Aus den Feuilletons

Berufung Lederers sorgt für Spekulationen um die Volksbühne

Der Spitzenkandidat der Partei Die Linke, Klaus Lederer bei der Wahl des Abgeordnetenhauses in Berlin.
Klaus Lederer war der Spitzenkandidat der Linken bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin. Nun wird er der erste Kultursenator seit zehn Jahren. © dpa / Klaus-Dietmar Gabbert
Von Gregor Sander · 17.11.2016
Die Entscheidung für den Linken-Politiker Klaus Lederer als Berlins neuen Kultursenator sorgt für Spekulationen in den Feuilletons. Kündigt Lederer den Vertrag des neuen Volksbühne-Intendanten Chris Dercon? Die "Süddeutsche" zitiert Mutmaßungen anderer. Die "Welt" hält dagegen.
Es wird gemunkelt und gemutmaßt in den Feuilletons, denn: Berlin hat bald wieder einen Kultursenator. Den Linken Klaus Lederer. Regina Mönch vermutet in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, dass auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der das Amt bisher mitverwaltete, darüber ganz froh ist:
"Wer Müller kennt, ahnt zumindest, dass sein Rückzug mit Kalkül erfolgt, denn Kulturkampf droht, dem er sich geschickt entzieht."
Natürlich dreht es sich bei diesem Kulturkampf hauptsächlich um die Volksbühne und deren zukünftigen Intendanten Chris Dercon. Lederer hatte vor der Wahl einen Brief der Volksbühnenmitarbeiter unterschrieben:
"Dercon sei eine 'Fehlentscheidung', hieß es in dem Brief, Müller und Renner hätten vor, einem 'neoliberalen Kunstbetrieb mit globaler Jetset-Attitüde' an der Volksbühne 'Tür und Tor' zu öffnen",
zitiert Barbara Müller in der Tageszeitung DIE WELT. Aber was bedeutet das nun? Das weiß natürlich keiner genau, aber das Autorenteam Laudenbauch/Matzig zitiert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG die Mutmaßungen der Anderen:
"Der Tagesspiegel spekuliert deshalb schon, Lederer könnte den Vertrag mit dem von ihm ungeliebten Castorf-Nachfolger noch vor dessen erster Spielzeit aufkündigen. Auch Jürgen Flimm, der bestens vernetzte Intendant der Staatsoper, lässt wissen, in der Causa Dercon müsse 'das Paket vielleicht sogar aufgeschnürt werden'."
Chris Dercon während einer Pressekonferenz
Um die Personalie Chris Dercon an der Volksbühne gibt es immer noch Streit in Berlin.© picture alliance / dpa / Rainer Jensen
Dem wird in der WELT widersprochen:
"Die, die seit Mittwoch davon träumen, dass Lederer den Vertrag mit Dercon aufkündigen wird," weiß Barbara Müller, "wissen offenbar nicht, dass das einem politischen Selbstmord Lederers gleichkäme."
Das sei ganz schlicht zu teuer. Und Dercon selbst? Verkündet über den Berliner TAGESSPIEGEL, dass er Politik mag und für wichtig hält:
"Ich komme aus einer politischen Familie. Mein Vater war Bürgermeister in einer kleinen belgischen Gemeinde. Als Kinder haben wir erlebt, wie die Bauern vor unserer Tür aus Protest Mist abluden."

Neues Metallica-Album sorgt für Begeisterung

Ihre beste Zeit schon hinter sich, haben wohl die Rocker von Metallica. Trotzdem nennt Thorsten Gross sie in der SZ noch die größte Metal-Band aller Zeiten. Und ist auch von ihrem neuen Album angetan:
"Sie führen die losen Fäden der frühen Thrash-Metal-Tage mit jenen der Mainstream-Alben zusammen, versöhnen also ihr komplettes Werk miteinander. Tatsächlich ist 'Hardwired ...' das beste Metallica-Album seit über 20 Jahren."
Dem stimmt auch Frank Schäfer in der TAZ zu, wenn auch mit Einschränkungen:
"Produzent Greg Fidelman, eher Toningenieur als Pferdeflüsterer, der Typ an den Reglern, zumindest kein Gegenspieler auf Augenhöhe wie zuletzt Rick Rubin, war nicht willens oder nicht in der Lage, die Spreu vom Weizen zu trennen. Und so enthält dieses mit zwölf Songs und 77 Minuten Spieldauer lange, viel zu lange Doppelalbum auch eine knappe halbe Stunde Streichmasse."

ARD-Film "Zielfander" mit Spannung erwartet

Wer es etwas subtiler mag, dem sei am Samstag die gute alte Glotze empfohlen. Dort läuft in der ARD der "Zielfahnder" mit Roland Zehrfeld. Auch wenn Jan Freitag diesen Film im TAGESSPIEGEL als Meisterwerk bezeichnet, so wundert er sich doch über dessen Macher Dominik Graf:
"Schon seltsam: Deutschlands Nestor des gediegenen Films, der dem Publikum als Publizist sein Metier erklärt, dem Nachwuchs als Professor das Handwerk und allen anderen als Mitglied zweier Akademien die Kunst - ausgerechnet dieser Großintellektuelle hat einen putzigen Hang zum Profanen."
Auch David Steinitz von der SZ schmeckt diese mediale Hausmannskost. Er hat noch eine weitere entscheidende Zutat beim "Zielfahnder" ausgemacht. Den Drehbuchautor Rolf Basedow:
"Nach ausführlichen Gesprächen mit echten Zielfahndern bei BKA und LKA zog er gemeinsam mit einem Dolmetscher durch Rumänien, besuchte zum Beispiel eine traditionelle Hochzeit in Siebenbürgen, das Notizbuch immer in der Hand. Diese Recherchereisen verschaffen seinen Geschichten einen Detailreichtum und eine Lebendigkeit, die sich andere Autoren in ihren Schreibstuben gern zum Vorbild nehmen dürften."
Ein bisschen Realität schadet also nicht. Selbst im Fernsehen.
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