Bäume statt Dünger

Von Udo Pollmer · 31.08.2013
Ein uraltes Anbausystem der Malawi könnte Trockenzonen der Welt zu mehr fruchtbarem Land verhelfen - ganz ohne Chemie und teure Technik. Mithilfe des Anabaums gelingt es immer mehr afrikanischen Bauern, ihre Erträge deutlich zu erhöhen und neues Ackerland zu gewinnen.
Alles in allem noch mal Schwein gehabt, möchte man sagen, schließlich hat der Anbau von Energiepflanzen viel wertvolles Ackerland der Nahrungsmittelproduktion entzogen. Die Verluste an Fläche konnten offenbar durch moderne Technik ausgeglichen werden. Aber der Fortschritt ist nur einer der Gründe für den Erfolg. Australische Wissenschaftler haben eine weitere Ursache ausgemacht. Sie wunderten sich darüber, dass die Vegetation generell besser gedeiht. Wie Satellitenbilder zeigen, sind nicht nur die Weiden satter, auch die Wüsten wurden grüner. Als Grund gilt die Zunahme des Kohlendioxids in der Luft. Kohlendioxid ist ein Düngemittel. Noch wichtiger ist allerdings, dass Kohlendioxid den Pflanzen hilft, Wasser zu sparen. So überstehen sie Dürreperioden besser.

Nicht nur in Australien sind die Wüsten auf dem Rückzug. Auch die Sahelzone wird seit 1982 wieder grüner und die Sahara schrumpft, auch weil es mehr geregnet hat. Natürlich ist die Wüste noch himmelweit entfernt von jenem Zustand, in dem sie sich vor 6.000 Jahren befand: Damals war die Sahara eine fruchtbare Savanne mit Wäldern. Allerdings soll damals auch die Temperatur um zwei Grad höher gewesen sein. Etwas verkürzt gesprochen, bedeutet eine höhere Temperatur auch eine stärkere Verdunstung an der Meeresoberfläche und das wiederum hat vermehrte Regenfälle zur Folge.

In Afrika wächst die Hoffnung - auch dank der "immergrünen Revolution". Begonnen hat sie mit einem Mimosengewächs, dem Anabaum, auch Weißholz genannt. Der Anabaum spielt die tragende Rolle in einer Anbaumethode, die seit Generationen in Malawi genutzt wird. Der bis zu 30 Meter hohe Baum entwickelt ein tiefgründiges Wurzelsystem. Das schützt ihn in der Trockenheit und lockert den Boden. Sein entscheidender Vorteil ist jedoch die Fixierung von Luftstickstoff. Er produziert ständig Dünger.

Der Anabaum liefert nicht nur reichlich Nährstoffe, sondern spendet auch Schatten – und zwar auf eine ganz besondere Weise: Während der Trockenzeit bleiben die Blätter am Baum – erst wenn der Regen kommt, wirft er das Laub ab. So sind die Felder das ganze Jahr über grün – im Sommer schützt das Blätterdach vor der sengenden Sonne und in der Regenzeit gelangt das Nass ungehindert auf die Felder.

Es ist beeindruckend, wie gut der Mais unter den Bäumen gedeiht. Die Erträge verdoppeln sich - ohne dass dafür Agrochemie erforderlich wäre. Das spart den Landwirten in den bettelarmen Ländern Geld. Geld, das sie eh nicht hätten. Zu Beginn werden auf einem Hektar etwa 160 Bäumchen gepflanzt, die dann im Laufe der Jahre auf 25 Stämme pro Hektar ausgedünnt werden. Das Holz dient als Bau- und Heizmaterial. Die eiweißreichen Früchte ergeben ein gutes Futter – und können in der Not auch vom Menschen gegessen werden.

Dieses Anbausystem breitet sich nicht nur in Afrika aus, es hat bereits Asien und Südamerika erreicht. Inzwischen sind weitere Baumarten integriert worden, die sich für Standorte eignen, an denen der Anabaum nur schlecht gedeiht. Millionen von Hektar werden so bewirtschaftet – manchmal sogar von staatlichen Programmen unterstützt. Endlich ist es möglich, neues Ackerland zu gewinnen und die Ernten zu steigern, ohne von westlicher Technologie oder Kapital abhängig zu sein. Und auch ganz ohne Extraportion Kohlendioxid. Das klingt doch alles sehr appetitlich. Mahlzeit!


Literatur:

- Food and Agriculture Organization of the United Nations: World cereal production set to reach historic high in 2013. Pressemeldung vom 11. Juli 2013
- Donohue RJ et al: Impact of CO2 fertilization on maximum foliage cover across the globe's warm, arid environments. Geophysical Research Letters 2013; 40: 3031-3035
- Schröder T: Die Wüste grünt. Max-Planck-Forschung 2011; H.4: S. 80-87
- Mueller P: The Sahel is greening. GWPF-Report. Briefing Paper 2, London 2011Castañeda IS et a.: Wet phases in the Sahara/Sahel region and human migration patterns in North Africa. PNAS 2009; 106: 20159–20163
- Stapleton P: EverGreen agriculture: re-greening Africa’s landscape. World Agroforestry Center, Februar 2013
- Sosola BG et al: Evergreen Agriculture: Extension Manual for Farmers and Extension Workers in Malawi, World Agroforestry Centre, Lilongwe (Malawi) 2011
- Garrity DP et al: Evergreen agriculture: a robust approach to sustainable food security in Africa. Food Security 2010; 2: 197-214
- Belachew W: Ethiopia: Why Faidherbia is considered a promising tree? Ethiopian Press Agency, Adis Ababa 17. November 2012
- Hadgu KM et al: Current extent of Evergreen Agriculture and Prospects for Improving Food Security and Environmental Resilience in Ethiopia. International Journal of Agricultural Sciences 2011; 1: 6-16
Mehr zum Thema