Avatare, sprechende iPads und mehr

03.03.2011
In Halle 9 der CeBIT zeigen Universitäten, Forschungseinrichtungen, aber auch forschende Unternehmen ihre Entwicklungen. Michael Engel nimmt Sie mit auf einen Rundgang.
Michael Engel: Was "Avatare" sind, das wissen wir ja spätestens seit dem 3-D-Kino-Kassenschlager "Avatar" – nämlich eine künstliche Person, bzw. ein graphischer Stellvertreter für eine Person. So ein graphischer Stellvertreter ist auch hier auf der Cebit in der Forschungshalle 9 zu sehen - entwickelt von der Firma "SemVox" aus Saarbrücken: Auf einem stattlichen 40-Zoll-Monitor ist dieser "Avatar" eine Dame, die ein bisschen so aussieht wie eine Nachrichtensprecherin in Warteposition. Aber man sieht doch eben auch, dass es kein echter Mensch ist. Jochen Steigner von SemVox – was kann denn dieser "virtuelle Avatar" und wozu ist das Ganze gut?

Jochen Steigner: Unser Talking-Terminal, so nennt sich das Produkt, ist dafür gedacht an öffentlichen Plätzen – im Einzelhandel, in Museen, auf Messen, Flughäfen, Bahnhöfen den Menschen als Informationspunkt zu dienen. Für Fragen nach "wo liegen die Schrauben", "wo finde ich die Lebensmittel", "wo sind die Autopflegeprodukte", eben all das, was ein Mensch im öffentlichen Raum so wissen will, wenn er sich nicht 100-prozentig orientieren kann.

Engel: Und wenn dieser Avatar dann antwortet, dann bewegt sich ja nicht nur der Mund, sondern auch die Mimik ist verändert, er zwinkert auch mit den Augen?

Steigner: Ja, er zwinkert auch mit den Augen. Er, sie vielmehr, die Gloria, die kann sich auch als attraktive Frau präsentieren, indem sie sich durch die Haare fährt, oder wenn sie etwas präsentiert, dreht sie sich zur Seite, zeigt dorthin, wo jetzt gleich etwas passieren wird. Also es ist schon wie ein Moderatorin, aber eben virtuell.

Engel: Stellen Sie ihr doch bitte mal eine Frage!

Steigner: Was ist das Top-Thema auf der Cebit 2011?

Gloria-Avatar (automatisch generierte Sprachausgabe): Das Topp-Thema auf der Cebit 2011 heißt Work and Life with Clouder. Dabei handelt es sich um den Megatrend Cloude-Computing, der dynamisch die Hardware, Software und Service über ein Netzwerk wie zum Beispiel das Internet bereitstellt und nutzbar macht.

Engel: Das klang nun alles doch ziemlich technisch. Aber im realen Eintagseinsatz dieser Avatare denken Sie an Flughäfen, an Bahnhöfe?

Steigner: Ja absolut. Die Dame ist auch in der Lage über eine Anwesenheitserkennung zu realisieren, dass sich jemand in seiner Nähe befindet, und nimmt dann auch quasi die Scheu und baut den Kontakt quasi auf. Sie ist unser "Erstkontakt-Profi". Sie spricht die Leute aktiv an: "Hallo, guten Tag, was kann ich für Sie tun?"

Engel: Vielen Dank an Jochen Steigner.

Steigner: Bitteschön, gern.

Engel: Computer-Systeme, die informieren und helfen, das ist auch die Idee des "Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz" - ebenfalls in der Halle 9 – und nur ein paar Schritte von dem Saarbrücker Unternehmen entfernt. Neben mir steht Sven Schmeier vom DFKI-Projektbüro-Berlin. Und der hält gerade einen iPad in der Hand– einen Tablett-Computer - auf dem ein ganz besonderes Programm läuft: "iHelpyou" heißt die Software, die von ihm entwickelt wurde, und das deutet ja schon irgendwie darauf hin, das es darum geht, Menschen zu helfen?

Sven Schmeier: Genau, es geht hier um ein System, das für den Mensch-Mensch-Dialog geeignet ist. Und zwar immer genau dann, wenn die Partner nicht genau dieselbe Sprache sprechen. Das heißt, der Arzt spricht beispielsweise deutsch, der Patient spricht türkisch, und keiner kann den anderen verstehen, und unser System hilft dann bei der Verständigung zwischen den beiden Personen.

Engel: IHelpYou ist also dafür gedacht, Sie haben es ja schon angedeutet, für Notärzte und für Rettungsassistenten. Wie muss man sich das vorstellen?

Schmeier: Die Idee dabei ist, dass der Nothelfer oder der Rettungsassistent ein iPad dabei hat. Er kommt zu einem Ort, wo irgend etwas passiert ist. Ein medizinischer Notfall ist passiert. Jetzt ist der Patient, der dort liegt, Ausländer. Er spricht beispielsweise nur türkisch. Und da kommt jetzt unser System ins Spiel. Er nimmt sein iPad und kann den Patienten genau fragen, wie es ihm geht, wo die Schmerzen sind, was passiert ist.

Engel: Können wir uns das an einem Beispiel mal anhören?

Schmeier: Ja, selbstverständlich. Es gibt verschiedene Bereiche: Notfall unterwegs – Notfall zuhause. Wir gehen mal auf "Notfall unterwegs" und das erste, was der Rettungssanitäter macht oder der Arzt, er möchte sich vorstellen. Er sagt "Guten Tag, mein Name ist Doktor Meier."

iPad-Akustik-Ausgabe: Iyi günler, benim adım Dr Meier olduğunu.

Schmeier: Er sagt ihm noch, wir sind gekommen, um Ihnen zu helfen.

iPad-Akustik-Ausgabe: Size yardımcı olmak için buradayız.

Schmeier: Und fragt als nächstes: Warum haben Sie uns denn gerufen?

iPad-Akustik-Ausgabe: Neden çünkü bize çağrıda bulundular.

Engel: Wie viele Sprachen beherrscht eigentlich dieses System?

Schmeier: Theoretisch beherrscht es 26 Sprachen. Jetzt für die Cebit haben wir uns spezialisiert auf türkisch und auch englisch, weil wir dort die Dialoge in die Tiefe entwickelt haben. Die müssen jetzt noch in die anderen Sprachen übersetzt werden, und dann kann das System 26 Sprachen.

Engel: Vielen Dank an Sven Schmeier vom DFKI.

Schmeier: Bitteschön.

Engel: Dialogsysteme wie hier "IHelpYou", aber auch Avatare auf dem Flughafen oder im Baumarkt – sie werden uns in Zukunft wohl desöfteren begegnen. Und natürlich auch Roboter. Dieser hier – in menschlicher Größe und auf zwei Beinen stehend – verdient eine besondere Beachtung. Ein Roboter für daheim - für die Unterhaltung. Der Kerl macht faxen, äfft alles nach, tänzelt dabei, und singen kann er auch:

Roboter singt: "I’m singing in the rain."
Ein Roboter auf der CeBIT 2011
Ein Roboter auf der CeBIT 2011© Joachim Baumann
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