Aus den Feuilletons

Bilder aus Afrika

Ein Blick in die Ausstellung "Making Africa - A Continent of Conteporary Design" im Vitra Design Museum in Weil am Rhein, im Vordergrund das Bild "C-Stunners" des kenianischen Künstlers Cyrus Kabiru.
Wie wär's mal mit so einer Brille? Blick in die Ausstellung "Making Africa - A Continent of Conteporary Design" im Vitra Design Museum in Weil am Rhein. Im Vordergrund das Bild "C-Stunners" des kenianischen Künstlers Cyrus Kabiru. © picture alliance / dpa / Georgios Kefalas
Von Hans von Trotha · 30.03.2015
Die Feuilletons nehmen den südlichen Kontinent in den Blick: Sie besprechen die Ausstellung "Making Africa - A Continent of Conteporary Design" in Weil am Rhein und berichten über ein Hotel in Wien, das von Flüchtlingen betrieben wird.
Manchmal wird's arg persönlich im Feuilleton. Matthias Matussek darf in der WELT zum Beispiel ausgesprochen ausführlich davon erzählen, wie es ist zu fasten und dabei bekennen: "Ich bin wohl anfällig für Hemmungslosigkeiten" – was einem auch als sporadischem Matussek-Leser seit geraumer Zeit bekannt ist.
In der FAZ steht über einem Beitrag:
"Wie ich einmal mit einem der berühmtesten Rockgitarristen aller Zeiten sprach, der sonst nie Interviews gibt. Angus Young von AC/DC zum Sechzigsten".
Ach, denkt man, das hätte man eigentlich nur Edo Reents zugetraut, der an derselben Stelle unlängst den Literatur-Nobelpreis für AC-DC-Texte gefordert hat. Und siehe da - er war's. Im gedruckten Feuilleton muss man nicht einmal scrollen, um das rauszufinden.
Dem Dichter Thomas Kling zum 10. Todestag
Die SÜDDEUTSCHE würdigt den vor zehn Jahren verstorbenen Dichter Thomas Kling. Hubert Winkels teilt mit:
"Seltsamerweise teilte ich mit Thomas Kling fast alle Lebensorte, viele meiner Verwandten liegen neben ihm auf dem Holzheimer Friedhof."
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn Winkels in Würdigung Klings "auf dessen präposthumes Interesse an sich selbst" verweist.
Afrika im Focus: Eine Ausstellung, eine Zeitschrift, ein Hotel
Da freut man sich doch, dass auch weit weg geblickt wird. Nach Afrika zum Beispiel. Und da werden ganz andere Geschichten erzählt.
"Afrika ist das Kinderland, das jenseits des Tages der selbstbewußten Geschichte in die schwarze Farbe der Nacht getaucht ist",
steht zum Beispiel in der TAZ. Das ist natürlich nicht die Meinung der Redaktion, sondern ein Zitat: Hegel, 1830. "185 Jahre später", schreibt Klaus Englert, "geht das Vitra Design Museum (...) vom Gegenteil aus". In Weil am Rhein wird eine Designausstellung unter dem Titel "Making Africa" gezeigt. Englert zitiert die Kuratorin Amelie Klein mit den Worten:
"Ich glaube, dass wir bei Afrika immer vier Geschichten im Kopf haben: Das eine ist der korrupte Diktator, das Zweite ist das hungrige Kind, das dritte der stumme Diener und das vierte ist der edle Wilde, und alles, was darüber hinausgeht, findet in unseren Köpfen erst einmal nicht statt."
Englert weist darauf hin, dass "der riesige Kontinent von 1,1 Milliarden Menschen und geschätzten 2.000 Ethnien bewohnt (wird), die in insgesamt 54 Staaten leben". Da versteht man den Publizisten Ntone Edjabe, wenn der sich gegen den Begriff "Panafrikanismus" wehrt:
"Panafrikanist", sagt er, "klingt heute nach Ideologiemuff und Esoterik. (...) Ich mache zwar eine panafrikanische Zeitschrift, denn als Adjektiv hat dieses Wort noch einen vernünftigen Klang. Aber mich selbst bezeichne ich lieber als Afrikaner. Das ist schon anspruchsvoll genug."
Tium Neshitov porträtiert in der SÜDDEUTSCHEN Edjabes Zeitschrift "Chimurenga", die, wie es heißt, "die Rätsel des Kontinents ergründet". Sie trägt als Mottoeine sehr schöne Zeile aus einem Fela-Kuti-Song: "Who no knowgo know." Neshitov erklärt es:
"Wer nicht weiß, gehe und finde heraus. Dieses Herausfinden war ursprünglich ein Aufruf zur Revolution. Die Menschen sollten herausfinden, wer genau sie wie unterdrückte."
Wenn unterdrückte Afrikaner heute nach Europa fliehen, werden sie zuerst einmal mit merkwürdigen Verwaltungsbezeichnungen versehen. In Österreich heißen sie "subsidiär Schutzberechtigte". Für die TAZ berichtet Simone Grössing aus dem Wiener Prater über das erste Hotel Europas, das gemeinsam mit "subsidär Schutzberechtigten" betrieben wird. Ein Haus voller Geschichten:
"Die Flüchtlinge", so Grössing, "haben viel zu erzählen. Die meisten von ihnen wurden gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. (...) Es sind nicht nur Geschichten von der gefährlichen Flucht, von Gewalt und Traumatisierung, die die Mitarbeiter des Hotels teilen, sondern vor allem auch die Erfahrungen des Wartens, des unfreiwilligen Nichtstuns, die sie im Ankunftsland gemacht haben."
Das Hotel könnte eine Reise wert oder besser noch: als Modell ein Vorbild sein. Denn vielleicht sollte man sich erst ein paar Geschichten anhören, bevor man sich seine Meinung bildet. Schöner ausgedrückt: "Who no knowgo know."
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