Ausstellung "Tapetenwechsel"

Schwules Museum wird 30

Eine Ampel zeigt ein homosexuelles Paar, das Händchen hält.
Ein homosexuelles Ampel-Pärchen © picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt
Von Gerd Brendel · 15.12.2015
Das kleine Schwule Museum in Berlin ist das einzige seiner Art in Deutschland. Zum Jubiläum hat Gründungsmitglied Wolfgang Theis in der Ausstellung "Tapetenwechsel - ein Streifzug durch 30 Jahre Sammelgeschichte" Erstaunliches zutage gefördert.
Am Anfang stand der Zufall. Im Berlin-Museum schrieb einer der studentischen Hilfskräfte seine Abschlussarbeit über die schwulen Bewegungen der 20er-Jahre. Daraus wurde die Ausstellung "Eldorado - Geschichte, Alltag und Kultur homosexueller Frauen und Männer in Berlin von 1850-1950" im Sommer 1984. Es war die erste Ausstellung in einem öffentlichen Museum in Europa und die Geburtsstunde einer Idee.
Ein Jahr später gründete Wolfgang Theis mit Mitstreitern den Verein der Freunde eines schwulen Museums. Bis zum Umzug ins eigene Haus vergingen noch ein paar Jahre, aber der Grundstock der Sammlung war gelegt.
Zeit der sozialen Bewegungen
Nicht nur Homosexuelle, auch andere Minderheiten forderten weltweit die öffentliche Darstellung ihrer eigenen Geschichte. Für die Aktivisten der Schwulenbewegung ging es um die Deutungshoheit über Objekte, die heterosexuell vereinnahmt werden – zum Beispiel um den Subtext von Mainstream-Filmen.
Ganz gleich ob die "schrecklichen haarigen Biester" in Frauenkleidern auftreten wie in "Manche mögen's heiß" oder als Teil einer männlichen Gegenkultur inszenierten wie James Dean. Natürlich fehlt er genauso wenig in der Ausstellung wie die Aktfotografien des von Gloeden oder die Jünglinge vor strahlenden Sonnenschein eines Sascha Schneiders, ein Künstler, der auch mit Karl May befreundet war.
Noch heute zieren seine Umschlagbilder für dessen Abenteuerromane jede Karl-May- Ausgabe. Vergessen ist hingegen Schneiders Lebensgeschichte, der wie viele Schwule nach Italien ins Exil ging, um dem berüchtigten Paragraphen 175 zu entgehen, der Homosexualität unter Männern unter Strafe stellte. Fotos und Flugblätter in der Ausstellung dokumentieren den Kampf gegen die Diskriminierung, gegen die juristische und die gesellschaftliche.
Zwei weibliche Ampelmännchen leuchteten zum CSD 2015 in München.
Zwei weibliche Ampelmännchen leuchteten zum CSD 2015 in München. © picture alliance / dpa / Sven Hoppe
Alle Facetten schwulen und lesbischen Lebens
In einer Vitrine liegen Rundbriefe einer "Kampfsportgruppe" für Frauen aus den 70er-Jahren - ein Ort lesbischer Subkultur.
Dass der Tod dazugehört zeigen die Plastiken von Klaus Constantin Rüttinger - in Sexfantasien aus Ton, die der an Aids erkrankte Künstler während seiner vielen Krankenhausaufenthalte modulierte.
Wolfgang Theis zeigt im Schwulen Museum vor allem, warum und wofür es sich zu leben und zu kämpfen lohnt. Schwule und lesbische Besucher begegnen ihrer eigenen Vergangenheit - und Heterosexuelle? Die können in der Ausstellung "Tapetenwechsel - Ein Streifzug durch 30 Jahre Sammelgeschichte" lernen, dass sich schwule, lesbisch, transgender, kurz queere Geschichte nicht einfach übertünchen lässt, egal wie viele Tapeten man darüberklebt.
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