Aus Armenien in die Welt

24.11.2011
Sie ist erst 22 und hat gerade ihre zweite CD aufgenommen. Nach Studien in Eriwan, Wien und Hannover gibt Nareh Arghamanyan am 24. November 2011 im Kammermusiksaal der Philharmonie ihr Berlin-Debüt. Auf dem Programm stehen Werke von Johann Sebastian Bach, Robert Schumann, Franz Liszt und Sergej Rachmaninow. Deutschlandradio Kultur überträgt das Konzert um 20.03 Uhr in seinem bundesweiten Programm.
1989 in Armenien geboren, hat Nareh Arghamanyan im Alter von fünf Jahren angefangen, Klavier zu spielen. Bereits drei Jahre später wurde sie am Tschaikowsky-Konservatorium in Eriwan aufgenommen und fortan von Alexander Gurgenov unterrichtet. 2004 zog Nareh Arghamanyan nach Wien und besuchte die Klavierklasse von Heinz Medjimorec.

Seit sie 2008 den Montréal International Music Competition gewann, stehen ihr alle Türen offen. Ihr Spiel wird als elegant, humorvoll und voller Fantasie beschrieben. Seit Oktober 2010 setzt sie ihre Studien bei Arie Vardi in Hannover fort.

Auf Einladung von Mitsuko Uchida nahm sie im Sommer 2011 zum wiederholten Male am Marlboro Festival teil. Erstmals trat sie auch beim Schleswig-Holstein Musik Festival und beim Festival in Davos auf.

Ihre 2009 bei Analekta erschienene Debüt-CD mit Liszts h-Moll-Sonate und der 2. Sonate von Sergej Rachmaninow wurde von der Kritik mit großer Begeisterung aufgenommen. Ihre zweite CD mit Solowerken von Rachmaninow soll im April 2012 beim Plattenlabel Pentatone erscheinen.

Höhepunkte der Saison 2011/12 sind ihre Debüts mit den Wiener Symphonikern, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt, dem NDR Sinfonieorchester Hamburg, dem Orchestre Philharmonique de Strasbourg und dem Wiener Kammerorchester. Recitals gibt sie in der Tonhalle Zürich und dem Musikverein Wien; weitere Auftritte finden unter anderem in Dortmund, Bremen, Basel und Innsbruck statt.

Im Debüt im Deutschlandradio Kultur spielt Nareh Arghamanyan folgende Werke:

Johann Sebastian Bach: Partita Nr. 3 a-Moll BWV 827 (1725)
Nach den Englischen Suiten verfasste Bach zwei weitere Klaviersuiten, die er ins zweite Klavierbüchlein für seine Frau Anna Magdalena (1725) einfügte. Er nannte sie jetzt nicht mehr Suiten, sondern Partiten, womit man zu Bachs Zeiten einfach zyklische Satzfolgen bezeichnete. Später fügte er noch vier weitere Partiten hinzu und veröffentlichte die sechs Stücke 1731 als 1. Teil seiner "Clavir-Übung". Sie markiert den Endpunkt von Bachs Suiten-Schaffen und in gewisser Weise auch die Überwindung dieser barocken Gattung. In die Erstausgabe der Partiten schrieb er: "Clavir-Übung bestehend aus Praeludien, Allemanden, Couranten, Sarabanden, Giguen, Menuetten und anderen Galanterien; Denen Liebhabern zur Gemüths Ergoetzung verfertiget von Johann Sebastian Bach."

Der Komponist Robert Schumann auf einer zeitgenössischen Zeichnung
Der Komponist Robert Schumann auf einer zeitgenössischen Zeichnung© AP Archiv
Robert Schumann: Humoreske B-Dur op. 20 (1838)
Robert Schumanns "Humoreske" zählt zu den letzten großen Klavierwerken des Komponisten vor dem Wendepunkt des Liederjahres 1840. Seit 1830, fast zehn Jahre lang, hatte er dem Klavier Meisterwerke geschenkt, die zum Inbegriff romantischer Klaviermusik geworden sind: die Davidsbündlertänze, die Kreisleriana, die Fantasie C-Dur, die Kinderszenen und eben die Humoreske. Mit ihr schwingt sich Schumann noch einmal zu alter Größe empor, bevor sein Interesse am Klavier erlischt. Schumann brauchte für die "Humoreske" nur eine Woche. An seine Frau Clara schrieb er: "Die ganze Woche saß ich am Clavier und componierte und schrieb und lachte und weinte durcheinander; dies findest Du nun Alles schön abgemahlt in meinem op. 20, der großen Humoreske, die auch schon gestochen wird (...)."

Undatiertes Bildnis des Komponisten Franz Liszt.
Undatiertes Bildnis des Komponisten Franz Liszt.© picture alliance / dpa
Franz Liszt: Ballade Nr. 2 h-Moll (1853)
Stellt man die Musik Robert Schumanns der Musik Franz Liszts gegenüber, so scheinen Welten zwischen ihnen zu liegen. Dabei sind die ästhetischen Konzepte der fast gleichaltrigen Komponisten gar nicht so unterschiedlich. Beiden geht es um eine innige Verbindung der Musik mit Literatur und bildender Kunst (vor allem bei Liszt), aus der eine Poetisierung der Musik erwachsen soll. Liszt geht in dieser Hinsicht noch über Schumann hinaus, wenn er im Rahmen seiner "Programmusik" den einer Komposition zugrunde liegenden poetischen Text mit abdrucken lässt. Aber selbst wenn er dies unterlässt, ist die narrative Kraft der Musik häufig so groß, dass der Hörer dahinter ein geheimes Programm vermutet. Liszts 2. Ballade aus dem Jahr 1853 ist so eine musikalische Erzählung ohne konkreten Inhalt. Es ist vor allem der sprachhafte Charakter der Themen, der den Balladenton entstehen lässt. Das düstere Anfangsthema mit seinen bedrohlich rollenden Bassfiguren zieht den Hörer gleich in seinen Bann.

Sergej Rachmaninow: Etudes-Tableaux op. 33 (1911)
Wie Liszt war auch Sergej Rachmaninow Komponist und Pianist in einer Person. In beiden Professionen war er tief in der Romantik verwurzelt. Die acht Etudes-Tableaux op. 33 entstanden auf dem Höhepunkt von Rachmaninows europäischer Karriere als Komponist und Pianist, und sie bilden gewissermaßen die Summe seiner Erfahrungen als Klavierkomponist. Der Titel – übersetzt: Bildetüden – ist Rachmaninows eigene Erfindung und weist auf die pittoreske Qualität der Stücke hin, die freilich nirgends konkretisiert wird. Nur einmal – in einem Brief an Ottorino Respighi – hat Rachmaninow sich näher dazu geäußert und verraten, dass er in der Es-Dur-Etüde (Nr. 6) eine Marktszene darstellen wollte. In Russland wird die cis-Moll-Etüde (Nr. 8) wegen der unablässig auf- und abwogenden Sechzehntelläufe "Schneesturm-Etüde" genannt.

(Robert Nemecek)

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