Autor kritisiert BR-Pläne

Schleichender Tod der Literatur im Fernsehen?

Ein Schild mit dem Logo des Bayerischen Rundfunks steht am Donnerstag vor dem Funkhaus und Sitz des Bayerischen Rundfunks in München.
Die Pläne für ein neues Programmschema des Bayerischen Rundfunk stoßen auf Widerstand bei Literaturfreunden © picture alliance / dpa / Tobias Hase
Thomas Kraft im Gespräch mit Joachim Scholl  · 28.07.2015
Der Bayerische Rundfunk plant, die letzten Literatursendungen in seinem TV-Programm zu streichen. "Das ist fahrlässig", sagt der Vorsitzende des Bayerischen Schriftstellerverbandes, Thomas Kraft. Literatur habe im Fernsehen kaum noch Platz, brauche aber "die Macht der Bilder".
Die Intendanz des Bayerischen Fernsehens plant, die beiden Literaturformate "Lesezeichen" und "Lido" zum Jahresende zu streichen. Am Donnerstag tagt dazu der Rundfunkrat.
"Das ist fahrlässig und stimmt uns traurig", sagte der Vorsitzende des bayerischen Schriftstellerverbandes , Thomas Kraft, im Deutschlandradio Kultur über die Pläne.
"Das sind ohnehin schon die letzten Bastionen der Literatur im Bayerischen Rundfunk."
Der Sender wolle vor allem sparen. "Es drücken 22 Millionen Euro Schulden", sagte er. Außerdem brauche der BR viel Geld, um seinen in München-Freimann geplanten Neubau zu verwirklichen. "Bei der Kultur wird da immer am ehesten gespart", so Kraft weiter.
Schleichende Verdrängung der Literatur?
Der Bayerische Rundfunk hatte unserem Sender gegenüber erklärt, dass es weiterhin Literatur im Bayerischen Fernsehen geben werde, nur verteilt im Programm, nicht mehr in monothematischen Sendungen, sondern je nach Anlass und Aktualität im gesamten Programm, das sei zeitgemäß.
"Ich halte das für Augenwischerei", sagt Kraft. "Das ist ein schleichender Verdrängungsprozess, bis das ganz verschwunden ist, das versickert dann in irgendwelchen dunklen Kanälen."
Dabei würden solche Literatursendungen weiter gebraucht. "Wir sind wie die kleinen Gallier, die ihr Dorf verteidigen", sagte Kraft. "Die Literatur als stilles Medium hat es ohnehin in diesem lauten Platzkonzert schwer und da brauchen wir auch die Macht der Bilder." Das Fernsehen habe nun mal die größten Verbreitungsmöglichkeiten.
Es handele sich um einen schleichenden Prozess in den ARD-Anstalten. Losgegangen sei es mit dem Hessischen Rundfunk 2009, im NDR sei das "Bücherjournal" weggefallen und jetzt seien die Bayern dran.
"Welle der Entrüstung"
Kraft sprach von einer "Welle der Entrüstung" durch ganz Deutschland. Mit der laufenden Online-Petition habe man bereits rund 4000 Stimmen gesammelt. "Das kann der Rundfunkrat nicht ignorieren", sagte er über das entscheidende Treffen des Gremiums am Donnerstag. "Ich bin eigentlich sehr zuversichtlich, dass wir das verhindern werden."
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