Aus den Feuilletons

Wer stiehlt den Karnevalisten die Show?

NPD, AfD, Pegida, Neonazis, Salafisten als demokratiefressende Krake: Motivwagen beim Kölner Rosenmontagsumzug.
NPD, AfD, Pegida, Neonazis, Salafisten als demokratiefressende Krake: Motivwagen beim Kölner Rosenmontagsumzug. © dpa/picture alliance/Oliver Berg
Von Klaus Pokatzky · 18.02.2017
Die "FAS" sorgt sich um den Karneval. Schuld am Niedergang dieses Kulturguts sei die AfD: "Falsche Biedermänner wie Alexander Gauland, Funkenmariechen wie Frauke Petry oder ein entlaufener Steißtrommler wie Björn Höcke sorgen jetzt für ganzjähriges Narrentreiben."
"Trump und ich." Nein. Niemals! "Trump und ich." Das steht aber nun im TAGESSPIEGEL vom Sonntag. Was mache ich da nur? Es sollte doch eine Presseschau mal ohne ihn werden.
"Stellen Sie sich vor, Trump würde persönlich auftauchen!" Das wurde in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG gedroht. "Christo erklärt, warum er sein nächstes Großprojekt abgesagt hat", hieß es in der Überschrift – denn der Verhüllungskünstler will nun nicht mehr den Arkansas River in Colorado mit silbrigem Stoff überspannen. "Bei jedem unserer Projekte werden alle Beteiligten unweigerlich Teil des Kunstwerks", sagte Christo im Interview: "Bei der Verhüllung des Reichstags hat uns zum Beispiel Rita Süssmuth, die damals Bundestagspräsidentin war, entscheidend geholfen, Helmut Kohl zu besiegen. Wir konnten nicht zulassen, dass unser neuer Vermieter, die Regierung Trump, vom Projekt profitiert." Da geht diese Presseschau ohne ihn dann doch nicht. Stellen Sie sich vor, er erfährt, dass er hier nicht vorkommt, mit keinem Wort erwähnt wird. Stellen Sie sich vor, dass er dann bei mir persönlich auftauchen würde.
"Habt Erbarmen!", stand da schon im TAGESSPIEGEL. "Befreit Trump! Befreit Trump vom Weißen Haus, in das er faktisch schuldlos hineingeraten ist", rief uns Caroline Fetscher zu: "Niemals hätte dieses Menschenkind so jäh aus seinem Habitat herausgerissen werden dürfen. Hilflos wie ein ins Heim verstoßenes Kind findet Donald sich einer Welt gegenüber, deren Gesetze und Gepflogenheiten ihm so fremd sind wie die Möbel, die Regale, die Flure und Hallen, die ganze einschüchternde Einrichtung namens Staatsapparat." Damit soll jetzt aber erst mal genug sein. Es gibt doch so viel Wichtigeres als diesen Mann.

Sorgen um Norbert Blüms Rente

"Norbert Blüm möchte gerne eine Late-Night-Show moderieren." Das hat uns die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG mitgeteilt – und wir fragen uns da besorgt, ob beim 81-jährigen Bundesarbeitsminister außer Diensten die Rente etwa nicht mehr sicher ist.
"Verschwindet der Fasching?", fragt hingegen die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG. "Die einst enge Verbindung von rheinischem Karneval und katholischer Volksfrömmigkeit löste sich in dem Maße auf, wie der Fasching massenmedial zum 'Event' fassoniert und dadurch über seine einstigen Hochburgen hinaus popularisiert wurde", antwortet Johannes Willms. "Zum Event fassoniert" bedeutet übrigens: Zum Ereignis ausgestaltet. "Fassonieren" ist laut Duden ein "schwaches Verb" – ein sehr schwaches. "Falsche Biedermänner wie Alexander Gauland, Funkenmariechen wie Frauke Petry oder ein entlaufener Steißtrommler wie Björn Höcke, um nur diese zu nennen, sorgen jetzt für ganzjähriges Narrentreiben", findet Johannes Willms noch: "Sie alle, und nicht zu vergessen, auch der amerikanische Präsident haben, so will es scheinen, den hiesigen Karnevalisten die Show gestohlen." Und da sind wir schon wieder bei ihm, wir können ihm einfach nicht entgehen. Doch: Wo viel Trump ist – da ist das Rettende auch, hat schon Friedrich Hölderlin gesagt, oder so ähnlich.
"Am wichtigsten ist es, sich seinen Enthusiasmus zu bewahren", das lasen wir in einem Interview der SÜDDEUTSCHEN: "Ich konzentriere mich deshalb nicht auf die großen Dinge, die ich nicht kontrollieren kann", erzählte der amerikanische Rapper Killer Mike, "sondern erfreue mich an den kleinen alltäglichen Dingen, der Zeit mit meinen Kindern, dem gemeinsamen Kochen mit meiner Frau.
Wenn wir trotz allem unser Leben feiern, haben uns die Unterdrücker nicht kleingekriegt." Außer Killer Mikes Rezept gegen den "täglichen Polit-Irrsinn" half uns aber auch noch ein anderes Zitat, mit dem uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE tröstete: "Ich für meinen Teil bin nicht so ungemein beeindruckt vom Erfolg unserer Zivilisation hier, dass ich mir vorstellen könnte, dass wir der einzige Ort in diesem riesigen Universum sein sollten, der Leben beherbergt, denkende Wesen, oder dass wir die höchste Form von mentaler und physischer Entwicklung besitzen sollten, die jemals in diesem unermesslichen Bereich von Raum und Zeit aufgetaucht ist." Das hat ein wahrlich großer Staatsmann einst geschrieben: Winston Churchill – "in einem elfseitigen, bislang unveröffentlichten Artikel, der kürzlich im amerikanischen National Churchill Museum in Fulton, Missouri wiederentdeckt wurde", wie Sibylle Anderl schrieb. Überschrift ihres Artikels: "Aliens? Aber sicher!"

Wie man einen Donald am besten nachmacht

Die SÜDDEUTSCHE machte uns mit dem Radiomoderator Shaun Streeter aus Florida bekannt, der mit seinen Trump-Videos weltberühmt wurde. Im Interview erklärte er, wie man einen Donald am besten nachmachen kann. "Erstens: Man muss mit den Händen Bewegungen machen, als würde man ein Orchester dirigieren – so erzeugt man den Rhythmus. Zweitens: Man muss die Augen zusammenkneifen und die Lippen formen, als würde man jemanden küssen."
Nein! Bitte nicht.
"Trump und ich." Also jetzt doch noch. Das steht ja im sonntäglichen Tagesspiegel – und ist der Titel einer Kolumne von Marcia Pally aus New York. Diesmal erzählt sie uns, wie sie in der U-Bahn Darryl traf: "einen Jungen von vielleicht 14 Jahren", der in das biblische Buch Samuel vertieft war. Und der Marcia Pally gern erzählte, was er daraus gelernt hat: "Jesus habe uns gelehrt, unseren Nächsten zu lieben, sagte Darryl, und die Geschichte des barmherzigen Samariters handele davon, dass der Nächste der Fremde ist und jeder, der vor Verfolgung flieht, Schutz brauche, egal was seine Religion sei oder woher er komme. Kirchen in ganz Amerika würden jetzt Flüchtlingen helfen, so wie bei ihm zu Hause in Wisconsin."
Noch ist Amerika nicht verloren.
Mehr zum Thema