Ausstellung in Baden-Baden

Wie Künstler das Thema Geld in Szene setzen

Im Casino Baden-Baden (Baden-Württemberg) ist am 26.02.2016 das Werk "Kohle" aus dem Jahr 2006 von Alicja Kwade zu sehen. Dieses ist Teil der Großen Landesausstellung Baden-Württemberg "Gutes böses Geld" die vom 5. März 2016 bis zum 19. Juni 2016 von der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden gezeigt wird. Das Casino ist dabei ein Ausstellungsort.
"Kohle" nennt Alicja Kwade sinnigerweise ihre (unechte) Goldbarren-Installation. Zu sehen in der Ausstellung "Gutes böses Geld" in Baden-Baden. © picture alliance/dpa/Uli Deck
Johan Holten im Gespräch mit Liane Billerbeck · 04.03.2016
Geld lässt wohl niemanden kalt. Das war vor 750 Jahren nicht anders als bei den heutigen Wallstreet-Raffkes. Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden dokumentiert diese Geschichte des Geldes im Spiegel der Kunst. Ein Gespräch mit Kunsthallen-Direktor Johan Holten.
"Geld regiert die Welt" – "Geld stinkt nicht" – "Geld verdirbt den Charakter". Solche Sprüche haben offenbar alle ihre Berechtigung, und im Laufe der letzten Jahrhunderte hatte jede Gesellschaft ihre eigenen Spielregeln beim Umgang mit Banknoten, Münzen, Zins und Zinseszins.
Geld ist nicht ahistorisch – so lautet auch die grundlegende These der Ausstellung "Gutes böses Geld" in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Die Kuratoren haben eine 750 Jahre überblickende Geschichte der Ökonomie im Spiegel der Kunst zusammengestellt. Gezeigt wird, wie Künstler Geld und den Umgang damit im Laufe der Jahrhunderte ins Bild gesetzt haben – ausgehend von einer frühen italienischen Darstellung aus Siena von 1286, über Fotografien aus dem New York der 1890er Jahre und endend mit zeitgenössischen Kunstwerken, die kurz vor oder während der jüngsten Finanzkrise entstanden sind.
Johan Holten, Direktor der Staatlichen Kunsthalle, sagt, das Faszinierende an dem Austellungsthema sei, dass die Kunst über die Jahrhundert nicht einfach nur Geld oder das Wesen von Geld abgebildet habe, "sondern dass Künstler sich immer dafür interessiert haben, wie Menschen mit Geld umgegangen sind, welche moralischen Aspekte dort gezeigt werden, welche gesellschaftlichen Verhaltensweisen darin aufscheinen. Und deswegen lehrt diese lange Bildgeschichte des Geldes vor allem, wie unsere Einstellung zu Geld sich über die Jahrhunderte immer wieder gewandelt, immer wieder neu in Szene gesetzt hat, und deswegen – könnte man ja nahelegen – auch wahrscheinlich in der Zukunft es wieder tun wird."

Große Landesausstellung "Gutes böses Geld. Eine Bildgeschichte der Ökonomie", Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 5. März bis 19. Juni, Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr.


