Autos sind die besseren Menschen

Rezensiert von Hans-Ulrich Pönack · 06.09.2006
Der neue Pixar-Animationsfilm "Cars", in dem Autos die Hauptrolle spielen, braucht etwas, um in Fahrt zu kommen, unterhält dann aber mit witzigen Anspielungen. In "Die Hausschlüssel" wird ohne Kitsch die Annäherung eines Vaters an seinen behinderten Sohn gezeigt. Vier Frauen Ende dreißig philosophieren in "Friends with Money" über ihr Leben.
"Cars"

USA 2005, Regie: John Lasseter, Stimmen: Daniel Brühl, Bettina Zimmermann, Christian Tramitz, Oliver Kalkofe, Mario Barth, ohne Alterbeschränkung

"Cars" von John Lasseter, ist der siebte animierte Spielfilm aus dem Erfolgshaus "Pixar", das ja inzwischen von "Disney" eingemeindet wurde. "Pixar", das sind die, die solche Hits wie "Toy Story" (1995), "Die Monster AG" (2001), "Findet Nemo" (2003) oder "The Incredibles - Die Unglaublichen" (2004) produzierten.

John Lasseter ist von Anfang an mit dabei und wurde gleich für den ersten computeranimierten Spaß "Toy Story" mit einem "Oscar" ausgezeichnet. Hier übrigens lohnt sich das pünktliche Kommen, denn schon der Vorfilm amüsiert prächtig: In "One Man Band" streiten sich zwei mittelalterliche Allround-Musiker um die "Goldene Spende" eines kleinen Kindes. Absolut irre!

Was man vom 116-minütigen Hauptfilm, zunächst, nicht gerade behaupten kann. Im Blick- und Mittelpunkt, natürlich, siehe Titel, Autos: Große, schöne, lange, kleine, breite, dicke, alte, junge, spritzige, gemütliche, erfahrene. Das Motto: Autos sind die besseren Menschen.

Mit Pupillen auf der Windschutzscheibe und einem breiten Grinsen auf der Stoßstange. Beseeltes Blech bevölkert die amerikanische Szenerie. Als vorlauter Angeber-Held plustert sich übermütig wie lauthals der rote Rennwagen Lightning McQueen auf. Ein netter Angeber, der sich schon ganz oben auf dem Erfolgstreppchen wähnt.

Doch dann gibt es eben die Wechselfälle des Lebens und unser Blechgeselle muss so etwas wie einen moralischen Ölwechsel vornehmen. Ungewollt, zufällig landet er in einem abgeschriebenen Kaff, wo zwar nette Autos leben, für die sich aber sonst niemand mehr zu interessieren scheint.

Gegend und Leute als Verlierer im Mikrokosmos von Kleinwagen, Oldies und Rostlauben. Dass die jedoch viel mehr draufhaben, als er anfangs glaubt, erfährt Lightning nun in einem emotionalen wie cleveren Schnellkurs von Lebenslektion: Erlebt die Bedeutung von Freundschaft, Solidarität und Liebe. Und empfindet viel Spaß samt ebensolchem Sinn. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Allerdings benötigt Lasseter fast eine gute Stunde, bis er in die komischen Puschen kommt. Nölt einfach zu lange mit der Einführung herum, während doch alles schnell erklärt ist. Hier hat sich der Liebhaber mit seinem Liebhaberprojekt nicht unter Kontrolle, mehrt sich viel zu lange aus. Um dann endlich das vergnüglich-ironische Tempo zu starten.

Mit herrlichen Anspielungen, ein VW-Bus als Spät-Hippie, der auf Jimi Hendrix steht, köstlichen Details, mit viel Charme und reichlich tollen Gaga-Gags. Zudem ist "Cars" eine Nostalgie-Hymne auf die "Mother Road" der USA, auf "Route 66"; fein-perfekt am Computer gebastelt.

Wie gesagt, die Chose braucht zu lange, bis sie in Fahrt kommt, dann aber gibt´s reichlich Lachgas. Während im Original Promi-Stimmen wie Owen Wilson, Helen Hunt, Paul Newman und der Rennfahrer Richard Petty zu hören sind, wurden für die deutsche Fassung einheimische Promis wie Daniel Brühl, Bettina Zimmermann, Oliver Kalkofe, Friedrich Schönfelder, Nadja Tiller und Mario Barth sowie auch Michael Schuhmacher und Mika Häkkinen eingesetzt.

"Die Hausschlüssel"

Italien / Frankreich / Deutschland 2004, Regie: Gianni Amelio, Darsteller: Kim Rossi Stuart, Andrea Rossi, Charlotte Rampling, ohne Altersbeschränkung

Gianni Amelio ist einer der interessantesten und bedeutendsten italienischen Gegenwartsregisseure, Jahrgang ´45, mit diversen hohen Auszeichnungen im In- und Ausland ausgestattet ("Offene Türen", "Gestohlene Kinder"). Hier erzählt er, in Form einer Seelen-Reise, eines Road-Movies in die Seelen der Protagonisten, von einem Vater, der erstmals seinem behinderten 15j-ährigen Sohn begegnet, als er ihn zu einer ärztlichen Untersuchung nach Berlin begleitet.

Zwei familiär verbundene fremde Menschen und ihre sensibel beobachteten Versuche, ihre Entfremdung zu überwinden. Zärtlich, einfühlsam, sehr emotional, aber eben ohne Kitsch und Dummheit(en); sehr nahegehend, berührend.

In dieser Co-Produktion aus dem Jahr 2004 überzeugen Kim Rossi Stuart als Vater, der 16-jährige Andrea Rossi als Sohn Paolo sowie Charlotte Rampling als couragierte Mutter eines ebenfalls schwerstbehinderten Kindes. Ein angenehm-stiller Film über die komplizierte Entwicklung einer spannenden zwischenmenschlichen Beziehung.

"Friends with Money"

USA 2006, Regie: Nicole Holofcener, Darsteller: Jennifer Aniston, Joan Cusack, Catherine Keener u.a., ohne Alterbeschränkung

Der Film ist nach "Walking And Talking" (1996) und "Lovely And Amazing" (2001) der dritte spezifische Frauen-Spielfilm der 46-jährigen Nicole Holofcener, die auch Episoden der auch hierzulande populären amerikanischen TV-Serien "Sex and the City" und "Gilmore Girls" drehte.

Hier: Dauer-Gequatsche. Von, mit, über "mittelalterlichen" Frauen, die sich Freundinnen schimpfen. Künstlicher Beziehungsstress. Zwischen Selbstgefälligkeit und Midlife-Krisen. Neurotische Dauer-Befindlichkeiten. Lahme wie humorlose Abfilmung ihres lästerlichen Gebabbels.

Drei sind stinkreich, eine hat den Lehrerinnen-Job aufgegeben und arbeitet nun als "Putze". Männer sind hier nur "Begleitung", ansonsten gibt es viel Frust und manchmal etwas Lust. Pointen sind rar; der Schauwert bei diesem Leinwand-Hörspiel ist null, auch wenn die 37-jährige Jennifer Aniston diesmal mit weniger Lächeln und ohne Fönfrisur auszukommen versucht.

Liebloses Bemühen um langweilige Ladies, die von immerhin "Oscar"-Preisträgerin Frances McDormand ("Fargo"), Joan Cusack ("Die Waffen der Frauen") und Catherine Keener ("Capote") bemüht vorgeführt werden. Im "Kultur-Spiegel" heißt es nett-pikant: "Tussi-Nabelschau mit beträchtlichem Nervfaktor".