Aus den Feuilletons

In die Hocke gezwungen

Der AfD-Politiker Björn Höcke
AfD-Politiker Björn Höcke: Für die Autorin Heike Melba-Fendel ein Mann, der "mit millimetergenau austarierten Provokationen immer aufs Neue vermag, die PR-Gesellschaft in die Hocke zu zwingen" © imago / Jacob Schröter
Von Klaus Pokatzky · 21.01.2017
Worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?, fragt der Berliner "Tagesspiegel". Über einen "irren Geschichts- und Sportlehrer", schreibt die Autorin Heike-Melba Fendel. Gemeint ist Björn Höcke von der AfD, der mit Äußerungen zur deutschen Nazi-Geschichte provozierte.
"Mit Trumps Amtsantritt geht ein Jahr des Affen zu Ende", klärte uns die Tageszeitung TAZ auf. "Ab nächsten Samstag gibt es eine neue Chance: Es ist Neujahr nach chinesischem Kalender."
Und dann kommt das Jahr des Feuerhahns. Der feurige neue US-Präsident kommt hier jetzt aber erst einmal nicht.
"Worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?", fragt der Berliner TAGESSPIEGEL jeden Sonntag. "Irre, dass ein irrer Geschichts- und Sportlehrer", antwortet die Autorin Heike-Melba Fendel, "mit millimetergenau austarierten Provokationen immer aufs Neue vermag, die PR-Gesellschaft in die Hocke zu zwingen."
Mit dem Irren ist der frühere Gymnasiallehrer und jetzige AfD-Politiker Björn Höcke gemeint, der sich in einer Rede in Dresden unmissverständlich zur deutschen Nazi-Vergangenheit geäußert hat.
"Die Rede kulminiert in der Forderung, die deutsche Erinnerungskultur müsse sich 'um 180 Grad' wenden, der NS-Geschichtsunterricht in den Schulen gehöre abgeschafft und vor allem müsse das Berliner Denkmal für die ermordeten Juden Europas weg",
fasste die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zusammen.
"Das Eingeständnis der Schuld, das Entsetzen und die Trauer führen nicht ins Abseits, sondern im Gegenteil, sie machen das Land plötzlich liebens- und begehrenswert",
hielt Kia Vahland dem Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag entgegen:
"Die Wiedervereinigung mitten in Europa wäre nie zustande gekommen, würden die Deutschen sich mehrheitlich als Kriegsverlierer fühlen, die nach Rache sinnen."
Das war eine sehr freundliche Klarstellung. Wir könnten noch etwas deutlicher werden. Die von Björn Höcke geforderte "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" bedeutet ja nichts anderes als eine Kehrtwende. Was wir an den Nazis verbrecherisch und verachtenswert gefunden haben, sollen wir nun offenbar loben und toll finden. "Wird die NPD noch gebraucht?", fragte die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG – nachdem das Bundesverfassungsgericht ja eine Verbotsklage zurückgewiesen hat.
"Kurz gesagt, weil man es sich leisten kann", fasste Joachim Güntner zusammen, warum die NPD bleiben und der AfD auch weiterhin Konkurrenz machen darf:
"Weil die deutsche Demokratie, trotz Anfälligkeit der Mitte der Gesellschaft für hetzerische Töne, gefestigt ist und ‚streitbar‘ bleiben soll. Weil, worauf sich das Gericht freilich nicht beruft, Prävention gegen Extremisten bereits an vielen Fronten betrieben wird: in der Schule, mit den Sperrklauseln des Wahlrechts, mit einem politischen Strafrecht gegen NS-Verherrlichung und Holocaustleugnung."
Hoffen wir nur, dass Björn Höcke nicht so schnell wieder als Geschichtslehrer arbeiten wird.
"Falschmeldungen zum NPD-Urteil haben für Verwirrung gesorgt", stand in der SÜDDEUTSCHEN:
"Noch vor dem Verlesen des Urteils verbreiteten mehrere Medien wie Spiegel Online, das Erste, Zeit Online oder Phoenix Eilmeldungen, die NPD sei verboten worden."
Die flotten Digital-Kollegen waren offenbar etwas überfordert mit den Sitten und Gebräuchen unserer obersten Richter. Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts,
"hatte, wie üblich, zunächst den Antrag auf das Verbot der NPD verlesen",
klärte uns die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG auf – und darin hieß es natürlich, die NPD "ist verfassungswidrig" und "wird verboten", wie die TAZ zitierte.
"Und das war nicht die erste Fake-News-Eilmeldung in dieser Woche: Am Sonntagabend vermeldeten mehrere Nachrichtenseiten mit Verweis auf die Bild, Donald Trump habe die Nato als 'obsolet' bezeichnet. Andere, auch die taz, interpretierten, Trump halte den Verteidigungspakt für 'überflüssig'. 'Obsolete' kann im Englischen aber auch 'veraltet' heißen."
Und damit sind wir nun doch bei dem Mann, den die Bild-Zeitung als erstes deutsches Blatt interviewen durfte.
"Sein Büro im 26. Stock ist sehr überschaubar und unglaublich überfüllt",
erzählte in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN Bild-Interviewer Kai Diekmann über den neuen US-Präsidenten:
"Überall liegen Bücher und Fotos, es stehen Pokale und Souvenirs herum, vor allem Sportmemorabilien wie Baseball-Helme."
Wenn Bücher herumliegen heißt das natürlich noch lange nicht, dass sie auch gelesen werden. Ein Kolumnist der New York Times aus der Republikanischen Partei hat vor einigen Wochen geschrieben, dass Donald Trump wohl weniger Bücher in seinem Leben gelesen, als manch einer seiner Vorgänger geschrieben hat.
"Als Kind liebte ich es, zu lesen. Zum Teil, weil ich so viel unterwegs war." Das sagte der US-Präsident im Interview.
"Als ich dann ein Teenager wurde, habe ich außer der Pflichtlektüre aus dem Unterricht nicht mehr viel gelesen. Ich habe Basketball gespielt, bin Mädchen hinterhergejagt."
Das klang nach Donald Trump, hat aber Barack Obama gesagt in einem Gespräch, das die New York Times mit ihm zu seiner Bücherliebe geführt hat – und das die SÜDDEUTSCHE nachdruckte. Und wonach hat er immer wieder gegriffen? "Shakespeare", erzählte Barack Obama:
"Auf dem College belegte ich diesen wunderbaren Shakespeare-Kurs, wo ich dann begann, die Tragödien zu lesen und mich wirklich in sie zu vertiefen. Das hat mein Verständnis davon, wie sich bestimmte Muster zwischen Menschen immer wiederholen, grundlegend geprägt."
Und Shakespeare hat ja auch schon über Donald Trump geschrieben – in seinen Königsdramen.
"Im Oktober erscheint ein neues 'Asterix‘-Album', meldete die SÜDDEUTSCHE: "Womöglich spielt Obelix diesmal die Hauptrolle, in vorab enthüllten Zeichnungen ist zu sehen, dass er nicht mehr nur Hinkelstein-Hauer sein will."
Obelix for President!
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