Das Interview im Wortlaut:
Liane von Billerbeck: Wir müssen über Geld reden – obwohl es ja heißt: Über Geld spricht man nicht, man hat es. Jetzt aber wollen wir wissen, was uns die Kunst über Geld lehrte im Laufe der Jahrhunderte und vor allem über unseren Umgang mit Geld. Und das natürlich einfach nicht so, mit Blick in die Geldbörse, sondern weil in Baden-Baden heute eine Ausstellung eröffnet wird mit dem Titel "Gutes böses Geld" in der Staatlichen Kunsthalle. Und der Geldbeauftragte ist, wie könnte es anders sein, der Direktor derselben, der zudem die Ausstellung kuratiert hat. In Baden-Baden am Telefon ist jetzt Johan Holten, schönen guten Morgen!
Johan Holten: Guten Morgen!
von Billerbeck: Hat das eigentlich schon mal jemand gemacht, nachzuschauen, was Kunst so als historische Quelle über Geld zu sagen hat?
Holten: Etliche Ausstellungen über Geld hat es schon gegeben. Geld ist ja auch besonders in den letzten fünf, zehn vielleicht so ein Thema geworden, dass mit immer wieder neuen Geldschwämmen dann auch Künstler darauf reagiert haben. Das, was aber, glaube ich, die Ausstellung auch etwas einzigartig macht, ist, dass wir uns entschieden haben, eine sehr lange Bildgeschichte des Geldes zu erzählen. 750 Jahre überblicken wir, fangen 1264 an, aber hören dann nicht irgendwann in der Renaissance oder so was auf, sondern gehen gleich bis in die allerjüngste Vergangenheit hinein, und es gibt also auch Werke, die direkt für die Ausstellung 2016 entstanden sind.
von Billerbeck: Da würde man in Berlin sagen, das ist viel Holz – in dem Fall muss man ja sagen, da sind viele Münzen, viele Scheine, viele Muscheln, was Sie da alles aufgetrieben haben. Nun ist ja Geld bekanntlich etwas, auf das man sich geeinigt hat, also so eine Art soziales Konstrukt. Im Mittelpunkt Ihrer Ausstellung, da steht aber vor allem der Umgang mit Geld, wie ihn die Kunst zeigt. Wie viel kann uns denn die Kunst in 750 Jahren davon verraten?
Holten: Ja, der Punkt war ja, dass man sich, dass ich mir auch Überlegungen gemacht habe wegen dieser ganzen Diskussionen, die auch besonders in den letzten sieben, acht Jahren, nach der letzten Finanzkrise, losgetreten wurden über unseren Umgang und unsere Einstellung zu Geld. Was ist es eigentlich, was eine Ausstellung als besondere Kulturtechnik da beitragen kann zu unserem Verständnis?

