Aus den Feuilletons

Was an Trumps Wahlsieg positiv sein könnte

Donald Trump - künftiger US-Präsident (9.11.2016).
Rettet Donald Trump die Printmedien? Oder sorgt er dafür, dass junge Menschen sich wieder vermehrt politisch engagieren? © dpa / picture alliance
Von Hans von Trotha · 16.11.2016
Die Feuilletons suchen heute das Positive am Ausgang der US-Präsidentschaftswahl. Die "Zeit" hofft auf eine neue 68-er Zeit als Protest gegen Donald Trump. Und die "Tageszeitung" meldet: US-amerikanische Qualitätszeitungen gewinnen durch Trumps Sieg neue Leser.
Endzeit. "Schluss mit lustig" titelt die SÜDDEUTSCHE. David Steinitz erklärt: "Die Komödie gilt im Filmgeschäft als bodenständiges, aber zuverlässiges Genre, um Zuschauer anzulocken. (...) was sich mit der Kinobilanz des Jahres 2016 aber ändern könnte. In Hollywood gilt derzeit eine Genre-Dreifaltigkeit, die besagt: Geld verdienen kann man im Kino mit teuren Superheldenfilmen, mittelteuren Animationsfilmen und billigen Horrorfilmen. (...) Trotz dieses Mantras wurden in den letzten Jahren noch diverse Komödien gedreht, weil Gelegenheitserfolge wie 'Hangover' weltweit viel Geld einspielten. Jetzt aber scheint vorerst Schluss mit lustig zu sein."
Die Gegenwart hat sich auch erledigt, und die Zukunft sowieso. "Wer 1989 geboren wurde", erklärt der 1989 geborene Weltbürger Caspar Shaller in der ZEIT, "kannte vor allem das Verwalten von politischen Belanglosigkeiten. Utopien wurden bekämpft. (...) In meinem Leben", klagt Shaller, "gab es die Zukunft nicht. Mein Leben war die ewige Gegenwart. Bis jetzt. Die Liberalen, die die Zukunft abgeschafft haben, haben nun auch für das Ende der Gegenwart gesorgt, sie haben Trump entstehen lassen, einfach weil sie die Zukunft mit aller Kraft zu verhindern suchten." Das geht gegen Clinton. Die habe "ihre ganze Energie darauf verwandt, das Feuer am linken Rand zu ersticken. Danach reichte das Löschwasser kaum mehr, um des gefährlichen Brandes am rechten Rand Herr zu werden. Wenn man bei jedem Aufkommen einer Zukunftsvision verschreckt ruft: 'Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen', darf man sich nicht wundern, dass als Alternative nur noch der Weg zurück in finsterste Vergangenheit möglich scheint." Das geht gegen Helmut Schmidt. Und das in der ZEIT.
Das Ende der Gegenwart erkennt auch Ambros Waibel. In der TAZ überschreibt er seine Kolumne mit: "Einmal eine neue Gegenwart, bitte!" Auch da geht es um die Liberalen und um die finstere Vergangenheit: "Wenn sich die liberale Ordnung nicht reformiert, dann wird dieser Zusammenbruch nur mit illiberalen Mitteln zu verhindern sein - was dann eben nur ein anderes Ende der liberalen Ordnung wäre. Und bitte nicht vergessen: Das einzig Schöne an Mittelalter-Rollenspielen ist die heiße Dusche danach."

Die Rettung der Printmedien - schafft Trump das?

Schluss soll jetzt sogar schon mit dem Trump Bashing sein. Seine Wahl hat neuerdings auch ihr Gutes. In der NZZ schreibt Hartwig Isernhagen: "Trumps Charakterbild entspricht dem eines amerikanischen Prototyps - darin könnte auch eine Chance liegen" und in der ZEIT findet Irene Dische: "Die Generation meiner Kinder (...) interessiert sich brennend für Politik. Das ist viel wert. Unter Hillary wären sie wieder im Gleichmut ihrer Eltern versunken. Endlich bekommen die Jungen eine Aufgabe. Es kommt eine neue 68er-Zeit auf Amerika zu."
Und die TAZ meldet: "US-amerikanische Qualitätszeitungen gewinnen seit Trumps Sieg Tausende neue Leser. (...) Sollten die US-Medien dann zum nächsten Wahlkampf schreiben können: 'Trumps legacy, sein größter Verdienst war die Rettung der Printmedien', dann wäre das doch zumindest ein kleines Happy End."

US-Comediens immer noch unter Schock

Für ein kleines Happy End hier sei noch einmal die SÜDDEUTSCHE zitiert, in der nicht nur der Spaß, sondern auch dessen Gegenteil für zu Ende erklärt wird: "Nicht euer Ernst" steht über Jürgen Schmieders Sammlung von Komiker-Kommentaren zu Trump. So sagte der Comedian John Oliver: "Wir fühlen uns wie der Typ, der nach einem Junggesellenabschied in Las Vegas nackt in der Wüste aufwacht und bemerkt, dass er gemeinsam mit einem toten Clown an einen Kaktus gefesselt ist."
Was stark nach "Hangover" klingt, und das sollten wir vermeiden, wenn wirklich "Schluss mit lustig" ist. "In der letzten Sendung vor der Winterpause", so Schmieder weiter, "warnte John Oliver vor Trump ('Er ist der Typ, der dir in die Eier tritt - und dann deinem Penis dafür die Schuld gibt')." Außerdem, und damit sind wir wieder bei den Zeitungen, forderte Oliver "seine Zuschauer auf, qualitativ hochwertigen Journalismus und gemeinnützige Organisationen zu unterstützen: 'Schon klar, die Sonne wird jeden Tag aufgehen - doch die Erdrotation sollte nicht unsere Grunderwartung an die amerikanische Gesellschaft sein.'"
An die europäische, bitte, auch nicht.
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