Aus den Feuilletons

"Der Romancier hat sich abgeschieden"

Der indisch-britische Schriftsteller Sir Salman Rushdie am 20.03.2013 in Berlin.
Der indisch-britische Schriftsteller Sir Salman Rushdie © picture alliance / dpa
Von Adelheid Wedel · 22.08.2014
Die "FAZ" veröffentlicht die Dankesrede von Salman Rushdie für die Verleihung des dänischen Hans-Christian-Andersen Preises – reich an Thesen und Merksätzen. Die "SZ" informiert über ein Film-Verbot in Indien.
In den letzten Sommertagen blickt das Feuilleton bereits mit Erwartung auf den herbstlichen Höhepunkt, die Frankfurter Buchmesse. So macht sich zum Beispiel Christopher Schmidt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Gedanken über die Auszeichnung, die jährlich in Frankfurt als "prestigeträchtigster deutschsprachiger Buchpreis"vergeben wird. Am 13. August wurde die Longlist bekannt gegeben, "und seitdem tobt über diese Auswahl ein Streit, der über das übliche Branchengezeter hinausgeht", meint Christopher Schmidt. Für ihn ist das Anlass, "sich zu fragen, wie sinnvoll das relativ junge Genre der Longlist-Kritik überhaupt ist".
Demnächst wird die Longlist kurz
Am 10. September wird dann die Longlist auf die sechs Namen der Shortlist verkürzt. Beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels wurden in diesem Jahr 176 Bücher für den begehrten Preis von den Verlagen eingereicht. Nun wurde der Vorwurf, undemokratisch zu sein, laut. "Das hängt", so Schmidt in der SZ, "insbesondere mit einem quantitativen Ungleichgewicht zusammen". Fünf Autorinnen stehen in diesem Jahr 15 Autoren gegenüber, "was von manchen als Ausweis von Frauenfeindlichkeit vermerkt wird. Der Ruf nach einer Quote wird laut", aber, kontert der Autor:
"Wer in der Buchpreis-Debatte für eine Quote optiert, schüttet das Kind mit dem Bade aus."
Die Querelen um den Buchpreis scheinen nicht zu seiner Popularität beizutragen. Das beweist der Verleger Joachim Unseld mit seinem Werbetext:
"Nicht nominiert für den Deutschen Buchpreis."
Dankesrede mit Merksätzen
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG veröffentlicht die Dankesrede von Salman Rushdie für die Verleihung des dänischen Hans-Christian-Andersen Preises. Darin geht er den Fragen nach:
"Was unterscheidet den Roman von mündlicher Erzählung? Und was die europäische von der indischen Literatur?"
Rushdie formuliert Thesen wie:
"Die Erzählung wird von allen überall erzählt und gehört niemandem. Der Erzähler nimmt, was er erzählt, aus der Erfahrung, aus der eigenen oder berichteten. Der Romancier hat sich abgeschieden."
Und dann der Merksatz:
"Die Geburtenkammer des Romans ist das Individuum in seiner Einsamkeit."
Rushdie findet es aufschlussreich,
"dass die Literatur der letzten fünfzig Jahre ein neues und wachsendes Interesse an der alten Erzählkunst zu erkennen gibt, sogar an ihren ältesten Formen: Mythos, Legende, Fabel und Märchen."
Von Hans Christian Andersen sagt er, er stehe in jener großen Erzähltradition, die von den ältesten Epen bis zu Kafka und Garcia Marquez reiche. Das zeige, wie wichtig er ist, auch für ihn, Salman Rushdie, "der in demselben Weinberg arbeitet".
Film-Verbot in Indien
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG informiert über ein Film-Verbot in Indien.
"1984 töteten radikale Sikhs Indira Gandhi. Nun wurde ein Film über die Männer verboten."
Regisseur Ravinder Ravi wird zitiert, "sein Film zeige weder Helden noch Bösewichter, er sei nicht politisch".Und er, Ravi, habe ihn auch nicht gedreht, um Ärger zu machen. Dennoch darf "'Diamanten der Gemeinschaft' in Indien nicht anlaufen, der Staat hat es untersagt".
Von einer weiteren Ungerechtigkeit berichtet die SZ. In einem Interview spricht die Journalistin Su Yutong "über ihre Entlassung bei der Deutschen Welle und den Einfluss von Chinas Regierung in Deutschland". Die 38-jährige Yutong arbeitete in Peking als Journalistin und für Nichtregierungsorganisationen. "2010 floh sie vor einer drohenden Verhaftung nach Deutschland" und arbeitete für die Deutsche Welle. Die aber "kündigte ihr diese Woche mit der Begründung, das Vertrauensverhältnis sei zerstört". Su Yutong wünscht sich eine Debatte über Chinas KP und die Mittel, mit denen sie sich wachsenden Einfluss im Ausland verschafft. Für ihre Rechte will sie eintreten:
"Ich bin hier in einem Rechtsstaat, ich darf frei sprechen. Das ist so anders als in China, und dafür bin ich dankbar. Ich werde jetzt vor Gericht gehen."