Autobiografie

Mädchenhafte Mogelpackung

Die Schauspielerin und Autorin Lea Dunham
Die Schauspielerin und Autorin Lena Dunham © picture alliance / dpa
Von Ursula März · 15.11.2014
Lena Dunham hat sich die Serie "Girls" ausgedacht und gleich die Hauptrolle der unperfekten Mittzwangzigerin übernommen. In ihrer Autobiografie "Not that kind of girl" versucht Dunham wie ihre Kunstfigur rüberzukommen - und scheitert damit.
Lena Dunham, 1986 geboren, als Tochter eines New Yorker Künstlerpaares in einem Loft im Stadtteil Soho aufgewachsen, gilt nicht nur als Kultfigur, deren Anhängerschaft auf Twitter mittlerweile fast zwei Millionen zählt. Sie ist auch das, was man die Stimme einer Generation nennt, eine Ikone der Töchtergeneration des westlichen Feminismus. International berühmt wurde Lena Dunham im Jahr 2012 als Produzentin, Regisseurin und vor allem Darstellerin der amerikanischen Fernsehserie "Girls", eine höchst witzige Replik auf die Vorläuferserie "Sex in the city" und dieser insofern ähnelnd, als auch in "Girls" vier New Yorker Freundinnen viel Zeit damit verbringen, über Männer, guten oder schlechten Sex, angesagten oder gestrigen Stil zu plaudern. Nur sind die vier Mitzwanzigerinnen in "Girls" unglamouröse, unperfekte Pendants der Mitdreißigerinnen um Sarah Jessica Parker.
Gegen die Schönheitsideale aus Hollywood
Sie verachten die Schönheitsindustrie und die Schönheitsideale aus Hollywood, sie kümmern sich schon deshalb nicht um die neuesten High-Heels aus dem Sortiment von Manolo Blahnik, weil sie gar nicht wüssten, wie man unfallfrei darin läuft. "Girls" besitzt den unverschämten, leicht anarchischen Esprit, der zum Markenzeichen der Erfinderin Lena Dunham geworden ist, ebenso wie ihre Pummeligkeit, die in zahlreichen Sexszenen vorzuführen für die Allround-Künstlerin eine Selbstverständlichkeit ist.
Nun hat Lena Dunham ein Buch geschrieben, eine Mischung aus Autobiografie und Frauenratgeber mit dem Titel "Not that kind of girl" und dieses Buch erfüllt sämtliche Erwartungen, die eine Kultfigur mit dem Image eines Markenzeichens glaubt, erfüllen zu müssen. Eben das ist das Problem. Jenseits aller literarischen Kriterien, die sich auf ein solches Generationen- oder Zeitgeistbuch ohnehin nicht anwenden lassen, liegt die auch für Leser älterer Jahrgänge leicht erkennbare Schwäche des Buches in der beständigen Verwechslung von authentischer Erfahrung und künstlicher Pose, das heißt in der Verwechslung der realen Person Lena Dunham und der TV-Serienfigur Hannah Horvath aus "Girls".
Man weiß nicht, mit wem man es zu tun hat
Schon die Tonlage mädchenhafter, unverblümter, unbekümmerter Naivität, in der Dunham über zahlreiche Neurosen und zahlreiche misslungene Sexabenteuer, über Diäten, untreue Freunde und ihr insgesamt verschusseltes Leben plaudert, stimmt nicht im Geringsten mit ihrem realen Leben überein. Lena Dunham ist in jeder Hinsicht erfolgreich, eine zielstrebige Entertainerin, Verwandlungskünstlerin und Geschäftsfrau, deren Bild vor geraumer Zeit auf dem Titel der amerikanischen Vogue zu sehen war.
Man weiß als Leser nie, mit wem man es zu tun hat, mit Mrs. Dunham oder ihrer Fernsehfigur. Das kündigt sich schon im Titel an: Ein "Girl" ist Lena Dunham in Wahrheit längst nicht mehr. Sie ist eine erwachsene Frau aus dem amerikanischen Fernsehgeschäft, die sich allerdings die Rolle des ewig unerwachsenen, frei heraus plappernden Mädchens zulegt. Deshalb wird man beim Lesen das Gefühl einer Mogelpackung nicht los.

Lena Dunham: Not that kind of girl
Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeitz und Tobias Schnettler
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014, 19,99 Euro