Mehr als das Wesen des Geldes

Und da kam ich drauf, dass es ja immer wieder in Kunstwerken eben nicht nur Geld oder das Wesen von Geld, wie das immer war, gezeigt wurde, sondern dass Künstler sich immer dafür interessiert haben, wie Menschen mit Geld umgegangen sind, welche moralischen Aspekte dort gezeigt werden, welche gesellschaftliche sozusagen Verhaltensweisen darin aufscheinen. Und deswegen lehrt diese lange Bildgeschichte des Geldes vor allem, wie unsere Einstellung zu Geld sich über die Jahrhunderte immer wieder gewandelt, immer wieder neu in Szene gesetzt hat, und deswegen – könnte man ja nahelegen – auch wahrscheinlich in der Zukunft es wieder tun wird.
von Billerbeck: Gewandelt hat sich ja auch unsere Einstellung zu den Geldgebern, zu denen, die Geld hatten. Dazu gehört ja unter anderem die Kirche, die war ja immer ein wichtiger Auftraggeber für Kunst, also die hatte Geld, aber gleichzeitig übte sie auch Kritik an Reichtum, an Geldgier und Raffgier. Und wir wissen, für Christen galt lange das Zinsverbot, der Banker hatte auch nicht immer den besten Ruf, bis er manchmal generell als ehrenrührig galt. Wie genau schlug sich denn dieses zwiespältige Verhältnis der Kunst zum nieder?
Holten: Das sieht man vor allem sehr deutlich schon und sehr schön in der Renaissance, besonders in der niederländischen Renaissance, wo dieser neue Beruf des Geldwechslers, der nur mit Büchern, nur mit Kontoführung eben große Beträge von nördlich der Alpen bis nach südlich der Alpen überweisen konnte. Und das hat naturgemäß bei den Zeitgenossen auch etwas Skepsis hervorgerufen, was das für eine schwarze Magie war, die da ausgeübt wurde. Und deswegen sieht man, die Bilder aus dieser Zeit von Geldwechslern zeigen eben oft so eine Art Versuch, moralisch einzuordnen, wie man nun mit diesem neuen Berufszweig umgehen soll – sind das raffgierige, böse Wucherer oder sind das ehrbare Banker, die um Gerechtigkeit, mit Waage in der Hand, sich bemühen und deswegen auch vertrauenswürdig sind.
In der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (Baden-Württemberg) ist am 26.02.2016 das Werk "Christus vertreibt die Wechsler aus dem Tempel" aus dem 17. Jahrhundert von Theodoor Rombouts zu sehen. Dieses ist Teil der Großen Landesausstellung Baden-Württemberg "Gutes böses Geld" die vom 5. März 2016 bis zum 19. Juni 2016 in dem Museum gezeigt wird.
Das Gemälde "Jesus vertreibt die Wechsler aus dem Tempel" (Theordor Rombouts, 17. Jahrhundert), ebenfalls zu sehen in der Baden-Badener Ausstellung, spiegelt den christlichen Blick auf das Geldwesen wider. © picture alliance/dpa/Uli Deck
von Billerbeck: 750 Jahre Kunst über Geld, die kann man gar nicht in sechs Minuten zusammenfassen, also springen wir mal einfach von der Renaissance in die Moderne und erinnern uns an die Bilder von Andy Warhol. Der hat ja einfach nichts anderes gemacht, als nur Geld zu zeigen, also Kunst über Geld. Auf dem ersten ist nur ein einzelner Geldschein, von Hand gezeichnet, dann ganze Seriendrucke von Dutzenden von Dollarnoten nebeneinander gedruckt, große Vervielfältigen, also Geld als Geld, ganz ohne Kontext. Was sagt uns das?
Holten: Ja, das ist wie so ein Tabubruch in diesen langen Jahrhunderten von Geld in Bildern, die wir aufgerollt haben, weil plötzlich, 1962, scheint es, dass es okay ist, einfach nur Geld als Siebdruck eben, das Symbol von Geld alleine auf der Leinwand zu lassen. Interessanterweise fällt das ja genau zusammen mit dem Anfang der ein Jahrzehnt lang dauernden Diskussion über die Loslösung von dem Goldstandard, bei der ja die Zeitgenossen genauso fürchteten, oh, jetzt ist das Geld nichts mehr wert, weil es ist nur Papier, das sogenannte Fiatgeld.

Andy Warhol und seine Dollarscheine

Und genau in diese Zeit hinein hat Andy Warhol mit seinen Siebdrucken von Dollarscheinen eben einen Stachel gesetzt und uns gezeigt, Geld als reines Geld ist eigentlich das Symbol der Gegenwart. Interessant finde ich vor allem, dass ich ja etliche Fragen in den letzten paar Tagen zu der Bargeldabschaffung auch bekommen habe, und ein etwas aufgeregter Ton.
Da heißt es, jetzt haben wir Tausende von Jahren Bargeld, und jetzt wollen wir das abschaffen, aber wenn man zurückblickt, ist es eigentlich nicht mehr als 50 Jahre. Da war eine andere Diskussion: Oh, wenn wir jetzt sozusagen den Goldstandard aufgeben, dann bricht alles zusammen, und das geht gar nicht, weil es immer Gold war, das mit Geld verbunden war. Und so zeigt sich gerade an diesem kleinen Beispiel von 50 Jahren dazwischen, wie oft solche Diskussionen, Veränderungen, Wandel auch eben in der Geldgeschichte aufgekommen sind.
von Billerbeck: Johan Holten war das, der Direktor der Kunsthalle Baden-Baden. Die Ausstellung "Gutes böses Geld. Eine Bildgeschichte der Ökonomie" wird zusammen mit dem Casino Baden-Baden, wo auch übrigens Veranstaltungen stattfinden und Ausstellungen im Stadtmuseum und im Theater Baden-Baden veranstaltet. Schirmherr ist übrigens Bundesminister Wolfgang Schäuble. Und die Ausstellung eröffnet heute, von morgen an ist sie zu sehen in Baden-Baden bis zum 19. Juni. Herr Holten, ich danke Ihnen!
Holten: Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.