Auslandsrundfunk

Gehört Deutsch zur Deutschen Welle?

Das Logo des Auslandssenders Deutsche Welle
Das Logo des Auslandssenders Deutsche Welle © dpa / picture alliance / Oliver Berg
Von Ulrike Köppchen · 09.03.2015
Die Deutsche Welle wurde einst gegründet, um Deutsche im Ausland zu informieren. Doch das geht dank Internet heute auch auf anderen Wegen. Intendant Peter Limbourg setzt jetzt verstärkt auf ein englischsprachiges Programm - zum Ärger vieler Redakteure des Senders.
"Stellen Sie sicher, dass die Redaktionen mit festen Freien, Freien und mit angestellten Redakteuren gut genug besetzt sind, um weiter diese tolle Qualität zu liefern, die die Deutsche Welle seit Jahren auszeichnet."
Bonn, 23. Februar 2015. Etwa 350 Mitarbeiter der Deutschen Welle haben sich auf dem Münsterplatz versammelt. Sie tragen bunte Plakate, auf denen "Dari" steht, "Paschtu", "Chinesisch" oder "Russisch". 30 Sprachen insgesamt, in denen die Deutsche Welle bisher gesendet hat und von denen einige künftig aus dem Programm verschwinden sollen.
"Es ist sicher nicht falsch, Englisch zu stärken, aber wir erinnern Sie auch gern daran: Deutsch gehört zur Deutschen Welle!"
"Das deutsche Fernsehprogramm ist unter Druck geraten"
Anfang 2012 hatte die mit jährlich 272 Millionen Euro aus Steuermitteln finanzierte Anstalt bereits ihr deutschsprachiges Radioprogramm eingestellt. Ähnliches droht jetzt auch dem deutschsprachigen Fernsehangebot: Nach den Plänen des Intendanten soll die Deutsche Welle künftig mit einem englischsprachigen Nachrichtenkanal ans Netz gehen. Und um die dafür nötigen Mittel freizuschaufeln, brachte der Intendant des Senders, Peter Limbourg, die Möglichkeit ins Gespräch, künftig deutschsprachige Inhalte jedenfalls weitgehend nur noch übers Internet anzubieten. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte er:
"Der deutsche Fernsehkanal ist sehr stark vom digitalen Wandel betroffen, durch die große Konkurrenz des Internets und vor allen Dingen auch der vielen deutschsprachigen Angebote im Internet. Egal ob es die Tagesschau, ob es der 'Kicker', ob es die 'Berliner Zeitung' oder der 'Bonner Generalanzeiger' ist - Sie können die Inhalte weltweit abrufen -, ist das deutsche Fernsehprogramm doch unter Druck geraten, was die Reichweiten anbelangt. Insofern ist es eine kulturelle Frage, eine politische Frage, ob wir das weiter machen wollen. Ich will es und ich hoffe, dass wir genügend Mittel dafür bekommen."
Doch obwohl immer vom Geld die Rede ist, geht es bei der Umstrukturierung der Deutschen Welle um mehr. Denn die Aufgaben, die ein Auslandssender heute hat, haben sich verändert gegenüber der Zeit, als die Deutsche Welle gegründet wurde.
"Ich sende diesen ersten Gruß aus der alten Heimat, der unmittelbar durch den Äther das Ohr und auch das Herz der Menschen deutscher Herkunft, Art und Sprache in aller Welt sucht."
Bundespräsident Theodor Heuss am 3. Mai 1953 in seiner Radioansprache zum Sendestart der Deutschen Welle, gerichtet an "die lieben Landsleute in aller Welt".
"Für die Hörer will dies Wort das Wort der Heimat sein. Diese Stimme die Stimme des Vater- und des Mutterlandes."
Heute müssen andere Gründe die Existenz der Deutschen Welle rechtfertigen
"Formal gesehen ist die Deutsche Welle natürlich immer noch der Rundfunk für die Deutschen, die irgendwo versprengt oder auch gezielt in der Welt unterwegs sind", sagt der Medienpsychologe Jo Groebel.
"Es gibt da sicherlich noch Bindung, gerade der älteren Generation, aber wer heutzutage sich informieren will über das Heimatland, der ist heute anders vernetzt und braucht - bei allem Respekt für die Deutsche Welle - dafür die Deutsche Welle nicht mehr."
Heute müssen also andere Gründe die Existenz der Deutschen Welle rechtfertigen. So schreibt ihr das novellierte Deutsche Welle-Gesetz ausdrücklich eine Schaufensterfunktion zu: Der Sender soll Deutschland als europäisch gewachsene Kulturnation und freiheitlich demokratischen Rechtsstaat präsentieren und deutschen Sichtweisen international Raum verschaffen. Außerdem die deutsche Sprache fördern, weshalb ein Komplettverzicht auf ein deutschsprachiges Angebot ausgeschlossen ist.
Jo Groebel: "Das ist auch immer in der politischen Diskussion gewesen, schon seit mindestens zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren, dass die Deutsche Welle auch die Funktion eines sogenannten Kompensationsrundfunks einnimmt, zu Deutsch: dass man da, wo wir beim besten Willen oder schlechtesten Willen nicht über eine freie Medienlandschaft sprechen können, dass dort die Deutsche Welle reingeht und für eine freie Berichterstattung sorgt, die dann in dem Fall von außen kommt."
Die Diskussion darüber, welche Rolle die Deutsche Welle im Kampf um die Deutungshoheit spielen soll, scheint die Politik jedoch zu scheuen.
"Ich würde der Politik, die da viel eher der Ansprechpartner ist, empfehlen: Leute, schaut euch medienpolitisch oder medienkulturpolitisch einfach mal um. Schaut, was alle anderen wichtigen Nationen an Professionalität, an finanzstarkem Angebot international machen. Da bin ich schon der Meinung, dass man da eine starke deutsche Stimme braucht."
Immerhin eine kleine Reaktion haben die Umstrukturierungspläne von Intendant Peter Limbourg hervorgerufen: Der Bundestag erhöhte das Budget der Deutschen Welle ab 2016 um jährlich zwölf Millionen Euro.
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