Aus alt mach neu in Hamburg

"Unser Abfall ist die neue europäische Kupfermine"

Eine Rolle mit Kupfer-Gießwalzdraht steht am 04.12.2013 in einer Halle des Kupferkonzerns Aurubis in Hamburg.
Eine Rolle mit Kupferdraht bei Aurubis in Hamburg © dpa / Bodo Marks
Von Axel Schröder · 20.10.2015
In Deutschland wird heute bereits ein Viertel des benötigten Kupfers aus Schrott gewonnen. Das Recycling lohnt sich, denn es verbraucht nur ein Fünftel der sonst bei der Kupfergewinnung erforderlichen Energie. Davon profitiert das Unternehmen Aurubis in Hamburg.
Auf dem weiten Werksgelände der Hamburger Kupferhütte türmt sich, unter freiem Himmel, ein Vermögen. Zwei Meter hoch sind die Schrottberge auf dem schmutzigen Pflaster: verbogene Rohre, alte Boiler, bunter Kabelsalat und verbeulte Autokühler. Vor einem dieser Schrottberge hält Andreas Specht, Projektmanager bei Aurubis mit dem Wagen:
"Das sind ziemlich genau 25 Tonnen mal 10.000 Euro, nein, mal 10.000 US-Dollar. Also 250.000 US-Dollar."
Um aus diesem Schrott aber tatsächlich die 250.000 Dollar herauszuholen, durchläuft er einen sehr aufwändigen Prozess. Andreas Specht erklärt das anhand des Elektroschrott-Recyclings bei der Aurubis. Im graugrünen Kittel und steht der Ingenieur neben einem Bagger, der sich mächtige weiße Säcke voller Elektrokabel und Computerplatinen greift und in große Metallkübel schüttet:
"So wird das Material angeliefert, in Big-Bags meistens. Wir füllen das dann um in diese Blechkübel. Da werden sie gekennzeichnet, welcher Charge, welcher Partie sie zugehören und dann mit dem Stapler da rein transportiert zur Zerkleinerungsanlage, und dort wird der Elektroschrott dann fein geschreddert, bis nur noch Teilchen mit wenigen Millimeter übrigbleiben."
Kupfer-Recycling: So ähnlich, wie die Spreu vom Weizen zu trennen
Dann muss das Kupfer vom Rest des Schrotts getrennt werden. Die Ingenieure haben sich dafür ein Verfahren ausgedacht, mit dem Bauern schon vor hunderten von Jahren die Spreu vom Weizen getrennt haben: mit dem so genannten "Windsichtungsverfahren":
"Das heißt, man lässt das Material herunter rieseln, pustet Luft durch und bläst die leichtere Isolierung weg, während das schwerere Kupfer einfach runterfällt. Und erhält dann ein sehr reines Kupfermaterial."

Mit einem Kupferanteil von immerhin 98 Prozent. Aber weil das noch lange nicht genügt, weil es am Ende einen Reinheitsgrad von 99,99 Prozent haben muss, muss das Schrottgranulat weiterbehandelt werden. Andreas Specht steigt wieder ins Auto, macht sich auf zur nächsten Station. Während der Fahrt schwärmt er vom Rohstoff Kupfer: der lässt sich - anders als Stahl - ohne Verluste wieder zurück in seine Reinform bringen. Allerdings wird, anders als bei Aluminium, erst ein Bruchteil des Alt-Kupfers recycelt.
Kupferschrott wird am 04.12.2013 auf einem Hof des Kupferkonzerns Aurubis in Hamburg vor dem Recycling umgeschichtet.
Kupferschrott wird umgeschichtet.© dpa / Bodo Marks
Andreas Specht parkt seinen Wagen vor dem Herzstück der Anlage, führt hinein in die riesige Halle, in der der Schmelzofen rund um die Uhr läuft. Das Innere des Ofens ist abgeschirmt mit dicken Stahlblechen. Durch schmale Spalten spritzen Funken aus dem 1.300 Grad heißen Ofen, der jedes Jahr immense Rohstoffmengen verarbeitet.
Aurubis produziert 500.000 Tonnen Kupfer pro Jahr
"Ja, hier gehen große Materialströme rein in die Hütte. Eine Million Tonnen Kupfer-Erz-Konzentrate. Dann müssen wir noch 150.000 Tonnen Sand dazu mischen. Dann die 80.000 Tonnen Recycling-Kupfer und 8.000 Tonnen Computerschrott und noch diverse andere Materialien."
Ein Mitarbeiter der Aurubis AG kontrolliert am 04.12.2013 in Hamburg das Anodengießrad in einer Halle des Hamburger Kupferkonzerns.
Mitarbeiter der Aurubis kontrolliert ein Anodengießrad.© dpa / Bodo Marks
Und am Ende, erklärt der Ingenieur, entstehen daraus jährlich 500.000 Tonnen reinstes Kupfer. Andreas Specht steigt eine Stahltreppe hinter dem Schmelzofen hoch. Männer mit dicken Schürzen, spiegelnden Schutzbrillen und Handschuhen arbeiten an der Steinrinne, durch die das Kupfer fließt. Grell gelb-orange, mit beißender Hitze:
"Ja, die Hauptstrahlungshitze kommt hier von dem Kupfer. Ungefähr 1.230 Grad heiß strahlt das hier ab."
Das Metall fließt in schwere Gussformen, durchwandert ein Wasserbad, kühlt ab. Eine Woche lang werden die Kupferplatten dann in einem Elektrolyse-Bad unter Strom gesetzt und so auf den richtigen Reinheitsgrad gebracht. Und dabei fällt auch ein sehr wertvolles Nebenprodukt an, erklärt Andreas Specht:
"Der Anodenschlamm, der auf den Boden sinkt, enthält dann schon zehn Prozent, also 100.000 Gramm pro Tonne an Silber. Und 10.000 Gramm pro Tonne Gold. Und dann stellen wir Silber her, etwa 1.300 Tonnen pro Jahr und Goldbarren, etwas über 30 Tonnen."
Übrig bleiben aber auch mit Schwermetallen belastete Schlacken. Das Recycling, prophezeit Specht, wird in Zukunft immer wichtiger werden. Denn das Rennen um die globalen Rohstoffvorräte beginnt gerade erst. Die Umstellung auf erneuerbare Energien steigert den Bedarf an Kupfer immens. Neue Stromkabel, neue Windräder, neue Hybrid- oder Elektroautos haben eines gemeinsam: ohne Kupfer geht gar nichts.
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