Aus den Feuilletons

Kult um die Stones in London

Die Rolling Stones bei ihrer Exhibitionism Ausstellungseröffnung in der Saatchi Gallery in London
Die Rolling Stones bei der Ausstellungseröffnung in der Saatchi Gallery in London © Imago/APress
Von Gregor Sander · 21.04.2016
In der Saatchi Gallery in London können die Fans in ihrer Begeisterung für die Rolling Stones schwelgen: Auch den dreckigen Abwasch im Nachbau ihrer Wohnung gibt es zu bestaunen. Die Rocker waren bei Gestaltung der Ausstellung beteiligt, erfahren wir in der "NZZ".
Für den Erfolg eines Künstlers ist die Selbstinszenierung oft genauso wichtig, wie die Kunst, die er macht. Deshalb haben die Rolling Stones ihre große Ausstellung bei Saatchi in London gleich mit kuratiert. Was es dort zu sehen gibt, beschreibt Marion Löhndorf in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG:
"Ein Nachbau der Wohnung in Chelsea, in der Mick Jagger, Brian Jones und Keith Richards in den frühen 60er Jahren logierten. In der Spüle türmt sich der Abwasch, das Linoleum in der Küche ist im Auflösungszustand, Schimmel, Müll und Zigarettenkippen wuchern, Dreck und Chaos regieren."
Vermutlich sah jede zweite WG-Küche in den 60er-Jahren so aus, aber eben nur aus dieser ging die größte Rockband der Welt hervor.
"Wir sollen nichts über die Stones erfahren – wir sollen Fans werden oder im Fan-Sein schwelgen. Wir sollen uns in Andacht üben. Wir sollen sie lieben, am besten auf Knien."

Neuer Stern am Popliteratenhimmel

Ganz so weit ist Ronja von Rönne noch nicht. Die 24-jährige Autorin wird gerade als neuer Stern am Popliteratenhimmel vom Feuilleton inszeniert und inszeniert auch kräftig mit. Auffallend ist, dass dabei sehr wenig über den Roman "Wir kommen" zu erfahren ist. Bei Tomasz Kurianowicz in der NZZ steht zum Beispiel:
"Es geht darin um eine junge Frau, die den Tod ihrer besten Freundin nicht verkraftet. Die Handlung schildert eine polyamouröse Beziehung zwischen der Protagonistin und ihren Großstadtfreunden, die sich vom Schmerz, von der existenziellen Langeweile und Leere gemeinsam ablenken wollen."
Zwei nichtsagende Klappentextsätze also über das Buch, der Rest des Textes beschäftigt sich mit Rönnes Rauchen, der tiefe Stimme, ihrem Blog und ihrem schwierigen Verhältnis zum Feminismus.
"Erst das zweite Buch werde, so Rönnes Hoffnung, wie jedes andere bewertet werden: als literarischer Text und nicht als Produkt einer Inszenierung."

Erinnerung an Handkes Auftritt in Princeton

Aber kann man denn mit dem Inszenieren wieder aufhören? Vielleicht sollte man mal Peter Handke fragen, nach seinem großen Auftritt in Princeton, der nun 50 Jahre zurück liegt und an den Jürgen Kaube in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG erinnert:
"Peter Handke stand auf in Princeton, als die literarische Gruppe 47 dort tagte, und nannte ihre Literatur läppisch, ihren Sprachgestus völlig öd, ihre Form völlig konventionell, man könne diese läppische Prosa ebenso gut aus einem Lexikon abschreiben."
Peter Handke war danach in aller Munde und die Gruppe 47 praktisch am Ende.

Immer dieses Reinheitsgebot

Seit dem 23. April 1516 inszenieren die Deutschen nun ihre Lieblingsgetränk. Mit dem Reinheitsgebot. In der Tageszeitung DIE WELT erklärt Gesine Borcherdt trotzdem ihre Verweigerung:
"Derrick ist schuld daran, dass ich kein Bier trinke. Vielleicht auch Matula, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall Schimanski, 'Der Alte', 'Liebling Kreuzberg' und all die anderen kernig-körnigen 80er-Jahre-BRD-Fernsehkommissare, die sich immer irgendwann schwer auf einen Kneipentresen stützten, den Kopf von Zigarettenqualm, Schweißdunst und Denkblasen umwölkt, und vor sich ein anständiges Glas: Bier."
Andreas Rüttenauer von der TAZ hat mit diesem Image offensichtlich kein Problem:
"Wissen diese ganzen Craftbeer-Heinis eigentlich, wie schön Saufen sein kann? Wie viel Indian Pale Ale kann man eigentlich trinken? Mag schon sein, dass das Reinheitsgebot gar nichts drüber aussagt, wie rein ein Bier ist. Kann schon sein, dass das Reinheitsgebot für die Brauer, die wirklich neue Biere kreieren wollen, ein Hemmschuh ist. Aber wer braucht eigentlich solche Ales und Stouts?"

Schwedens Stolz auf die ESC-Erfolge

Diese Frage können wir hier nicht klären, aber dafür wissen wir jetzt warum in Schweden 80 Prozent der Fernsehzuschauer den Eurovision Song Contest gucken. Christer Björkman, der das diesjährige Finale in Stockholm inszeniert, erklärt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Wir haben gute Ergebnisse beim Eurovision, also schauen die Leute Eurovision. Sie sind stolz. Darum geht es eigentlich: um Stolz."
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