Aus den Feuilletons

Wurde "Der stille Don" vom Geheimdienst geschrieben?

Michail Alexandrowitsch Scholochow
Der sowjetische Schriftsteller Michail Scholochow vor der Verleihung des Nobelpreises für Literatur am 10. Dezember 1965. © picture alliance / dpa / Foto: DB Pressens Bild Pool
Von Adelheid Wedel · 30.07.2015
Im Dezember 1965 wurde dem sowjetischen Schriftsteller Michail Scholochow für "Der stille Don" sogar der Literaturnobelpreis verliehen. In der "FAZ" werden die Gerüchte aufgegriffen, er stecke gar nicht hinter dem Buch, sondern der sowjetische Geheimdienst.
"Ich bin mit einem Tabu aufgewachsen. Ich durfte nicht zeigen, wer ich bin", sagt Silas Kropf in der Tageszeitung TAZ.
An diesem Wochenende wird in Berlin des Genozids an Sinti und Roma gedacht.
"In meiner Familie war der Holocaust allgegenwärtig; bis heute gibt es Angst vor Verfolgung",erzählt er weiter.
Heute sitzt er im Vorstand von Amaro Drom, der Jugendorganisation für Sinti, Roma und Nicht-Roma.
"Wie kam es zu der Entscheidung für einen anderen Umgang als dem in Ihrer Familie", will die Zeitung wissen. Silas Kropf meint,
"es war vor allem der Austausch mit anderen Jugendlichen bei Amaro Drom. Dort bin ich durch Zufall mit 18 Jahren gelandet und habe plötzlich gemerkt: Wir sind viele. Da habe ich angefangen, mich zu fragen, weshalb wir uns verstecken, wenn wir doch eigentlich sind wie alle anderen auch."
Die Arbeit der Jugendorganisation konzentriert sich auf zweierlei: Einerseits wollen sie der Mehrheitsgesellschaft zeigen, dass es Sinti und Roma gibt, und das als anerkannte nationale Minderheit. Und sie wollen zeigen, dass sie nicht die Klischees erfüllen, die ihnen angehängt werden.
"In der Arbeit nach innen geht es darum, Selbstbewusstsein zu schaffen, zu stärken, es geht um Self-Empowerment",
fasst Silas Kropf zusammen. Gelegenheit dazu gibt es an diesem Wochenende in Berlin, wo im Rahmen des Projekts "Dikben amen! Seht uns!" ein bundesweites Treffen von Amaro Drom stattfindet.
Gerüchte um Scholochows "Der stille Don"
Szenenwechsel zur Literatur. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG greift die Gerüchte auf, die um Michail Scholochow und seinen Roman "Der stille Don" seit seiner Edition kreisen.
Hinter dem Buch steckte nicht er, sondern ein Projekt des Geheimdienstes",
fasst Kerstin Holm die jüngsten Forschungen zusammen. Der russisch-israelische Literaturwissenschaftler Zeev Bar-Sella, einer der ausgewiesenen Experten zu dem Thema, hat öffentlich gemacht, warum der Roman keinesfalls von Scholochow stammt. Er rekonstruiert:
"In der chaotischen Zeit nach dem Bürgerkrieg wurde Sowjetrussland de facto vom Geheimdienst regiert. Man habe insbesondere den russischen Emigranten beweisen wollen, dass es eine bedeutende Sowjetliteratur gab. Das Beute-Manuskript des ermordeten Weißgardisten Krasnuschkin, dessen Wert die Staatssicherheit offenbar erkannt hatte, brauchte also einen vorzeigbaren Adoptivvater. So wurde der literarisch unfähige Scholochow aufs Autorenpodest gehievt",
sagt Bar-Sella, der ihn dafür regelrecht bemitleidet. Ein Leben lang habe er für das Werk von jemand anderem einstehen müssen.
Bar-Sella identifiziert in seinem Artikel weitere "Beteiligte" an den vier Bänden vom stillen Don. Und er wundert sich:
"Alle Scholochow –Ghostwriter haben bis ins Grab geschwiegen – im Unterschied zu einer anderen literarischen Gemeinschaftsproduktion, Nikolai Ostrowskis ´Wie der Stahl gehärtet wurde`, von dessen sieben Autoren einer sich verplauderte."
Zum 60. Geburtstag des Sängers Hans-Eckart Wenzel
In der BERLINER ZEITUNG weist Torsten Wahl auf den 60. Geburtstag des Sängers und Poeten Hans-Eckart Wenzel an diesem Freitag hin.
"Keiner kann seinen Zorn und seine Trauer in so viel Poesie fassen und keiner so ausgelassen den Rausch feiern, schreibt der Autor. Im September 1989 gehörte Wenzel zu den Verfassern einer Künstler-Resolution, deren öffentliches Vorlesen vielen Mut machte."
Sein Geburtstagskonzert im Berliner Admiralspalast ist ausverkauft, dort wird es auch ein Wiedersehen mit ehemaligen Kollegen geben. Sein jüngstes von mehr als 30 CD-Alben widmet er
"einem vergessenen Dichter, Johannes R. Becher, dem einstigen DDR-Kulturminister und Verfasser der DDR-Nationalhymne. Er trägt das ganze Elend des 20. Jahrhunderts in sich",
resümiert Wenzel und lässt uns mit seinem Album "Sterne glühn" einen vielseitigen Becher entdecken.
"Als Polit-Sänger sieht sich Wenzel nicht", meint Wahl, denn er zitiere gern Hanns Eislers Maxime:
"Das Überpolitisieren in der Kunst führt zur Barbarei in der Ästhetik."
Wenzel leichter verständlich:
"Halte dich von den Siegern fern, halte dich tapfer am Rand."
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