter ausbauen, kündigte Grube an: "Die Zukunft wird ohne Ticketschalter sein." Damit würden Wartezeiten wegfallen. Der Kunde könne sich dann dank eines Chips im Smartphone verkehrsübergreifend im "touch-and-travel"-System bewegen. Die jetzt schon in Brandenburg und an der Ruhr angewandte Technik werde flächendeckend auf ganz Deutschland ausgeweitet.

Der Bahnchef kündigte zudem eine Erneuerung der ICE- und IC-Flotte an. Dies werde ein "Fünf-Milliardenauftrag" für die deutsche Industrie, der "höchstwahrscheinlich an Siemens" gehe. Insgesamt zog Grube eine positive Bilanz der Bahnreform von 1993/94. Sie habe das Unternehmen wesentlich effizienter gemacht.
Der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche, sieht die Automobilindustrie vor einem "dramatischen Umbruch" mit großen Chancen und großen Herausforderungen. "Wir stehen am Anfang der individuellen Automobilität", sagte Zetsche angesichts der neuen Märkte in China und Indien, die einen "technologischen Paradigmenwechsel" erforderten. "Es ist völlig undenkbar, dass die nächsten 800 Millionen Autos so fahren wie die heutigen", so der Daimlerchef.

Zetsche stellte ein Drei-Liter-Auto der S-Klasse in Aussicht, das in drei Jahren auf dem Markt sein werde. Dieses Auto werde von einem sogenannten Plug-in-Hybrid angetrieben und könne 40 Kilometer – und damit etwa die Hälfte des Einsatzes beim normalen Gebrauch - mit reiner Elektroenergie fahren. Für weitere Strecken werde es einen effizienten Verbrennungsmotor haben. Zudem habe aber auch die Premium-Kategorie weiterhin ihre Berechtigung. Das "grüne Luxusauto" könne ohne Protz auskommen und durch eine besondere Umweltfreundlichkeit "Genuss ohne Reue" anbieten. Viele Menschen seien heute bereit, mehr Geld auszugeben, wenn sie damit einen Beitrag für das Gemeinwesen leisteten.

Wenn die Automobilindustrie ihr Ziel erreiche, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen, seien davon erst zwei Prozent der Fahrzeugflotte betroffen. Die Industrie müsse neben der Entwicklung von elektrischen Antrieben weiter an der Effizienz der Verbrennungsmotoren arbeiten und sehr viel Geld in die Hand nehmen, so Zetsche.