Aus den Feuilletons

Ins Abseits geschrieben

Auf dem Bild sind Schilder mit einer durchgestrichenen Moschee zu sehen, außerdem Deutschlandflaggen und ein Kreuz.
Nicolaus Fest sieht im Islam in Deutschland ein Integrationshindernis. © dpa / picture alliance / Rolf Vennenbernd
Adelheid Wedel · 28.07.2014
Der Islam ist Thema in den Feuilletons - in unterschiedlichen Zusammenhängen. Die "Berliner Zeitung" beschäftigt sich mit dem Kommentar der "Bild am Sonntag" zum Islam in Deutschland, der für einen Eklat sorgte. Die "Welt" rekapituliert einen einstigen Eklat um eine Plastik des Bildhauers Olaf Metzel.
Man kann in den arabischen Ländern eine Art allgemeine "Putinisierung" feststellen, sagt der französische Arabist und Sozialwissenschaftler Gilles Kepel im Interview in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Er habe kürzlich in Ägypten, so berichtet er, starke Ressentiments gegenüber dem Westen festgestellt.
"Sinngemäß wurde mir gesagt, wir Europäer hätten nicht gemerkt, dass Ägypten die 'Drecksarbeit' übernommen habe, die Muslimbrüder unschädlich zu machen und dass dies auch im Sinne Europas sei. Statt ihnen dafür zu danken, würden wir ihnen vorwerfen, sie seien undemokratisch."
In seinem Buch "Passion francaise" beschreibt der Wissenschaftler, wie junge Franzosen mit maghrebinischen Wurzeln beginnen, in der Politik Frankreichs Fuß fassen. Kepel schätzt ein: Es ist immer gut, wenn soziale Konflikte auf dem Weg politischer Partizipation angegangen werden, auf dem Weg der Demokratie und nicht mit Gewalt. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die grundlegenden Regeln – so etwa der laizistische Pakt der Republik – weiterhin respektiert werden oder ob die neuen Akteure diese Regeln längerfristig ändern möchten.
Sehr beunruhigend findet er, dass ein Teil der saudisch-salafistischen Imame ihre Anhänger zum Jihad in Syrien mobilisieren. Diese Imame rufen nicht nur zur Ausrottung aller Ungläubigen in Syrien auf, sondern auch zur Zerstörung des gottlosen Frankreich. Ernüchtert meint Kepel: Viele Menschen in Europa haben mit dem arabischen Frühling vollkommen unrealistische Erwartungen verbunden.
Die Haltung zum Islam ist derzeit Top-Thema im Hause Springer. Der stellvertretende Chefredakteur der Bild am Sonntag, Nicolaus Fest, sorgte am Wochenende mit seinem Kommentar zum Islam für einen Eklat. Die BERLINER ZEITUNG veröffentlicht den Ursprungstext sowie verschiedene Reaktionen darauf in ihrer Dienstagsausgabe. Fest hatte unmissverständlich geschrieben:
"Christentum, Judentum oder Buddhismus stören mich […] nicht. Nur der Islam stört mich immer mehr."
Den Islam nennt Fest ein Integrationshindernis. Markus Decker zieht daraus in der Berliner Zeitung den Schluss, Fest könnte meinen: Ein Deutschland ohne Muslime wäre ein besseres Deutschland. Derlei, kommentiert Decker, liest man sonst nur auf Wahlplakaten rechtspopulistischer beziehungsweise rechtsextremistischer Parteien. Der Fachdienst Meedia erklärte am Montag, Fest habe sich mit dem Text ins Abseits geschrieben. Bild-Chefredakteur Kai Diekmann beschwichtigte zunächst: Nicolaus Fest ist kein Hassprediger - um dann auf Distanz zu gehen: Doch seinen Kommentar halte ich für falsch. Die Chefredakteurin der Bild am Sonntag, Marion Horn, wird ebenfalls zitiert. Sie entschuldigt sich für den entstandenen Eindruck, das Blatt sei islamfeindlich und dafür, dass das Blatt Gefühle verletzt habe.
Die WELT wartet mit einem anderen ehemaligen Eklat auf. Sie titelt: "Einst wurde Olaf Metzel vom Kudamm gejagt, inzwischen gilt er als einer der wichtigsten deutschen Bildhauer." In der Ausstellung "Umsonst und draußen" sind bis zum 26. Oktober seine Werke in einer Retrospektive der letzten 30 Jahre in Potsdam zu sehen.
Darunter die provokative Plastik "Turkish Delight". Hier im eingefriedeten Garten steht sie vermutlich sicherer als 2007 auf dem Karlsplatz in Wien, meint Marcus Moeller. Dort wurde die äußerst naturalistische Bronzefigur eines nackten Mädchens mit Kopftuch so oft geschändet und vom Sockel gestoßen, bis man sie versetzen musste. Metzel und sein Münchner Galerist bekamen Drohbriefe und Hetzanrufe.
Meine Arbeiten würde ich gar nicht gesellschaftskritisch nennen, wiegelt Metzel ab. Ich setze mich einfach mit Gesellschaft auseinander oder versuche, mir von der Situation ein Bild zu machen, aus der Zeit heraus. Man kann das kritisch sehen, muss man aber nicht, sagt der 1952 geborene Künstler mit einer Leichtigkeit, die ihm in der WELT mit den Worten bescheinigt wird:
"Seine Arbeiten strahlen vor allem eine humorvoll leichte Beiläufigkeit aus."
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