Aus den Feuilletons

Oh, wie schön ist Usedom!

Der Usedomer Küstenwald am 18.03.2016 bei Bansin (Mecklenburg-Vorpommern). Der Usedomer Küstenwald wurde als "Waldgebiet des Jahres 2016" ausgezeichnet.
Usedom mit seiner wunderschönen Natur: Hier war die AfD besonders erfolgreich © picture alliance / dpa / Stefan Sauer / ZB
Von Klaus Pokatzky · 07.09.2016
Die Feuilletons beschäftigen sich mit dem Thema Migration. Fremdenfeindlichkeit, lernen wir in der "TAZ", gibt es nicht nur in AfD-Gebieten wie Usedom, sondern auch in Berlin-Friedenau. Und: Laut "NZZ" wird Angela Merkels Humanismus in Kenia mehr gewürdigt als in Deutschland.
"Oh, wie schön ist Usedom" ...
... dichtet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG – frei nach Janoschs "Oh, wie schön ist Panama" mit seinem kleinen Tiger und dem kleinen Bären.
"Manchmal ziehen am Horizont Schiffe vorbei. Schlauchboote mit Flüchtlingen gibt es hier nicht" ...
... hat Lothar Müller an den schönen Ostsee-Stränden beobachtet: Da, wo man vom Fremdenverkehr lebt und sich bei den Landtagswahlen am Sonntag hinter einer Partei geschart hat, die nicht gerade für Fremdenfreundlichkeit bekannt ist.
"Von Ahlbeck und Heringsdorf über Zinnowitz bis Peenemünde, überall wurde die AfD aus dem Stand heraus stärkste Partei, meist mit mehr als 30 Prozent, mancherorts mit mehr als 40 Prozent."

Professor in Thor-Steinar-Klamotten

Ein AfD-Direktmandat für einen Ostseewahlkreis errang Ralph Weber, "Professor für Zivilrecht an der Universität Greifswald", klärt uns die SÜDDEUTSCHE auf, "der schon mal in Thor-Steinar-Klamotten durch seine Uni lief und aus seinen guten Kontakten zur NPD-Spitze nie einen Hehl gemacht hat".
Thor-Steinar-Mode ist für den Rechtsaußen das, was mal die Latzhose für die Grünen war, als sie noch keinen Ministerpräsidenten stellten. Thor-Steinar-Klamotten dürfen im Schweriner Landtag übrigens nicht getragen werden.
"Sollte ein dunkelhäutiger Mensch da überhaupt hinfahren?"
... fragt der dunkelhäutige David Joram, der kürzlich auf der Ostseeinsel Rügen war.
"Die AfD-Wähler, mit denen ich sprach, waren recht freundlich im Umgangston. Sie hießen mich gerne in ihren Imbissständen oder Werkstätten zum Plausch willkommen" ...
... schreibt David Joram in der Tageszeitung TAZ – und berichtet dann, was seine dunkelhäutige Schwester andernorts von einem Passanten auf offener Straße zu hören bekam:
"'Sie können froh sein, überhaupt in Deutschland leben zu dürfen.' Das war in Berlin-Friedenau, die Bewohner gelten als liberal."
In Berlin wird übernächsten Sonntag gewählt.
"Wir werden gezwungen, diesen Wahlspot ohne Musik zu senden. Kein deutscher Verlag ist bereit, der AfD Musikrechte zu verkaufen."

Niemand will der AfD Musikrechte verkaufen

So gibt die TAZ den Text wieder, mit dem der Wahl-Werbefilm der Berliner AfD beginnt.
Oh, wie schön ist die Musikszene.
"Da flimmerten die Bilder von Merkel vor uns, und meine Mutter stand spontan auf und applaudierte."
Das erzählt im Interview der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG eine Schriftstellerin – die weder aus dem schönen Usedom noch aus dem liberalen Berlin-Friedenau stammt.
"Da ist etwas zutiefst Menschliches an dieser Geste" ...
... sagt Yvonne Owuor, wie in ihrem Heimatland Kenia vor einem Jahr das Merkelsche "Wir schaffen das" aufgenommen wurde. Und Yvonne Owuor wundert sich über die eiskalte Antwort, die darauf im sonstigen Europa folgte:
"Vor allem verwundert mich an der Reaktion, dass Europa seine eigene Geschichte anscheinend vergessen hat. Jahrhundertelang sind Europäer in andere Teile der Welt gereist und haben sich dort eingelebt."
Kleines Beispiel:
"Es waren europäische Einwanderer in den Vereinigten Staaten, die genau das getan haben: Sie kamen ohne Wohlstand, nur mit dem Traum, das Land im Sinne des 'American Dream' zu verändern. Sie haben das Land verändert und tun es noch heute."

Merkel und ihre zuftiefst menschliche Geste

Von Donald Trump und seinen deutschen Vorfahren wollen wir jetzt aber lieber nicht reden.
"Meine Großeltern kamen vor 110 Jahren aus Dänemark und England."
Das hat ein wahrer Demokrat mit Migrationshintergrund gesagt.
"Norweger sind auch aus Afghanistan, Pakistan und Polen, Schweden, Somalia und Syrien eingewandert."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zitiert den norwegischen König Harald V. aus seiner Rede bei einem "Gartenfest vor mehr als tausend Gästen", wie Paul Ingendaay schreibt.
Und noch ein königliches Zitat bitte:
"Norweger sind Mädchen, die Mädchen lieben, Jungen, die Jungen lieben, und Jungen und Mädchen, die einander lieben. Norweger glauben an Gott, an Allah, an alles und an nichts."
Oh, wie schön ist Norwegen.
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