Aus den Feuilletons

Angriff auf den religiösen Fundamentalismus

Der britische Autor Salman Rushdie
Der britische Autor Salman Rushdie © picture alliance / dpa / Foto: Helmut Fohringer
Von Adelheid Wedel · 18.09.2015
Salman Rushdies neuer Roman stellt die Vernunft gegen die Religion – und ist ganz große Action, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Die "Welt" erkennt darin sogar einen "Blitzkrieg gegen den Fundamentalismus".
Der norwegische Schriftsteller Karl Ove Knausgard kündigt sich als literarische Sensation des beginnenden Herbstes an. Drei der uns vorliegenden großen Zeitungen berichten umfangreich über den fünften Band "Träumen" seines autobiografischen Projekts und nennen es – so Detlef Kuhlbrodt in der Tageszeitung TAZ"eine Tramptour durch das Schreiben und die Selbsterkenntnis." Im tiefsten Innern sei der Norweger vollkommen einsam, meint der Rezensent und zitiert damit einen Satz des Autors selbst. Mit seinem autobiografischen Werk, das auf sechs Bände angelegt ist, "zeichnet er ein stimmiges Gesellschafts-, Stadt- und Landschaftsbild von Norwegen, Skandinavien, von Westeuropa im ausgehenden 20. Jahrhundert", meint Kuhlbrodt.
Im TAGESSPIEGEL nennt Gerrit Bartels Knausgards Schreiben "spektakulär". Spektakulär wegen der Radikalität, mit der er sein Leben in einer schmucklosen, melodiös schlingernden, von Paul Berf zuverlässig ins Deutsche übertragenen Prosa detailliert beschreibt.
Die LITERARISCHE WELT lässt den Autor im Interview selbst zu Wort kommen. Richard Kämmerlings befragt ihn zu "Ruhm und Alltag und den Risiken radikaler Selbsterforschung"; so will er wissen, wie die letzten zwei Jahre den mittlerweile literarischen Superstar verändert hätten. Knausgard: "Ich bekomme jetzt Anfragen aus der ganzen Welt. Das ist natürlich toll, aber es ist eine Bedrohung für meine zentrale Tätigkeit, das Schreiben. Also versuche ich, das alles zu minimieren. Es ist paradox und zutiefst ironisch, ich habe 3000 Seiten über mein inneres Selbst geschrieben. Meine Bücher handeln vom Scheitern und von mangelndem Selbstvertrauen. Von einem Leben, das von außen gut aussieht und tatsächlich voller Probleme steckt. Der Erfolg bewirkt nicht, dass ich mich besser fühle."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG stellt Salman Rushdies neuen Roman "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte" vor. In diesem Roman "setzt Rushdie der Religion das Bündnis der Vernunft mit dem Wunderbaren entgegen. Das Buch umspannt 800 Jahre – und ist ganz große Action", so Lothar Müller.Hannes Stein hingegen erfindet in der WELT als Schlagzeile zum Buch: "Blitzkrieg gegen die Fundamentalisten". "Der Held des Buches", so wird es beschrieben, ist Mr. Geronimo, "der uneheliche Sohn eines christlichen Priesters aus Indien und wie der Autor ein Nachfahre des großen aufklärerischen islamischen Philosophen Ibn Rushd, der den Islam mit der Vernunft, den Koran mit Aristoteles versöhnen wollte."
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG schreibt der syrische Philosoph Sadik al-Azam: "Der Dichter Adonis ist einer der bekanntesten Intellektuellen Syriens. Nun soll er in Osnabrück mit dem Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis als Mann des Friedens ausgezeichnet werden. "Das hält der Autor für ein "dramatisches Missverständnis". Warum? Al-Azam bezeichnet die Verleihung des Preises an Adonis "als einen Affront gegenüber Syrien und dem Besten, was seine Kultur hervorgebracht hat, gegenüber der Aufstandsbewegung, der Tapferkeit und den Opfern der friedlichen Aktivisten, gegenüber den Massen von leidgeprüften Vertriebenen und Flüchtlingen. "Spott und Häme wurden über den 1930 geborenen Dichter in seiner Heimat ausgeschüttet, weil er sich "von Anfang an auf die Seite des Diktators Baschar al-Assad gestellt hat".
Ihn bezeichnete Adonis in der friedlichen Anfangsphase des Aufstands als "gewählten Präsidenten" Syriens und musste sich die sarkastische Frage gefallen lassen, "bei welchen freien Wahlen er seine Stimme den Assads gegeben habe." Al-Azam wirft Adonis vor, "Orientalismus der übelsten Sorte" zu verbreiten. Er verurteile den modernen Westen "und bezeichnet den Orient, weil ursprünglich und unverfälscht, als überlegen".Diese Gedanken zu untersuchen, habe die Jury des Osnabrücker Friedenspreises "offenbar leider versäumt".
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