Aus den Feuilletons

Wie hältst du's mit Amazon?

Päckchen und Pakete laufen in der Halle der neuen Zustellbasis des Postzustellers Deutsche Post DHL in Norderstedt (Schleswig-Holstein) auf einem Band.
Die Schottin A. L. Kennedy antwortet bezeichnenderweise: "Ich versuche, es nicht zu tun." © picture alliance / dpa / Bodo Marks
Von Gregor Sander · 16.07.2014
Das amerikanische Unternehmen "Amazon" kontrolliert in Deutschland 20 Prozent des Buchhandels. Grund genug für die "Zeit", Autoren wie A. L. Kennedy, Nora Bossong oder Daniel Kehlmann zu befragen, wie sie zu dem Giganten stehen. Die "SZ" widmet sich weniger aufgeregt dem neue Kinofilm "Transformers 4".
"Brauchen wir Amazon?"
Diese Frage stellt die Wochenzeitung DIE ZEIT 19 renommierten Autoren und fast klingt diese Frage rührend, denn Iris Radisch erklärt im Vorwort:
"In Deutschland kontrolliert der Konzern inzwischen 20 Prozent des Buchhandels."
Tendenz steigend und deshalb betont Radisch:
"Das Onlineunternehmen, das wie ein netter Postbote auftritt, der es uns erspart, unsere Lebenszeit beim Einkaufen zu verplempern, ist ein gefährlicher Gigant geworden, der darum kämpft, der Welt die Regeln zu diktieren, nach denen sie in Zukunft Bücher kaufen, lesen, schreiben und vertreiben wird."
Also kaufen sie nun bei Amazon, wird in der ZEIT gefragt und die Schottin A. L. Kennedy antwortet bezeichnenderweise:
"Ich versuche, es nicht zu tun."
Ihr Kollege Daniel Kehlmann konkretisiert:
"Ich würde gerne sagen, nein, aber die Wahrheit ist immerhin: inzwischen nur noch selten, wenn ich ein englischsprachiges Buch brauche und es wirklich schnell gehen muss. Amazon liefert, wie wir alle wissen, sehr flink und zuverlässig, auch an entlegene Orte. Ich habe dann aber auch, wie es sich gehört, ein schlechtes Gewissen. Sich Amazon abzugewöhnen,"so Kehlmann, "ist ein bisschen wie vom Rauchen loszukommen."
Und so lässt sich zusammenfassend sagen: Von Nora Bossong bis Ingo Schulze, alle finden Amazon nicht gut, wissen aber auch nicht viel dagegen zu tun und Roger Willemsen fragt sogar zurück:
"Haben Sie mal verfolgt, zu welchen Bedingungen andere Großkonzerne Bücher vertreiben, an die Kasse legen, überhaupt ins Sortiment aufnehmen? Amazon radikalisiert allenfalls Dinge, die an vielen Stellen längst üblich waren."
Leider stammt das interessanteste Zitat auf drei Seiten ZEIT-Feuilleton vom Amazon-Gründer Jeff Bezos:
"Es ist nicht so, dass Amazon der Buchbranche passiert. Was der Buchbranche passiert, ist die Zukunft."
Roboter kämpfen gegen Menschen
Von der Zukunft erzählt auch David Steinitz in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Laut Variety wird China die USA bis spätestens 2018 als weltweit größter Kinomarkt überholt haben – weshalb es in Hollywood gerade hektisch wird."
Denn nun versuche man dort einen Film so zu gestalten, dass er in China ein garantierter Erfolg wird, die Kinogänger in Amerika und Europa aber auch noch erreicht. Beim gerade angelaufenen Blockbuster ´Transformers 4`, einem Menschen-und-Roboter-kämpfen-gegen-andere-Menschen-und-Roboter-Streifen, sei dies gelungen:
"Die ´Transformers 4`-Macher platzieren gezielt chinesische Darsteller neben einem Hollywood-Cast, die teilweise über eine chinesische Casting-Show ermittelt wurden; der Film spielt zu großen Teilen in Hongkong und Shanghai und ist mit chinesischen Geldern koproduziert. Dortige Sender haben sich am 160-Millionen-Dollar-Budget der Riesenproduktion beteiligt, und da solche Deals, zumal mit amerikanischen Unternehmen, in China nur mit dem Okay der Regierung zustande kommen können, ist Hollywoods Mission Osteroberung sozusagen sogar staatlich legitimiert," so Steinitz.
Und das scheint zu funktionieren. Denn mit 90 Millionen eingespielten US-Dollars in der ersten Woche ist ´Transformers 4` der beste Start eines amerikanischen Kinofilms aller Zeiten gelungen. Den Inhalt beschreibt der SZ-Autor übrigens so:
"Ein Film, als würde einem jemand drei Stunden am Stück ins Gesicht schreien, während man im Kreis geschubst wird."
Keine Angst vor der Zukunft
Wem die Zukunft jetzt nicht mehr ganz so verlockend erscheint, der wird in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG von Shoshana Zuboff beruhigt:
"IT-Propheten wollen uns einreden, die menschliche Arbeitskraft werde in der digitalen Zukunft überflüssig. Das ist eine Lüge."
So beginnt die Harvard-Professorin ihren Artikel um dann zu konkretisieren:
"Intelligente Maschinen verlangen nicht weniger, sondern mehr menschliche Kompetenz. Ob es um computerisierte Finanzprodukte oder militärische Drohnen geht – hochkomplexe Systeme brauchen Menschen mit kritischer Intelligenz und strategischem Überblick."
Und so erklärt sich dann vielleicht auch diese Überschrift in der Tageszeitung DIE WELT:
"Opa ist jetzt auf YouTube."
Mehr zum Thema