Aus den Feuilletons

Eine beunruhigende Entwicklung

Marine Le Pen, Chefin des Front National, bei einem Treffen ihrer Partei in Metz
Marine Le Pen, Chefin des Front National, bei einem Treffen ihrer Partei in Metz © dpa / picture alliance / Alexandre Marchi
Von Adelheid Wedel · 17.11.2014
Die "TAZ" berichtet über den französischen Dokumentarfilm "J'ai pas voté". Der Film thematisiert die Krise der Demokratie in Frankreich und provoziert die Schlussfolgerung, dass die repräsentative Demokratie undemokratisch sei.
"In Frankreich bahnt sich eine Krise der Demokratie an", schreibt Elise Graton in der Tageszeitung TAZ. Sie erinnert daran:
"Im letzten Mai gewann der rechtsextreme Front National die EU-Wahlen mit fast 25 Prozent der Stimmen."
Über diese beunruhigende Entwicklung drehten die französischen Journalisten Moise Courilleau und Morgan Zahnd den Dokumentarfilm "J'ai pas voté" (dt.: ich habe nicht gewählt).
"In dem 46-minütigen Werk wird eine provokante These an die nächste gereiht", berichtet die Autorin, beispielsweise heißt es dort:
"Die Wahl dient nur der Legitimierung von politischen Eliten und ihren Interessen. Zwischen den Wahlgängen besitzt das Volk keinerlei Macht."
Der Film provoziert die Schlussfolgerung: Unsere repräsentative Demokratie ist zutiefst undemokratisch. Zitiert wird schließlich der Philosoph Alain Badiou:
"Das Wahlrecht war mal eine Eroberung, sagt er, jetzt ist es Zeit für was Neues."
Musik für bessere Lebensperspektiven
Von einer erfolgreichen kulturellen Initiative in Israel berichtet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Die Hilfsorganisation Sulamot fördert benachteiligte Kinder und lässt sie musizieren.
"Einige der Kinder sind blind oder stark sehbehindert, für sie sind Saiteninstrumente wie Harfe, Oud oder Geige besonders geeignet, da sie viel Gefühl in den Fingern haben," erläutert Daniela Segenreich. Das Programm ist ausgerichtet auf "die Kinder mit den kleinsten Ressourcen und den größten Bedürfnissen." Die Idee, dass "Musik ein ideales Werkzeug ist, um bessere Lebensperspektiven zu vermitteln," ist nicht neu. Vor 40 Jahren wurde sie mit einer kleinen Gruppe von Kindern in einer alten Garage in Venezuela erprobt.
"Wichtig ist bei dem Lehrprogramm neben dem Erlernen eines Instruments das regelmäßige gemeinsame Musizieren in einem Orchester und das Auftreten vor Publikum," erläutert die Autorin.
"Sulamot arbeitet heute mit über tausend Kindern, und es gibt achtzehn Bands und sinfonische Orchester im ganzen Land. 60 kleine Musiker lernen in speziellen Programmen für blinde Kinder. In einigen Städten gibt es auch gemischte Orchester, in denen jüdische und arabische Kinder gemeinsam musizieren. In Bersheva besteht die Hälfte des Ensembles aus Beduinenkindern. In dem Projekt geht es um den Weg, den jedes Kind durchläuft: dass es lernt zuzuhören, zu verstehen und zu kommunizieren, dass es gesehen wird und seine Stimme findet."
Sulamot entstand auf Initiative der in Zürich lebenden Mäzenin Anette Bollag-Rothschild und wird derzeit mithilfe von privaten Geldern vor allem aus der Schweiz finanziert.
Wende-Museum in Kalifornien
Die BERLINER ZEITUNG berichtet von einer Kulturinitiative in Los Angeles. Der US-amerikanische Historiker Justinian Jampol war elf Jahre alt, als die Mauer in Berlin fiel. Heute ist er der Direktor eines Wende-Museums in L.A, das er gegründet hat.
"Das Museum beherbergt die wohl weltweit größte Sammlung von Alltagsgegenständen der DDR, es besitzt etwa 100.000 Artefakte aus Ostdeutschland und dem Ostblock. Nirgendwo sonst kann man so tief eintauchen in diese untergegangene Welt als ausgerechnet in Kalifornien," staunt die Autorin Susanne Lenz, die für die BERLINER ZEITUNG ein Interview mit dem Museumschef führte. 2002 gründete er das Museum, jetzt ist im Taschen Verlag ein Buch über die Sammlung erschienen.
"Ich interessiere mich für visuelle Kultur", sagt Jampol.
"Für den Historiker gibt es nichts Interessanteres, als Teil eines historischen Prozesses zu sein."
Das Wende-Museum befindet sich in einer ehemaligen Waffenkammer der Nationalgarde aus dem Jahr 1949. "Das ist wie ein ultimativer Abschluss des Kalten Krieges", meint Jampol.
"Es gibt hier zwei Bunker, in denen man den atomaren Erstschlag überleben wollte. Wenn man das sieht, begreift man, wie sehr wir auch Teil all dessen waren."
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