Aus den Feuilletons

Voreilige Falschmeldungen zum NPD-Urteil

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verkündet am 17.01.2017 in Karlsruhe das Urteil im NPD-Verbotsverfahren.
Das Bundesverfassungsgericht verkündet am 17.01.2017 das Urteil im NPD-Verbotsverfahren. © picture alliance / dpa / Uli Deck
Von Klaus Pokatzky · 17.01.2017
Noch bevor die Bundesverfassungsrichter das Urteil zum NPD-Verbotsverfahren verlesen hatten, meldeten die ersten Medien, die Partei sei verboten worden. Doch sie hatten nur den Verbotsantrag gehört, wie die "FAZ" heute aufklärt. Und das war "nicht die erste Fake-News in dieser Woche", so die "TAZ".
"Jeden Tag verlassen mehr Menschen die Türkei." Das lesen wir im Berliner TAGESSPIEGEL. "Das alltägliche Leben ist von Ideologie vergiftet", sagt im Interview Shermin Langhoff – die Chefin des Maxim Gorki Theaters in Berlin: "Im Moment ist es eine Übergangssituation, die sich jeden Tag mehr verfinstert." Shermin Langhoff wuchs erst in der Türkei auf und kam dann als Kind nach Deutschland.
"Ich fürchte, die große Zäsur werden wir im April mit dem Verfassungsreferendum erleben. Wenn das Präsidialsystem und die totale Herrschaft durchgesetzt sind, werden wir wissen, was die Stunde geschlagen hat und ob die verbliebenen liberalen Räume, die schon jetzt immer privater werden, noch möglich sind."

Falschmeldungen zum NPD-Urteil

Für die Verteilung der liberalen Räume in Deutschland ist unser Bundesverfassungsgericht zuständig. Da kommt nicht jeder Journalist mit.
"Falschmeldungen zum NPD-Urteil haben für Verwirrung gesorgt",
steht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Noch vor dem Verlesen des Urteils verbreiteten mehrere Medien wie Spiegel Online, das Erste, Zeit Online oder Phoenix Eilmeldungen, die NPD sei verboten worden."
Das kommt davon, wenn in digitalen Zeiten jeder der Erste sein will.
"Andreas Voßkuhle, der Präsident und Vorsitzende des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, hatte, wie üblich, zunächst den Antrag auf das Verbot der NPD verlesen",
klärt uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG auf. Und im Antrag hieß es natürlich, die NPD "ist verfassungswidrig" und "wird verboten", wie die Tageszeitung TAZ zitiert:
"Klingt wie eine Entscheidung – war aber nur der Antrag."
Klingt ja auch überzeugend für Medienvertreter, die nicht abwarten konnten, bis die Verfassungsrichter dann den Verbotsantrag zurückwiesen.
"Und das war nicht die erste Fake-News-Eilmeldung in dieser Woche", heißt es in der TAZ:
"Am Sonntagabend vermeldeten mehrere Nachrichtenseiten mit Verweis auf die Bild, Donald Trump habe die Nato als 'obsolet' bezeichnet. Andere, auch die taz, interpretierten, Trump halte den Verteidigungspakt für 'überflüssig'. 'Obsolete' kann im Englischen aber auch 'veraltet' heißen."
Das kommt davon, wenn man den Englisch-Kenntnissen der Bild-Zeitung zu sehr vertraut.

Obamas weit gefächerte Lektüre-Vorlieben

"Als Kind liebte ich es, zu lesen. Zum Teil, weil ich so viel unterwegs war."
Das sagt der US-Präsident im Interview.
"Als ich dann ein Teenager wurde, habe ich außer der Pflichtlektüre aus dem Unterricht nicht mehr viel gelesen. Ich habe Basketball gespielt, bin Mädchen hinterhergejagt, habe Zeug getrunken, das nicht wirklich gesund war."
Das klingt nach Donald Trump, hat aber Barack Obama gesagt in einem Gespräch, das die New York Times mit ihm zu seiner Bücherliebe geführt hat – und das die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nun nachdruckt.
"Kein anderer Präsident", meint die Tageszeitung DIE WELT, "hatte so weit gefächerte Lektüre-Vorlieben wie Barack Obama". Und jeden Sommer in seinen kargen Ferien hat er die Bücher verschlungen. "Seine vom Weißen Haus veröffentlichten 'Summer Reading Lists' machten Autoren berühmt, die vorher kaum jemand kannte", schreibt Peter Praschl in der WELT.
Über seinen Nachfolger hat übrigens kürzlich ein Kolumnist der New York Times geschrieben, dass er wohl weniger Bücher in seinem Leben gelesen, als manch einer seiner Vorgänger geschrieben hat. Und wonach hat der scheidende Präsident immer wieder gegriffen? "Shakespeare", erzählt Barack Obama:
"Auf dem College belegte ich diesen wunderbaren Shakespeare-Kurs, wo ich dann begann, die Tragödien zu lesen und mich wirklich in sie zu vertiefen. Das hat mein Verständnis davon, wie sich bestimmte Muster zwischen Menschen immer wiederholen, grundlegend geprägt."
Shakespeare wäre von Donald Trump wahrscheinlich begeistert gewesen – welche Dramen hätte der abgeliefert…
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