Aus den Feuilletons

Bilder träumen mit Google

Mehrere mit dem Programm "Google Deep Dream" bearbeitete Bilder in der Google-Bildersuche
Mit dem Programm "Google Deep Dream" bearbeitete Bilder in der Google-Bildersuche © www.google.de
Von Tobias Wenzel · 21.07.2015
Der Blogger Airen schreibt in der "Welt" beeindruckt über das Google-Projekt "Deep Dream". Der Algorithmus baue Bilder zu neuen, psychedelisch wirkenden Werken zusammen. Airen fragt, ob das nun der Beginn der künstlichen Kreativität sei.
"Es sind Landschaften, die sich zu Seifenblasen aufblähen und in bunte Tropfen auflösen, Bäume, aus denen Dämonen und Fabelwesen wachsen, wie einem mittelalterlichen Bestiarium entsprungen",
schreibt der Blogger und Autor Airen in der WELT. Und er meint jene Gemälde, die zurzeit im Internet zu sehen sind und die kein Mensch, sondern ein Algorithmus geschaffen hat. "Deep Dream" heißt dieses Google-Projekt. Der Algorithmus greife auf Millionen von gespeicherten Bildern zurück, erkenne Formen und baue sie zu neuen, psychedelisch wirkenden Bildern zusammen, die oft viele Augen enthielten.
Airen ist beeindruckt von dieser "Bilderträummaschine". Er fragt: "Ist das der Beginn der künstlichen Kreativität?" Aus dem Text des Autors kann man herauslesen: Ja. Wenn das stimmt, muss sich der Mensch nun wohl noch weniger einzigartig fühlen. Airen erwähnt, dass der Algorithmus zum Beispiel eine Wolke mit einem Walfisch assoziiert und dann beide in einem Bild vereint. Und dann schreibt er:
"Haben nicht auch wir als Kinder im Gras gelegen und den Himmel betrachtet und in der einen Wolke einen Walfisch entdeckt und in der anderen ein Auge? Waren nicht das die ersten Schritte unserer erwachenden Fantasie?"
Panahis "Taxi Teheran" verhandelt die großen iranischen Themen
Fantasie und Kreativität hat auch der iranische Regisseur Jafar Panahi beim Drehen von "Taxi Teheran" bewiesen, dem Film, der den Goldenen Bären bei der diesjährigen Berlinale erhielt und an diesem Donnerstag in die deutschen Kinos kommt. Für Cristina Nord von der TAZ ist der Film "eine List (…), ein fintenreiches Aufbegehren gegen rigide Umstände".
Denn Panahi hat diesen Film, wie schon die zwei davor, ungeachtet seines Berufsverbots heimlich im Iran gedreht. Dazu hat er drei kleine Kameras in einem Taxi montiert, das er selber durch Teheran fährt. Menschen steigen ein und aus, Geschichten entstehen. Geschichten von Filmfiguren. Oder sind es gar nicht nur geschulte Darsteller, die da nach grobem Drehbuch improvisieren?
"Genauso könnte es (…) sein“, schreibt Tobias Kniebe in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, "dass tatsächlich auch mal ein Ahnungsloser zugestiegen ist, der sich zwanglos ins Geschehen einfügt."
Einen Abspann, der die Frage vielleicht beantworten könnte, hat der Film nicht. Der Regisseur wollte somit alle Beteiligten schützen. Christiane Peitz ist jedenfalls angetan von "Taxi Teheran", dieser, wie sie im TAGESSPIEGEL schreibt, "Komödie über die Freiheit in Zeiten der Diktatur":
"Bei aller Schärfe in der Sache, einen derart gelassenen Ton schlagen politische Filme selten an. Die großen Themen seines Landes und des Kinos verhandelt Panahi en passant mit. Verblüffend, wie leicht das Schwere sein kann."
Bitterer Nachruf auf den serbischen Radiosender B92
Auch der serbische Radiosender B92 machte sich für die Freiheit in Zeiten der Diktatur stark:
"Er ist ein Symbol für den Kampf gegen Krieg und für Demokratie, für den Widerstand vieler Generationen gegen den Wahnsinn, das Morden, das Plündern und die Informationsfinsternis im Serbien der 1990er Jahre",
schreibt Andrej Ivanji in der TAZ über den Radiosender. Es ist eine Art Nachruf. Denn vor zwei Wochen habe der neue griechische Eigentümer das Informationsprogramm von B92 aufgelöst und die Journalisten und Musikredakteure entlassen. Nun laufe nur noch Musik, die mit der zuvor gespielten nichts mehr zu tun habe. Der eigentliche Sender, den Schüler wie Rentner hörten, sei nun tot. Der TAZ-Autor zitiert abschließend den serbischen Kolumnisten Teofil Pančić. Der habe darüber nachgedacht, zu welchem Zeitpunkt der Radiosender noch zu retten gewesen wäre:
"Wenn ein Yuppie-Klugscheißer in deine Redaktion kommt, um irgendetwas zu meinen und anzuordnen, und du die Gelegenheit versäumst, 'raus mit dir' zu brüllen und mit dem Aschenbecher nach ihm zu schmeißen – wenn du das nicht tust, kommt früher oder später ein 'Grieche'. (…) Entschuldigt mich jetzt, ich gehe die Frequenz 92,5 aus dem Speicher meines Tuners löschen."
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