Australien und Flüchtlinge

Don't go down under!

Rund 400 Teilnehmer bei einer Pro-Pegida-Demonstration im australischen Canberra. "Save our Culture" oder "Save our Farms" steht auf den Plakaten.
Sagt etwas über die Stimmung im Land: Teilnehmer bei einer Pro-Pegida-Demonstration im australischen Canberra. © picture alliance / dpa / Subel Bhandari
Von Andreas Stummer · 07.04.2016
Seit drei Jahren hat kein Bootsflüchtling Asyl in Australien bekommen. Zur weiteren Abschreckung hat die Regierung den Spielfilm "The Journey - Die Reise" drehen lassen. Er soll in Afghanistan, Irak, Iran und Pakistan im Fernsehen gezeigt werden.
Erst waren es Horror-Videos mit Haien, Giftschlangen und Krokodilen, dann zeigte man die tödlichen Gefahren bei der Überfahrt: Schon vor 15 Jahren machte die australische Regierung Bootsflüchtlingen deutlich: Wer illegal versucht, nach Australien zu kommen, auf den wartet kein neues Leben, sondern Abschiebehaft.
Doch die Boote kamen weiter, also schickte man sie wieder zurück - und startete gleichzeitig mehrsprachige Medienkampagnen in den Fluchtländern. Wer über die Hintertür nach Australien wollte, für den hieß es: "Betreten verboten!"
Wer trotzdem von der Marine aufgegriffen wird, landet in gottverlassenen Camps in der Südsee und in Papua Neuguinea – aus den Augen aus dem Sinn. Seit drei Jahren hat nicht ein einziger Bootsflüchtling Asyl in Australien bekommen und damit das auch so bleibt, ist die Regierung jetzt sogar unter die Filmproduzenten gegangen.
Der 90-minütige Spielfilm "The Journey - Die Reise" zeigt das Schicksal von Flüchtlingen, die versuchen, mit Hilfe von Schleppern nach Australien zu kommen. Aus Afghanistan, Irak, Iran - und über Indonesien.

Pure Science Fiction

Die Flucht, hinterhältige Schlepper, auseinandergerissene Familien und der Traum von einer neuen Heimat: "The Journey" ist mal Seifenoper, mal Tragödie. Eine Gruppe ertrinkt auf hoher See, von Menschenschmugglern auf einem überladenen Fischkutter im Stich gelassen. Andere Flüchtlinge bleiben zurück, registrieren sich bei UN-Hilfsstellen und bekommen am Ende Visa. Was die australische Regierung für "fast schon einen Dokumentarfilm" hält, das ist für den Politologen William Maley pure Science Fiction.
"Der australische Steuerzahler finanziert den teuersten Fantasy-Film seit dem 'Herrn der Ringe'. Afghanische Flüchtlinge in Pakistan wissen, dass drei Viertel aller Asylanträge, die in sicheren Ländern gestellt werden, abgelehnt werden."

Vier Millionen Budget

"The Journey" wird in Afghanistan, Irak, Iran, Malaysia und Pakistan mehrmals zur besten Sendezeit im Fernsehen gezeigt. Budget des Films: Vier Millionen Euro. Für Australiens Einwanderungsminister Peter Dutton sind das Peanuts. Denn echte Asylbewerber in echten Abschiebelagern kosten Milliarden:
"Millionen Menschen wollen nichts anderes als nach Australien zu kommen. Aber wir entscheiden, wen wir bei uns aufnehmen – nicht Menschenschmuggler. Dieser Film wird Leben retten, wenn sich viele gar nicht erst auf den Weg machen. Denn wir nehmen niemanden auf, der per Boot zu uns kommen will."
"The Journey" stammt von derselben australischen Produktionsgesellschaft, die auch schon – im Auftrag der US-Botschaft – eine TV-Actionserie über die afghanische Polizei gedreht hat. Eine Art "In den Straßen von Kabul". Nur gelöste Fälle, kein Wort von Korruption, Filz oder Versagen.

Durchsichtig wie ein Tesa-Film

Auch "The Journey" ist so durchsichtig wie ein Tesa-Film. Nicht ein Asylbewerber schafft es nach Australien. Wer nicht unterwegs stirbt, endet in Abschiebehaft oder kehrt frustriert in die Heimat zurück. "Der Film ist unverhohlene Propaganda", kritisiert Graham Thom von Amnesty International. In einem aber zeige er die Wahrheit: Dass Australien jedes Mittel recht ist, um seine Landesgrenzen zu schützen.
Graham Thom: "Dieser Film zeigt nichts von den Menschenrechtsverletzungen, vor denen diese Leute in der Regel fliehen. Nicht jedem geht es nur darum, ein besseres Leben zu haben. Australien diskriminiert nicht. Es zeigt allen Bootsflüchtlingen die kalte Schulter. Aber ob wir darauf stolz sein können – das ist eine andere Frage."
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